Cover-Bild Der Goldhügel
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Volk Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 01.2024
  • ISBN: 9783862224890
Tobias Roller

Der Goldhügel

Roman
Februar 1962: Erich Kästner ist an Tuberkulose erkrankt und soll sich im Sanatorium auf dem verschneiten Collina d’Oro, dem Goldhügel über dem Luganer See, erholen. Doch eine akute Schreibkrise, Selbstzweifel und zahlreiche weibliche Dämonen der Vergangenheit stehen der Genesung im Wege. Ohne den ins Zimmer geschmuggelten Whisky wäre das alles nicht zu ertragen – bis ein ebenso entzückendes wie cleveres Fräulein zu Kästners Tischgesellschaft stößt.

Während der alternde Schriftsteller den Weg aus der Misere sucht, wird der Goldhügel allmählich zu seinem ganz persönlichen Zauberberg.

Sprachgewaltig und mit feinem Humor taucht Tobias Roller in das Leben Erich Kästners ein und schafft die perfekte literarische Hommage - originell und doch ganz im Stil des großen Dichters.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.12.2024

Unbekanntere Seite Kästners wird beleuchtet

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Tobias Roller beschreibt in seinem Debüt „Der Goldhügel“, im Volk Verlag erschienen, ein berühmtes Sanatorium. Dieses thront auf dem Goldhügel über dem Luganer See im Tessin. Der vielseitige Autor Kästner ...

Tobias Roller beschreibt in seinem Debüt „Der Goldhügel“, im Volk Verlag erschienen, ein berühmtes Sanatorium. Dieses thront auf dem Goldhügel über dem Luganer See im Tessin. Der vielseitige Autor Kästner soll sich dort 1962 von seiner Tuberkulose-Erkrankung erholen und flieht gleichermaßen vor dem Liebes-Drama, das er zwischen seinen beiden Frauen Lotte (Lebensgefährtin) und Friedel (Geliebte und Mutter seines Sohnes) auslöst, indem er sich nicht für eine der beiden entscheiden will.

Er hat Angst davor, sich festzulegen und nur deshalb ist er gerne weg von Zuhause, in der Kur. Ein anderer Blick auf den großen Autor. Sprachlich ein brillantes Buch, inhaltlich fiel mir der Einstieg nicht ganz so leicht wie erhofft. Die Lektüre war doch schon mal etwas zäh. Es passiert alles gefühlt in Zeitlupe und es passiert ohnehin wenig. Der alternde Autor hat neben seiner Krankheit eine Schreibkrise sowie Selbstzweifel zu bewältigen, die er zuweilen in Selbstmitleid und Whisky ertränkt. Ein entzückendes junges Fräulein, das den Literatur-Star anhimmelt, und eine selbst ernannte Anstandsdame, die aufpasst, dass seine Flirts nicht ausufern, sitzen mit am Tisch im Speisesaal.

Er traut sich nicht, sein Leben in die Hand zu nehmen und einige eingebildete Figuren sollen ihm im Buch dabei helfen: eine bemutternde Krankenschwester, eine nie gekannte Vaterfigur und ein schwarzer Panther, der ab und an durch die Szenerie streicht. Sie geben ihm Ermunterung, Eingebungen und Ratschläge. Erich Kästner liebt tatsächlich Rollenspiele in seinen Texten, die Roller vielleicht aufgreift. In seinen Texten kommen mitunter Verkleidungen, Masken und Tarnkappen sowie Spiegelbilder oder Doppelgänger vor, aber auch vertauschte Identitäten (z. B. unvernünftige Erwachsene und vernünftige Kinder). Kästner ist im Buch Rollers eher das unvernünftige und trotzige Kind.

