Dystopie?
Nachdem ich Dystopien in letzter Zeit immer mehr kennen und lieben lerne, habe ich mich wahnsinnig darauf gefreut, eine weitere Dystopie aus dem Drachenmond Verlag zu lesen.
Die Protagonistin Nora lebt ...
Nachdem ich Dystopien in letzter Zeit immer mehr kennen und lieben lerne, habe ich mich wahnsinnig darauf gefreut, eine weitere Dystopie aus dem Drachenmond Verlag zu lesen.
Die Protagonistin Nora lebt in einem System, in dem die Menschen nach ihrer Leistung und dem Nutzen für dieses System eingeteilt werden. Es gibt die Privilegierten, Minderwertige und Wertlose "Outsider".
Die Privilegierten leben unter einem Netz, welches sie vor starken Strahlungen der Außenwelt schützen soll. Die Minderwertigen und Wertlosen leben außerhalb dieses Netzes, weshalb sie nach und nach von den Strahlen krank werden und damit kaum überlebensfähig sind. Es gibt einen Gebieter, der das Staatsoberhaupt darstellt. Er macht den Privilegierten stets bewusst, wie froh sie sein können, dazuzugehören und etwas zu der "Mission zur Rettung der Menschheit" beitragen können. Nun, das wars dann quasi auch schon. Die Idee war hier für mich etwas zu klischeehaft und auch eher mager in der Umsetzung - was auf 240 Seiten absolut verständlich ist. Hier habe ich mir wieder selber bestätigt, dass Dystopien in so "kurzen" Büchern einfach keinen Platz finden. Trotzdem war es nicht schlecht - es war für meinen Geschmack nur alles ein wenig zu oberflächlich.
Dazu kommt jedoch, dass Sternenscherben keine reine Dystopie ist, sondern Science-Ficton bzw. Fantasy-Anteile hat. Diese haben mir hier von der Grundidee her total gefallen und auch die Umsetzung fand ich schön. Mehr lässt sich dazu leider nicht sagen, ohne zu spoilern.
Nora fällt aus dem Schema des Systems etwas raus. Während die meisten Privilegierten blond sind, hat sie schwarze Haare. Außerdem erinnert sie sich zwischendurch an ihr Leben außerhalb des Systems, indem sie davon träumt - obwohl ihre Erinnerungen, wie die aller anderen, gelöscht sein sollten. Trotzdem steht sie hinter dem System und versucht, die Unterschiede zu verdrängen und es weiter nach oben zu schaffen. Ich mag Nora als Charakter ganz gerne, sie ist intelligent und sehr fleißig, damit sie ihre Ziele erreichen kann.
Auch Darian hat mir ganz gut gefallen. Seine Neckereien haben ihn für mich sympathisch gemacht und seine Skepsis gegenüber des Systems waren wirklich schön ausgedrückt. Ein kleines Beispiel: "Das System sagt, ein Einzelner ist nicht wichtig. Blöd nur, wenn du gerade der Einzelne bist, der Hunger hat. Denk mal darüber nach." (Pos. 693)
Die Dialoge zwischen Nora und Darian waren oft ganz lustig, da sie sich ihre Sympathie beide nicht eingestehen wollten und ziemlich stur sind. Dadurch fehlten mir aber teilweise die Emotionen und so ganz konnte ich nicht nachvollziehen, weshalb sie sich so zueinander hingezogen fühlten.
Über die anderen Charaktere erfährt man nicht sonderlich viel, sie erfüllen aber ihren Zweck in der ganzen Geschichte und bringen den Standpunkt, der ihnen zugeteilt ist, sehr gut rüber.
Teresa Kuba hat einen sehr angenehmen Schreibstil, der einen ohne Probleme durch das Buch führt und es sich in einem Rutsch durchlesen lässt. Das hat mir auch in ihrem Buch "Turion" schon sehr gefallen. Insgesamt ist so für mich eine schöne Geschichte entstanden, die ich sehr gerne gelesen habe - jedoch hat die ganze Story noch viel mehr Potential, dass hier nicht genutzt wurde.
Sternenscherben ist für mich weniger eine Dystopie, jedoch als Sci-Fi/Fantasyroman wirklich schön. An vielen Punkten fehlte mir der Tiefgang und man hätte es besser ausarbeiten können, jedoch hätte das ganze dann wesentlich mehr als 240 Seiten gebraucht. Trotzdem war es spannend und einfach angenehm zu lesen. Ich denke, wahrhaftige Dystopiefans wären von dem Buch ziemlich enttäuscht, wer aber auch mit einer eher simplen Geschichte zufrieden ist, wird mit Sternenscherben schöne Lesestunden haben. Auch wenn ich eine etwas tiefgründigere Dystopie erwartet hatte, hat mir das Buch so wie es ist sehr gut gefallen.