1935 Berlin. Die 17-jährige Luise Rosenbaum soll eines Tages die familieneigene Apotheke übernehmen und dafür Pharmazie studieren. Doch als Jüdin bleibt Luise aufgrund der herrschenden Politik der Nationalsozialisten der Zugang zur Universität verschlossen. Insgeheim liebt Luise neben ihrem Schulfreund, dem Italiener Emilio, die Malerei und träumt von einem Kunststudium, was gegen den Willen der Eltern wäre. Als die Nazis nicht nur immer schlimmer gegen die Juden vorgehen, sondern auch von ihnen als entartet bezeichnete Kunstwerke zerstören wollen, entscheidet sich Luise dafür, mit dem Feind zu kollaborieren, um so die Möglichkeit zu haben, sowohl jüdische Landsleute als auch Kunstwerke in Sicherheit zu bringen. Dann gerät sie selbst ins Visier der Nazis und flieht Hals über Kopf gemeinsam mit Emilio aus Deutschland in dessen Heimat Apulien…
Tara Haigh hat mit „Die Wiege der Hoffnung“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der den Leser in die dunkelste Zeit deutscher Geschichte zurückführt, wo er das Schicksal von Luise und ihrer Familie kennenlernen darf. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil nimmt den Leser mit auf eine Zeitreise in die Vergangenheit, wo er sich schnell an der Seite von Luise wiederfindet, deren Gedanken- und Gefühlswelt sich ihm im Verlauf der Handlung immer mehr offenbart. Deutschland befindet sich im eisigen Griff der Nationalsozialisten, die mit ihrem braunen Gedankengut wahren Schrecken verbreiten. Als Juden hat auch Luises Familie darunter immer mehr zu leiden, obwohl Luises Vater sehr lange die Augen davor verschließt und nicht wahrhaben will, was um ihn herum passiert. Luise selbst lässt sich durch ihre Kollaboration mit den Nazis auf ein gefährliches Spiel ein, dass ihr gefühlsmäßig alles abverlangt. Das Umfeld spukt ihr verachtend ins Gesicht, gleichzeitig versucht sie heimlich, die Grausamkeiten zu ertragen, um andere Verfolgte zu retten. Die Autorin spiegelt nicht nur die damalige Zeit sowie das Verhalten der Bevölkerung sehr gut wieder, auch ihre Beschreibungen der gefährlichen und unsicheren Flucht nach Apulien werden sehr fesselnd geschildert, so dass dem Leser ein stimmiges Bild der Strapazen und Gefahren vermittelt wird. Besonders gut gelungen sind vor allem die zwischenmenschlichen Beziehungen sowie Luises Zerrissenheit, unterstützt ausgerechnet sie doch die Nazis, um andere zu retten, wobei sie und ihre Familie die nächsten sein könnten, die von den Nazis deportiert werden. Der Spannungslevel ist durchweg straff gehalten, wodurch die Nerven des Lesers konstant angespannt sind ob der nervenaufreibenden Handlung.
Die Charaktere wurden liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt. Ihnen fehlt es nicht an glaubwürdigen menschlichen Ecken und Kanten, was es dem Leser leicht macht, sich an ihre Fersen zu heften und mitzufiebern. Luise muss aufgrund der für Juden schwierigen Lage schnell erwachsen werden. Sie ist mutig, strahlt Stärke aus und besitzt das Herz am rechten Fleck. Innerlich hadert sie mit sich selbst, ob ihr Handeln und Tun richtig ist, gleichzeitig hat sie mit der ihr entgegenschlagenden Verachtung zu kämpfen. Doch sie lässt sich nicht unterkriegen und ist sich der Gefahr, die sie eingegangen ist, jederzeit bewusst. Emilio unterstützt Luisa in allen Lebenslagen und zeigt ihr dadurch immer wieder, wie viel sie ihm bedeutet. Luisas Vater ist einer dieser Menschen, der die Wahrheit nicht sehen will, weil er es einfach nicht glauben mag. Luisas Bruder Hans dagegen wandelt sich vom Getriebenen zum Jäger, findet darin das Ventil für seinen Zorn.
„Die Wiege der Hoffnung“ ist ein Roman vor historischem Hintergrund, der mit einer spannenden Handlung und einem fesselnden Erzählstil den Leser gut zu unterhalten weiß. Interessante Lektüre mit verdienter Empfehlung!