Jemand sieht ihn am Fenster heimlich rauchen. Der Arzt ermahnt ihn und fragt, wie viel ihm eigentlich sein Leben bedeutet. Lotte terrorisiert ihn mit Anrufen. Kästner kämpft sich raus in die Selbstbestimmung und wandert durch den Schnee zur Dorfkneipe. Den Wirt kennt er, denn der schmuggelt ihm die verbotenen Zigaretten ins Haus. War der Dichter so ein Mensch? Vielleicht. Es könnte so gewesen sein. Die Episoden wirken gut recherchiert und wohl komponiert. Roller zeichnet einen passiven und fast schon depressiven Autor, der seine Ruhe haben will. Ist das die Haltung der "inneren Emigration"? Ist das die logische Folge des Erlebten: Immer auf der Hut sein, was andere denken, nie zu viel preisgeben, immer einen beiläufigen Ton anschlagen?

Es ist für mich unfassbar, dass Kästner – Kästner hat in der Nachkriegszeit als Journalist von den Nürnberger Prozessen berichtet, aufklärerische Texte fürs Kabarett geschrieben und als Friedensaktivist auf der Straße gegen die Wiederaufrüstung oder gegen Atomwaffen demonstriert – seine Zeit so krank, deprimiert und untätig im Sanatorium verbracht haben soll.

Fazit: Nichtsdestotrotz liefert Roller eine gekonnte Charakteranalyse Kästners. Auch wenn alles Politische unerwähnt bleibt, zeigt Roller auf: die beiden Kriege, das Verbrennen seiner Bücher, das Berufsverbot, das unter Beobachtung stehen, die Verhaftungen der Gestapo haben Kästner wohl nicht unbeschädigt gelassen. Er verbirgt im Buch seine wahren Gefühle und vertraut nur seiner toten Mutter, mit der er weiterhin erdachte Zwiegespräche führt. Aber das ist nur die eine Seite des Mannes, der politisch, frivol und auch witzig geschrieben hat. Vielleicht war das tatsächlich eine späte Depression Kästners. Etwas mehr Tempo und Ereignis hätte ich mir als Leser im Buch allerdings gewünscht.

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Veröffentlicht am 18.12.2024

Für Fans

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Tobias Rollers Roman „Der Goldhügel“ handelt von der Gedanken- und Gefühlswelt von Erich Kästner, der sich als Anfang 60-jähriger im Tessin erholen soll. Der Roman beleuchtet dann vor allem Kästners schwieriges ...

Tobias Rollers Roman „Der Goldhügel“ handelt von der Gedanken- und Gefühlswelt von Erich Kästner, der sich als Anfang 60-jähriger im Tessin erholen soll. Der Roman beleuchtet dann vor allem Kästners schwieriges Verhältnis zu Frauen und bringt dabei viele Facetten ans Licht. Besonders eindrücklich fand ich die Träume, die seine komplexe Beziehung zu seiner Mutter thematisieren. Rollers Kästner erscheint als Mensch, der vor dem Leben genauso Angst hat wie vor dem Sterben – und diese Ängste prägen sein gesamtes Handeln. Dabei konnte ich nicht anders, als Mitleid für ihn zu empfinden.

Als großer Kästner-Fan habe ich mich gefreut, wie oft seine Bücher und Gedichte subtil in den Text eingewoben wurden. Auch die Quellenangaben und das einordnende Nachwort haben mir gut gefallen, denn sie unterstreichen den semi-biografischen Charakter des Romans. Trotz dieser gelungenen Einblicke fand ich den Roman stellenweise aber etwas langatmig. Im Verlauf wiederholen sich viele Motive: Kästners Weigerung, sich mit seinen Sorgen auseinanderzusetzen und sein Desinteresse am Innenleben anderer Menschen. Was den Stil des Romans betrifft, ist er eher an Thomas Mann als an Kästner angelehnt. Für mich ein kleiner Wermutstropfen, da ich persönlich Kästner oder auch Heinrich Mann wesentlich mehr mag als Thomas.

Alles in allem habe ich „Der Goldhügel“ mit Gewinn gelesen, weil ich über das spätere Leben Kästners kaum etwas wusste. Für Fans von Erich Kästner und interessierte Leser*innen, die sich von einer etwas anderen Erzählweise nicht abschrecken lassen, ist das Buch definitiv einen Blick wert.

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