Die Titanic geht unter
Belfast, Anfang des 20. Jahrhunderts. Ex-Polizist Quinn Devlin und nun Privatdetektiv, wird von Unternehmer Stanley Jacobs damit beauftragt herauszufinden wer oder was hinter den vielen Diebstählen die ...
Belfast, Anfang des 20. Jahrhunderts. Ex-Polizist Quinn Devlin und nun Privatdetektiv, wird von Unternehmer Stanley Jacobs damit beauftragt herauszufinden wer oder was hinter den vielen Diebstählen die in seiner Firma stattfinden steckt. Doch Devlin kommt ganz anderen Dingen auf die Spur als Jacobs ihn bei einer Verabredung versetzt: von einem Botenjungen in eine dunkle Fabrikhalle gelockt trifft er auf ein seltsames mechanisches Wesen und wird beinahe getötet.
Als er Stanley zur Rede stellen will stellt sich heraus, dass dieser bereits seit Tagen verschwunden ist und Devlin wird nun von dessen Nichte Alison beauftragt, Stanley wiederzufinden. Doch das erweist sich als gar nicht so einfach, bekommt Stanley doch von verschiedenen Seiten Steine in den Weg gelegt. Da sind zum einen die mysteriösen Schatten, die ihn zu verfolgen scheinen, zum anderen sein ehemaliger Vorgesetzter Adler, mit dem Devlin noch eine Rechnung offen zu haben scheint.
Alle Fäden scheinen auf der Werft, auf der zu dieser Zeit die Titanic gebaut wird, zusammen zu laufen. Im Keller der Werft kommen Devlin, Alison und Ingenieur Nikola dem Geheimnis näher und geraten selbst in schlimme Gefahr. Bald sehen sie sich in einem Netz aus Verrat gefangen – und dies ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn die mechanischen Wesen sind schon weiter entwickelt als es scheint. Im Kohlenkeller der Titanic kommt es schließlich zum Showdown.
Die eigentliche Handlung ist schnell erzählt: Abgehalfterter Privatdetektiv trifft Mädchen, verliebt sich. Doch dieser Liebe stehen mechanische Wesen im Weg, die die Herrschaft der Welt übernehmen wollen.
Wie es Wolfgang Holbein schafft, daraus ein Buch mit über 600 Seiten zu machen wird auch schnell klar: ausschweifende Erzählungen, ausführliche Erklärungen, wortreiche Beschreibungen. Zum Beispiel braucht er zwei Seiten um zu schildern wie sich der Detektiv in der Straßenbahn entschuldigt oder wie Devlin ein rotierendes Ei bestaunt.
Mir ist noch kein Autor begegnet, der so weit ausholt um eine Szene zu skizzieren, aber das macht sein Buch sehr anschaulich. Bereits die ersten beiden Seiten sind ein olfaktorisches Meisterwerk und der Leser sieht die Dinge nicht nur plastisch vor sich, vermeint gar den Kanal auch zu riechen. Mir war das stellenweise dann aber doch etwas viel.
»Sie gehören zu den Menschen, die eine ganze Menge sagen können, ohne dass ein einziges Wort über ihre Lippen kommt«
Mit diesem Zitat aus dem Buch beweist der Autor, dass er um sein Faible weiß und nimmt sich dadurch selbst auf die Schippe. Doch das bedeutet nichts Schlechtes. Wie Holbein mit den Wörtern umgeht sucht schon seinesgleichen. Er philosophiert, würzt seine Erzählung mit Sarkasmus und Humor, schreckt auch nicht vor einem Ende zurück, das man mit Happy End nicht wirklich beschreiben kann - und unterhält den Leser dadurch hervorragend.
Lediglich die Protagonisten bleiben etwas bleich. Beschreibt der Autor die Umgebung in einer Weise, dass man nahezu keine Vorstellungskraft mehr benötigt um sie vor dem inneren Auge zu sehen, werden seine Menschen der Fantasie des Lesers überlassen. Ist Alison blond oder brünett? Trägt Devlin einen Bart oder eine Brille? Egal, Leser mach das draus, was du möchtest, Hauptsache, dir ist bewusst, dass die Handlung wichtig ist und nicht das Aussehen der Handelnden.
Von Nikola ist nur der Vorname bekannt, doch es drängt sich der – wohl nicht unbegründete Verdacht auf- dass damit der berühmte Erfinder Nikola Tesla gemeint ist. Auch Doktor Watson ist wohl nicht nur Arzt, sondern hat auch einen anderen Hintergrund, wie die Aussage „Wissen Sie nicht, wer Watson wirklich ist?“ im Buch zwingend nahelegt.
Das Buch ist in der Ich-Perspektive geschrieben, was den Leser immer nahebei sein lässt. Die Sprache ist der damaligen Zeit angepasst, was ich sehr passend, aber auch manchmal etwas anstrengend beim Lesen fand. Devlin wird immer wieder vertröstet. Keiner hat Antworten auf seine Fragen. Mich hat das teilweise etwas genervt, weil ja so der Leser auch immer weiter vertröstet wird. Dass Devlin da nie wütend geworden ist zeigt von einem guten Charakter und lässt doch etwas mehr Sympathie für ihn aufkommen. Etwas unglaubwürdig fand ich den Schluss. Devlin kennt Alison gerade mal ein paar Stunden und ist doch unsterblich verliebt. Nun ja, das mag jeder sehen, wie er mag.
Sehr gut gefallen hat mir auch, dass man als Leser den damaligen Protagonisten ja als Mensch des 21. Jahrhunderts einiges an Wissen voraus hat. So schmunzelt man über die Aussage von Devlin, dass sich das Automobil wohl nie durchsetzen wird oder über die Spekulationen ob es wirklich einmal möglich ist, zum Mond zu fliegen. Auch die Thematik Umweltschutz kommt im Buch vor, wobei ich hier denke, dass der Autor da den Spieß umgedreht hat und die Probleme der heutigen Zeit ins damalige Leben versetzt hat.
Fazit: Die Titanic ist untergegangen, dieses Buch wird es wohl nicht tun. Holbein wagt sich mit Irondead an den Bereich Steampunk- und es funktioniert!