Letztes Jahr habe ich Band 2 rund um die deutschstämmige Familie Lessing in Australien gelesen, die mir sehr gut gefiel, aber für mich doch einige Fragen zu viel offen ließ. Mit Band 3 schließt die Geschichte nun sehr rund ab und hat viele meiner Fragen beantwortet. Ein toller Abschluss der Trilogie, den ich nur empfehlen kann!
Die Autorin erzählt über einen Zeitraum von 20 Jahren die weiterführende Geschichte der Lessings und te Kloots. Diesmal stehen Carola, Elsa und Mina im Vordergrund der Familiensaga. Obwohl sich Carola in Deutschland gut eingelebt und regen Briefkontakt zu ihren Schwestern Elsa und Mina, sowie zu Großmutter Emilia hat, bedrückt sie großes Heimweh. Ihr Platz in der gehobenen Schicht lässt ihr zwar ein viel sorgenfreieres Leben als ihren australischen Verwandten, aber die Sehnsucht nach Down Under bringt sie nah an eine Depression. Mina, die nach langen Jahren des Wartens endlich ihren William Black heiraten darf, zieht zu ihm in die Pfarrgemeinde und Elsa kämpft um ihre Liebe zu Otto. Auch Billy, Elsas kleiner Bruder und der beste Freund Ottos, hat diesmal eine sehr wichtige Rolle.
Während in Deutschland die ersten politischen Unruhen beginnen und der erste Weltkrieg vor der Tür steht, erleben Mina und Elsa ihre eigenen Hochs und Tiefs in Australien. Als jedoch der Krieg ausbricht stehen sich Deutschland und Australien als Feinde gegenüber. Auch die deutschstämmigen Familien müssen sich entscheiden, ob sie kaisertreu sind oder dem Commonwealth angehören wollen. Obwohl Australien nicht unmittelbar am Krieg beteiligt ist, fordert dieser auch Opfer in der Familie Lessing.
Auch die Aborigines und dessen Geschichte sind wieder ein großes Thema. Besonders durch Mina's Handlungen, die sich mit William den Menschen im Reservat annimmt, erzählt uns die Autorin über die geplante Ausrottung der Ureinwohner Australiens. Ein trauriges Kapitel des Kontinents!
Gerne hätte ich etwas mehr über den ersten Weltkrieg gelesen, der für die Familie eigentlich eine große Rolle spielt, vorallem durch Carola, die in Deutschland direkt im Zentrum des Geschehens sitzt. Dieser wird jedoch eher am Rande gestreift, obwohl der Konflikt zwischen den verfeindeten Ländern da gewesen wäre.
Obwohl ich die Protagonisten bereits aus Band 2 kannte, musste ich doch hin und wieder nach vorne zum Familienstammbaum blättern. Die vielen ähnlichen Namen verwirren immer noch. Da es sich aber um reale Charaktere handelt, konnte die Autorin die Namen nicht ändern.
Andererseits war es wieder toll mit den Lessings und te Kloots mitzufiebern und den großartigen Familienzusammenhalt durch die Zeilen zu spüren. Während ich im zweiten Buch das Band zwischen den Geschwistern nicht richtig spüren konnte, sondern mehr das Gefühl hatte lauter Einzelgeschichten zu lesen, war es im Abschlussband ganz anders. Man spürt die tiefe Verbundenheit zwischen den Geschwistern, Tanten und zur Großmutter sehr gut.
Die Autorin hat diesmal auch das Thema Homosexualität aufgegriffen, die Vertreibung bzw. Ausrottung der Aborigines und das damalige Tabuthema Sex vor der Ehe.
Nachdem ich selbst mit Band 2 in diese Familiensaga eingestiegen bin, werde ich mir nun den ersten Band "Die Australierin" zulegen und nachlesen, wie Großmutter Emilia nach Australien gekommen ist....
Charaktere:
Die unterschiedlichen Charaktere und Lebenswege von Mina, Carola und Elsa sind sehr authentisch und vielschichtig beschrieben. Man fühlt ihre Ängste und Sorgen, die Trauer um einen geliebten Menschen oder den Zorn gegen politische Machenchaften.
Schreibstil:
Ulrike Renk hat wahre und fiktive Begebenheiten gekonnt verknüpft. Die Geschichte ist atmosphärisch und sehr dicht und trotzdem fliegt man nur so durch die 600 Seiten und fiebert mit den einzelnen Familienmitgliedern mit. Durch die vielen, aber keineswegs langweiligen, Alltagszenen wirkt die Familie authentisch.
Die Kapitel haben eine angenehme Länge und sind mit Ort und Datum gekenntzeichnet. So weiß man sofort, ob man sich in Deutschland oder Australien befindet und wie viel Zeit vergangen ist.
Auch die sehr bildhaften Beschreibungen des australischen Hinterlandes, der Kultur der einheimischen Aboriginies und deren Bräuche, sind gelungen.
Fazit:
Der Abschlussband der Familiensaga hat mich absolut überzeugt und die Familie Lessing - te Kloot hat nun einen fixen Platz in meinem Herzen. Eine wunderbare Geschichte, trotz vieler verwirrender Namen, wobei der vorangestellte Stammbaum eine große Hilfe bedeutet. Ich kann diese Trilogie wirklich empfehlen!