Zwischen Trauma und Mutterliebe
In ihrer Erzählung “Die Haut hat kein Gedächtnis” konfrontiert uns die Autorin Susanne Konrad mit einem bewegenden Frauenschicksal, das immer wieder von der Zerrissenheit der Protagonistin Caro zwischen ...
In ihrer Erzählung “Die Haut hat kein Gedächtnis” konfrontiert uns die Autorin Susanne Konrad mit einem bewegenden Frauenschicksal, das immer wieder von der Zerrissenheit der Protagonistin Caro zwischen der schwierigen Liebe zu ihrem Kind und der Loyalität zu und emotionalen Abhängigkeit von einem Partner dominiert wird.
Caro, Psychologin in Ausbildung, scheitert in ihrer ersten Beziehung, denn sie begleitet einen Mann, den sie eigentlich verabscheut, in ein Lokal und dann zu ihm nach Hause. Dort entwickelt sich ein Verbrechen, Caro wird vergewaltigt und schwanger.
Ihre Eltern nehmen sie und das Kind auf, Caro kann ihre Ausbildung abschließen, ihr Trauma jedoch nicht bewältigen. Immer wieder versucht sie, ihrem Kind nahe zu kommen, doch Mutterliebe will sich nicht einstellen. Das mag auch damit zusammenhängen, dass Caro ihre Ausbildung durch die Hilfe der Eltern beenden kann und daher weniger Zeit für ihre Tochter hat. Dennoch ist sie überzeugt, alleine kaum mit dem Leben zurecht zu kommen. Auch im Beruf hat sie Schwierigkeiten.
Sarah, die Tochter, ist dann tatsächlich ein schwieriges Kind, das nicht nur Caro ablehnt, sondern auch ihren neuen Freund und schließlich Lebensgefährten Thies, von dem Caro, wie auch in vorherigen Beziehungen, emotional abhängig ist. Das Kind stört und Caros Schuldgefühle wachsen bis zu dem Tag, als Sarah verschwindet.
Doch nun findet ein Umdenken bei Caro statt…..
In ihrer Erzählung “Die Haut hat kein Gedächtnis” konfrontiert uns die Autorin Susanne Konrad mit einer Frau, die von Schuldgefühlen geplagt, ihrem Kind keine gute Mutter zu sein, durch ein schwieriges Leben geht. Im beruflichen Umfeld kann sie lange nicht richtig Fuß fassen, die Beziehung zu ihrem Kind ist von emotionalen Tiefen geprägt und Caro muss sich eingestehen, dass sie lieber mit ihrem Lebensgefährten alleine wäre. Sie bietet das Bild einer zutiefst verunsicherten Frau, die sich Stärke wünschen würde, um ihrem Kind liebevoller, aber auch konsequenter begegnen zu können.
Caros Lebensgefährten Thies, der keine eigenen Kinder haben kann, gelingt es auch nicht, eine emotionale Bindung zu Sarah herzustellen. Er ist ein introvertierter Charakter und dazu noch schwer krank. So bleibt Sarah ein unglückliches Kind, auch immer auf der Suche nach ihrem Vater. Erst die Schule und ihr musikalisches Talent bringen eine positive Wende. Wird es Sarah gelingen, zu ihren eigenen Kindern eine liebevolle und tiefe Beziehung aufzubauen?
Mit “Die Haut hat kein Gedächtnis” hat Susanne Konrad eine Erzählung über emotionale Abhängigkeit von Frauen anhand der Protagonistin Caro geschaffen. Ihre Selbstzweifel, bedingt durch das Trauma der Vergewaltigung machen eine tiefe Beziehung zu ihrem Kind unmöglich und begleiten sie auch durch ihr Berufsleben. Die Autorin, die mit dieser Erzählung ein bemerkenswertes Werk autofiktionalen Schreibens vorgelegt hat, gibt uns im Anhang noch eine sehr interessante und kluge Abhandlung darüber, was man unter autofiktionalem Schreiben versteht und welche Vorteile dies haben kann, vor allem wenn sich der Schreibende gerade in einer schwierigen Lebenssituation befindet. Indem er seine Rolle verfremdet und einem Avatar überlässt, kann es gelingen, Abstand zum eigenen Erleben herzustellen und dadurch die Geschehnisse von einer Metaebene zu betrachten.
Sowohl die Erzählung “Die Haut hat kein Gedächtnis” wie das Essay über autofiktionales Schreiben sind absolut lesenswert und lassen die Lesenden sicherlich nachdenklich zurück. Daher gebe ich gerne eine Leseempfehlung für dieses kluge Buch ab.