»Eine der herausragendsten Autorinnen Norwegens.« The New Yorker
Das Schlimmste passiert dort, wo wir uns sicher fühlen: in der eigenen Familie. Was nach dem plötzlichen Tod des Vaters zunächst wie ein Erbstreit zwischen Geschwistern aussieht, wird für die ältere Schwester Bergljot zu einem Kampf um die jahrzehntelang verdrängte Wahrheit. Es geht nicht um Geld und Besitz. Es geht darum, wem die Vergangenheit gehört. Mit unverwechselbarer Konsequenz erzählt Vigdis Hjorth von der Sehnsucht nach Anerkennung, von der Kraft der Befreiung und von der Frage, ob wir unserer eigenen Geschichte vertrauen dürfen.
Mit »Ein falsches Wort« gelang Vigdis Hjorth der internationale Durchbruch. Der Roman löste in Norwegen einen Skandal um die Wahrhaftigkeit von Literatur aus, gewann eine Vielzahl von Preisen und festigte Hjorths Status als eine der bedeutendsten Autorinnen unserer Zeit, die 2023 für den International Booker Prize nominiert war und deren Werk in 20 Sprachen übersetzt ist.
"Ein falsches Wort" wird berichtet von der Ich-Erzählerin Bergljot. Sie ist geschiedene Mutter dreier Kinder, Akademikerin um die 50 Jahre. Ihre Geschichte beginnt dramatisch, mit dem Tod ...
Von bavaria123
"Ein falsches Wort" wird berichtet von der Ich-Erzählerin Bergljot. Sie ist geschiedene Mutter dreier Kinder, Akademikerin um die 50 Jahre. Ihre Geschichte beginnt dramatisch, mit dem Tod ihres hochbetagten Vaters, einem Streit ums Erbe und dem Selbstmordversuch ihrer Mutter.
Nach und nach lernt man ihre Familie kennen, so die Schwestern Astrid, Asa und den Bruder Bard. Und in diversen Zeitsprüngen erfährt man einiges aus dieser Gemeinschaft.
Es geht um Schmerz und Zweifel, Ratlosigkeit, Scheitern, Missbrauch nicht nur von Drogen wie Alkohol und Moral. Es führt weit in die Vergangenheit zurück, in die Zeit als Bergljot ein kleines Mädchen von etwa 5 Jahren war.
Vigdis Hjorth schreibt in einem eher nüchternen Stil, wobei sie auch auf diverse Zeichen verzichtet. Letzteres macht das Lesen für mich nicht gerade einfacher. Dazu kommen besagte Zeitsprünge und Wiederholungen.
Trotzdem ist das Buch lesenswert. Und das liegt eindeutig an der Thematik und den daraus folgenden Gedankengängen. So wie es die Autorin auch selbst beschreibt: "Was sie interessiert, sind nicht die Fakten, sondern die Effekte, die diese Fakten auf eine Familie haben, die es sich in einer Lebenslüge bequem gemacht hat."
Das Buch ist schon einmal 2017 auf dem deutschen Büchermarkt erschienen, da wurde es jedoch kaum nachgefragt. Das ändert sich mit der vorliegenden Übersetzung von Gabriele Haefs.
In Hjorths Heimat hat das Buch und sein Vorgänger eine größere Welle ausgelöst, fühlte sich doch ihre Schwester Helga dazu aufgerufen, eine Art Gegenroman zu verfassen.
Ich empfehle das Buch mit vier Sternen, möchte aber darauf hinweisen, dass man mit einigen Dingen konfrontiert wird, die wenig alltäglich sind. Vielleicht wäre eine Warnung angebracht.
Es lässt den Leser / die Leserin auf jeden Fall eine ganze Zeit nicht mehr los.
Zum Inhalt:
Was zunächst als Erbstreit zwischen Geschwister beginnt, wird plötzlich zu einer Beschäftigung und Kampf mit einer lang verdrängten Wahrheit, die es aufzudecken gilt. Aber auch der Frage, ob ...
Zum Inhalt:
Was zunächst als Erbstreit zwischen Geschwister beginnt, wird plötzlich zu einer Beschäftigung und Kampf mit einer lang verdrängten Wahrheit, die es aufzudecken gilt. Aber auch der Frage, ob wir unserer eigenen Geschichte vertrauen dürfen. Und sollte nicht gerade die Familie der Ort sein, wo wir uns am sichersten fühlen?
