Die Unsichtbare
Lempi, das heißt LiebeLempi, Kaufmannstochter aus der Stadt, heiratet kurzentschlossen den jungen Bauern Viljami und geht mit ihm auf seinen Hof in Lappland. Bald muss Viljami in den Krieg ziehen und seine Frau bleibt allein ...
Lempi, Kaufmannstochter aus der Stadt, heiratet kurzentschlossen den jungen Bauern Viljami und geht mit ihm auf seinen Hof in Lappland. Bald muss Viljami in den Krieg ziehen und seine Frau bleibt allein mit der Magd auf dem Hof zurück. Als er heimkehrt, ist seine große Liebe Lempi verschwunden.
Die Figur der Lempi bleibt undeutlich, wie auf dem Cover. Wir lernen sie nur durch die Augen anderer kennen. Im ersten Dritten verzehrt sich Viljami auf dem Weg nach Hause nach ihr und kann nicht fassen, dass sie ihn verlassen haben soll. Der zweite Abschnitt wird aus der Sicht der Magd Elli erzählt, die letzte Sicht auf Lempi gewährt uns ihre Zwillingsschwester Sisko.
Der Debütroman der ebenfalls aus dem nördlichsten Teil Finnlands stammenden Autorin Rytisalo besticht durch die drei unterschiedlichen Sprachstile, die sie ihren drei Erzählerinnen gibt. Ich muss gestehen, dass mich der erste Abschnitt ziemlich ermüdet hat. Erst mit der Erzählung der Magd nimmt der Roman Schwung auf und auch Spannung. Es lohnt sich also dranzubleiben.
Neben der Sprache und der ungewöhnlichen Erzählweise barg das Buch auch inhaltlich Neues für mich. Hintergrund der Handlung ist der zweite Weltkrieg, der Winterkrieg zwischen Russland und Finnland 1939/40 und die Waffenbruderschaft der Finnen und Deutschen gegen die Russen im Anschluss. Nach einem Waffenstillstandsvertrag mit Russland im September 1944, mussten alle deutsche Soldaten innerhalb von 14 Tagen Finnland verlassen. Plötzlich wurden aus Waffenbrüdern Feinde und viele finnische Frauen, die sich mit den Deutschen eingelassen hatten, wurden noch jahrzehntelang diskriminiert. Ebenso erging es ihren Kindern. Dieses dunkle Kapitel wird im Roman an verschiedenen Stellen thematisiert.
Der Roman läßt viel Spielraum für eigene Interpretationen was die Figuren und ihr Handeln anbelangt. Es wird nicht alles erklärt, vieles nur angedeutet. Letztlich muss sich jeder selbst sein Bild von Lempi machen, den eigenen Blick scharf stellen, um in den Erzählungen der anderen Personen "seine" oder "ihre" Lempi zu entdecken.