Drachen gibt es. Anders kann ich mir die detailgetreue, authentische Darstellung nicht erklären.
Klappentext
Maia ist von klein auf vertraut mit Drachen, schließlich wächst sie als Tochter des Brutmeisters in einem wolkenverhangenen Drachenhorst auf. Sie fiebert dem Tag entgegen, an dem sie ihren ...
Klappentext
Maia ist von klein auf vertraut mit Drachen, schließlich wächst sie als Tochter des Brutmeisters in einem wolkenverhangenen Drachenhorst auf. Sie fiebert dem Tag entgegen, an dem sie ihren eigenen Drachen bekommen soll. Doch kurz bevor es so weit ist, beansprucht das Militär sämtliche Jungtiere, weil an den Grenzen des Reiches ein Krieg droht. Maia weiß sich zu helfen: Als sie in den Wäldern einen von Wilderern getöteten weiblichen Drachen findet, vermutet sie, dass dort draußen ein Junges auf seine Mutter wartet. Kurzerhand macht sie sich auf die gefahrvolle Suche danach – und stößt auf ein Geheimnis, das das Schicksal des ganzen Reiches verändern könnte.
Meine Meinung
Ich bin eigentlich mehr durch Zufall auf dieses Buch gestoßen. Weil mich der Titel, das eisigkalte Cover mit der Abbildung zweier Drachen und der Klappentext angesprochen haben, ist das Buch in mein Regal gewandert und verharrte dort etwa ein Jahr. Zu Unrecht, denn es ist schlichtweg fantastisch.
Auf dem Cover befindet sich (bei mir) ein Sticker mit dem folgenden Zitat von Terry Brooks über den Autor:
„Ein Meister, wenn es um die Darstellung von Drachen geht.“
Diese Worte bringen für mich perfekt auf den Punkt, was den Leser in „Der Sommerdrache“ erwartet. Todd Lockwood erzählt uns von Drachen, als hätte er sie jahrelang beobachtet und erforscht, mit unglaublich viel Liebe zum Detail und in reiner Authentizität. Ich habe mich in die kleine Kirr und ihren beschützerischen Vater Malik sowie den kleinen Aru alias Bak-Bak verliebt und hätte selbst gerne einen kleinen Drachen, der auf meinen Schoß hüpft und mich wegen Essen anmaupt. Ungeachtet all der Gefahren, die in Maias Welt lauern, wäre ich allein wegen dieser wunderbaren Drachen gerne ein Teil von ihr.
Lockwoods Beschreibungen der Drachen, der Ungeheuer, der Menschen und der Umgebung sind sehr bildhaft und stupsen ständig die Vorstellungskraft des Lesers an. Ich hatte immer ein klares Bild der einzelnen Szenen vor Augen – abgesehen von dem großen Showdown am Ende. Da wurde es mir fast ein bisschen zu viel und ich hatte Schwierigkeiten, die ganzen Informationen zu der Umgebung zu verarbeiten. Das war aber die Ausnahme, vor allem die vielen Momente in den Höhlen sind einfach nur fantastisch beschrieben und regen das Kopfkino an.
Die Geschichte verfolgen wir – abgesehen von den zwei Prologen (das Buch ist in zwei Teile unterteilt) – aus der Sicht von Maia, die die Tochter eines Zuchtmeisters und mit Drachen daher schon seit ihrer Kindheit vertraut ist. Ich könnte mir keine bessere Protagonistin vorstellen als sie, denn sie ist nicht nur sympathisch und authentisch, sie wusste mich auch regelmäßig zu beeindrucken. Mit Maia bekommt der Leser eine sture und mutige Heldin vorgesetzt, die vor keinem Abenteuer davonläuft und ihren Widersachern erhobenen Hauptes trotzt. Gleichzeitig ist sie aber auch kein perfekter, unverletzlicher Alleskönner, sie hat auch Schwächen und macht Fehler, besitzt aber die Größe, sich diese einzugestehen.
Die anderen Figuren sind sehr facettenreich gestaltet: Figuren, die man eben noch zum Teufel gewünscht hat, erweisen sich auf einmal als überraschende Highlights, und andere, die man ins Herz geschlossen hat, lassen das aufgebaute Vertrauen durch ihr unerwartetes Handeln bröckeln. Kein Charakter ist nur schwarz oder weiß, das macht den Reiz und die Authentizität der Geschichte aus.
Die Spannung des Buches besteht in seiner rätselhaften Unvorhersehbarkeit. Wie schon erwähnt, ist Maia nicht unverletzlich, es laufen Dinge schief und kein Weg geht reibungslos vonstatten. Aufgrund dessen wird eine spannungsgeladene Atmosphäre aufgebaut, die zum Mitfiebern anregt, denn im Grunde kann alles passieren und auch Figurenlieblinge sind nicht vor einem plötzlichen Tod gefeit. Von manchen muss man sich leider auch verabschieden. Zudem ist die Welt unglaublich komplex und vielschichtig gestaltet, dass sich das Ende, das in diesem ersten Band noch nicht ansatzweise in Sicht ist, nicht vorausahnen lässt. Dafür ist die Weltkenntnis des Lesers und von Protagonistin Maia noch viel zu verschwommen. Wir müssen mit ihr herumrätseln und ihre Welt erst noch entdecken.
Neben einigen intensiven und aufregenden Kampfszenen – vor allem der ersten, aufgrund derer ich mich ein bisschen in das Buch verliebt habe – gibt es auch viele ruhige Phasen, in denen der Leser näher mit den Drachen, den Figuren und der Welt vertraut gemacht wird. Auch wenn diese nicht so (positiv) nervenaufreibend sind wie die Szenen, in denen Maia mit Ungeheuern und anderen Feinden konfrontiert wird, habe ich auch diese sehr genossen. Sie bieten eine entspannende Abwechslung und haben mich vor allem Maia und ihren Drachen Kirr, aber auch noch andere Figuren stärker ins Herz schließen lassen.
Die beiden Prologe, die nicht aus Maias Sicht, sondern aus der von Graeden, dem Sohn eines anderen Zuchtmeisters, geschrieben sind, zeigen, dass Lockwood noch viel mehr zu erzählen hat: Wir erfahren nur wenig über Grae und begegnen ihm außer in den Prologen kein einziges Mal. Aufgrund dessen kann ich mit diesen Prologen bisher nicht viel anfangen, bin aber überaus gespannt, was diesbezüglich in den nächsten beiden Bänden noch auf uns zukommt. Möglicherweise gibt es dann ja sogar eine Liebesgeschichte? Aber selbst, wenn nicht: Diese Trilogie darf man sich einfach nicht entgehen lassen!
Fazit
Das beste Buch über Drachen, das ich je gelesen habe. Lockwood ist der ultimative Drachenexperte – womöglich züchtet er sie ja im Geheimen? Ich bin wirklich begeistert. Die handlungsreichen Szenen sind spannend und nervenaufreibend, die ruhigen sind interessant und überaus unterhaltsam. Der Autor hat hier eine ganz neue Welt geschaffen, die vor genialen Ideen nur so strotzt. Ich freue mich sehr auf die nächsten Bände und vergebe 4,5 Sterne!