Meine Meinung:
Wenn man sich das Cover so betrachtet, könnte man von einem leichten, eher heiteren Roman ausgehen, aber schon der Klappentext lässt erahnen, dass dem nicht so ist. Was für eine schwere Kost einen aber erwartet übertrifft die Beschreibung bei weitem. Ein wenig schwer getan habe ich mich mit den Zeitwechseln, aber das wurde im Laufe des Buches besser. Mitunter fiel es mir schwer weiter zu lesen, denn die Verletzungen wiegen schwer und wurden sehr eindringlich beschrieben. Die Herangehensweise der Autorin in einer besonderen Schreibweise hat mir gefallen.
Fazit:
Heftig
“Ein falsches Wort” von Vigdis Hjorth handelt von Inzest und dem Verlust der Familie.
Bergljot ist das älteste Mädchen von vier Geschwistern und wurde vom ihrem Vater bis zu ihrem 7. Lebensjahr mit besonderer ...
“Ein falsches Wort” von Vigdis Hjorth handelt von Inzest und dem Verlust der Familie.
Bergljot ist das älteste Mädchen von vier Geschwistern und wurde vom ihrem Vater bis zu ihrem 7. Lebensjahr mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht. Ihr älterer Bruder Bard hingegen wurde gemaßregelt und geschlagen.
Die beiden jüngeren Schwestern Astrid und Asa, welche vermeintlich in einer normalen Familie aufwuchsen und eine Mutter, die ihren Mann aus unterschiedlichen Gründen nicht verlassen kann oder will und die Augen verschließt.
Wäre nicht vor 23 Jahren diese schlimme Anschuldigung von Bergljot gegenüber ihrem Vater gewesen, könnte das Familienleben idyllisch sein. Kann man der Geschichte von Bergljot vertrauen? Warum hat Vater nie etwas dazu gesagt?
Vor dem Tode des Vaters wurde bereits zwischen den Geschwistern über die Aufteilung des Erbes diskutiert. Vor allem ging es über zwei Ferienhütten auf der Insel Hvaler.
Aber es geht um viel mehr als das Familienerbe. Es geht um eine verdrängte Wahrheit und Bergljot vor allem darum, in der Familie gehört und verstanden zu werden. Ihre Mutter schiebt diese Anschuldigungen weit von sich; sonst hätte sie bereits damals, als die Kinder noch klein waren, eine Entscheidung treffen müssen.
Mit vier Kindern allleine ohne Arbeit ein Leben gestalten oder die Anzeichen bzw. Aussagen einer 5-6 jährigen ignorieren?
Bergljot ist froh, dass der Vater tot ist; die Angst vor ihm, selbst als erwachsene Frau, war immer vorhanden. Seine Vorwürfe und Verunsicherung sind tief in ihr, trotz Therapie, verwurzelt. Seine Worte: “Wenn du eine Psychopathin sehen willst, schau in den Spiegel “ haben Narben hinterlassen. Auch war sie wütend auf ihre Mutter, die all die Jahre nichts getan hatte.
Eine Mutter, die nicht die Verzweiflung ihres Kindes hören und sehen wollte.
Eine Mutter, die ihr Kind nicht beschützt hatte.
Kein Erbe war es ihr wert, über ihren Schatten zu springen und ihre Geschichte zu vergessen. Allein wegen ihren Kindern, hat sie sich auf die Erbschaft eingelassen und steht ganz klar hinter den Forderungen ihres älteren Bruders. Die beiden jüngeren Töchter werden von den Eltern bevorzugt und Brad versucht die Ungerechtigkeit der Mutter und auch Astrid und Asa zu vermitteln. Er möchte keinen Anwalt einschalten, er plädiert auf deren Vernunft und Einsicht.
Astrid fordert als Vermittlerin immer wieder die Familie zur Versöhnung auf.
Jedoch verlangt ein Versöhnungsprozess von beiden Parteien d.h. Täter und Opfer gleich viel. Bergljot jedoch weiß nicht, ob dieser Prozess gelingen kann, wenn man sich innerhalb der Familie nicht einig ist, wer Opfer und wer Täter war.
Astrid wünscht sich eine friedliche Familie, eine Versöhnung, vor allem auch für Mutter. Diese ist nun alt und möchte gerne Kontakt zu ihren Enkel und Urenkel. Doch sie sagt auch nach Jahren nichts Neues, kein konkreter Vorschlag zur Veränderung- ein Perpetuum mobile erklärt Bergljots Lebensgefährte.
Kann Bergljot verzeihen und die Wahrheit vergessen? Für ihre Mutter und Schwestern?
Oder wird dies durch die Anerkennung und Akzeptanz unmöglich?
Die Protagonisten werden sehr gut beschrieben, die Emotionen und Gedanken dem Leser immer wieder intensiv dargelegt. Die Thematik ist schwer und man wird durch den Schreibstil direkt in diese beklemmende Situation gezogen und voller Unglauben muss man teilnehmen, dass die Familie die Wahrheit nicht sehen /hören möchte. Tiefes Mitgefühl empfindet man als Leser:in mit der Protagonistin und ihrem Bruder. Der Roman fühlte sich durch die Wiederholungen teilweise langatmig an. Jedoch faszinierte mich als Leser der Umgang mit der Thematik, die Freud’schen Anmerkungen und die Emotionen von Opfer und Täter.
Wobei sich hier die Frage stellt, wer alles Opfer sein möchte bzw. ist.
Wer sich mit dem Thema Inzest und die Befreiung von schlimmen Familienkonstellationen auseinandersetzt und beschäftigt ist hier mit einem besonders offenen, kompromisslosen und doch schmerz-und wuterfüllten Buch sehr gut beraten.
Ein außergewöhnliches Leseerlebnis, welches in Gedanken nachhallt und voller Mitgefühl das Unfassbare bestaunt. Die Anerkennung einer Wahrheit innerhalb der eigenen Familie ist unglaublich wichtig - kein Geld oder Besitz können diesen Seelenfrieden herstellen.
Oft, wenn der Tod vor der Tür steht oder bereits eingetreten ist, bricht innerhalb vieler Familien nicht nur die Trauer, sondern auch der Streit um das Erbe aus. Wenn dieser Streit bereits zu Lebzeiten ...
Oft, wenn der Tod vor der Tür steht oder bereits eingetreten ist, bricht innerhalb vieler Familien nicht nur die Trauer, sondern auch der Streit um das Erbe aus. Wenn dieser Streit bereits zu Lebzeiten seine Bahnen zieht und die Kluft zwischen den Geschwistern immer größer wird, ist dies schon schlimm genug. Doch wenn dann noch die Dämonen der Vergangenheit und Kindheit ihren Weg in die Gegenwart finden, wird ein Erbstreit, zu einer Lebensbeichte und Abrechnung. Und genauso geht es der Protagonistin Bergljot dieses Romans "Ein falsches Wort". Diese wird in den Erbstreit ihrer Geschwister um zwei Ferienhäuser verwickelt und muss sich plötzlich erneut mit ihrer Familie beschäftigen, die sie so viele Jahre versucht hat, aus ihrem Leben fernzuhalten. Was dann an Erinnerungen und Emotionen zurückkehrt stürzt Bergljot in die tiefen Angstzustände, Unverständnis und Trauer.
Vigdis Hjorth ist mit diesem Roman ein wirklich sehr gutes literarisches Buch gelungen. Dass einen psychologischen Kammerspiel in einer Familie gleichkommt und von der ersten Seite an, mit psychologischer Raffinesse und düsterer und bedrückender Atmosphäre zu überzeugen weiß. Genau diese sehr realistisch dargestellte Atmosphäre, war mir jedoch manchmal fast ein wenig zu viel und ich konnte mich nicht davon freimachen, genau diese Emotionen mit in den Alltag zu nehmen. Dies spricht grundsätzlich für das Buch, sollte man aber als kleine Triggerwarnung wissen.
Alles in allem ein sehr gut geschriebenes und psychologisch brillant geschriebenes Buch. Dennoch ist bei mir der letzte Funke zu den 5 Sternen nicht übergesprungen.