Inhalt
Dieses preisgekrönte Debüt erforscht, was es heißt, am Leben zu sein. Dass Dinge einfach passieren, kann Suzy nicht akzeptieren. Sie macht sich über vieles Gedanken: den Schlafrhythmus von Schnecken, die jährliche Zahl der Quallenstiche oder wie alt man ist, wenn das Herz 412 Millionen Mal geschlagen hat – gerade mal 12 Jahre. In dem Alter ist Suzys Freundin Franny im Sommer ertrunken, obwohl sie eine gute Schwimmerin war. Suzy muss herausfinden, wie das geschehen konnte. Es ist ein weiter, erkenntnisreicher Weg in einer Welt voller Wunder, bis sie begreift, dass der einzige Trost manchmal ist, Dinge anzunehmen, die man nicht ändern kann. Eine ergreifende Geschichte der Selbstfindung und ein großer Blick auf unsere Existenz.
Meine Meinung
„Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren“ beginnt ohne große Einleitungen. Suzys Freundin Franny ist in den Sommerferien ertrunken, seitdem spricht Suzy nicht mehr. Dieser Aspekt des Nichtredens wird überzeugend in Szene gesetzt und auch die Tatsache, dass Schweigen ebenso präsent sein kann wie ständige Worte, wird von der Autorin gut in Szene gesetzt. Ebenso, dass das was man dann sagt, umso wichtiger ist, wird von Ali Benjamin aufgegriffen. Diese Einstellung von Suzy trägt sich dann auch konsequent durch die gesamte Geschichte.
Die Protagonistin Suzy hat mir gut gefallen. Sie interessiert sich für, vielleicht eher ungewöhnlichere Dinge für das Alter. Wie viele Quallen Stiche pro Sekunde auf der Welt geschehen, wie viele Herzschläge ein 80- jähriger Mensch hatte. Also, durchaus interessante Fakten, was zum Glück nicht in ein inszeniertes Feuerwerk aus Fun Facts abrutscht. Diese Dinge werden von der Autorin gut erklärt und dem Leser näher gebracht. Suzys Gedankengänge sind in dieser Hinsicht sehr strukturiert und informativ. Ich hätte niemals gedacht, dass es interessant sein könnte, so viel über Quallen zu lesen. Das Thema Quallen ist dann auch das wiederkehrende Element in diesem Buch, auf das sich die gesamte Story stützt. Es ist quasi der Leitfaden der Protagonistin, der sie durch diese Ausnahmesituation begleitet.
Das und der frühe Tod von Suzys Freundin Franny und deren Verarbeitung, beziehungsweise die Verweigerung der Trauerbewältigung. Suzy hat es zwar durchaus realisiert und weiß, dass es passiert ist. Verweigert jedoch in gewissem Maße die Trauer, in dem sie sich an eine Theorie klammert, die es zu beweisen gilt. Dies ist eine Flucht, eine Leugnung der Tatsachen, welche von der Autorin jedoch sehr gut umgesetzt und subtil dargestellt wird. Suzy klammert sich vollkommen an diese unwahrscheinliche Lösung und lässt auch nicht wirklich intensive Gefühle zu.
In dieser Hinsicht ist es mir etwas negativ aufgestoßen, dass die Eltern der Protagonistin so gar nicht auf das Thema eingehen. Sicherlich, sie waren keine schlechten Eltern, aber dass sie so gar nicht das Thema, den Tod des Mädchens, aufgreifen ist mir negativ aufgefallen. Es wurde von ihnen völlig unter den Teppich gekehrt und nicht angesprochen. Sicherlich, es überfordert sie, dass ihr Kind aufhört zu reden, was unter anderem auch der Grund sein kann, dass Suzy sich so in ihre Recherche Arbeit verliert. Sie hat kein Ventil, niemand, der ihr in dieser Hinsicht andere Möglichkeiten vorlebt, was im Alter von 12 nun mal wichtig ist, dass man jemanden vor Augen hat, der auf gesunde Weise mit solchen Themen umgeht.
Was mir wirklich gut gefallen hat war Schreibstil von Ali Benjamin. Er ist flüssig und leicht zu lesen, durchaus dem Alter der Protagonistin angemessen, aber deswegen noch lange nicht plump. Eine gute Mischung aus kindlicher Naivität und Einfachheit, aber dennoch komplex genug, um auch erwachsene Leser anzusprechen, vor allem die wissenschaftliche Teile über Quallen und andere Dinge, die kleinen Dinge, die Suzy weiß/für die sie sich interessiert.
Im Mittelteil rückt die Autorin etwas von dem Quallen Thema ab um die Freundschaft zwischen Suzy und Franny zu erklären, was wichtig war um Suzys Handlungen und Gedanken noch ein Stück weit besser verstehen zu können. Im Endeffekt hat das Kind ganz furchtbare Schuldgefühle und weiß nicht wie sie diese kanalisieren soll. Hier hat es mir gefallen, dass die Autorin darauf vertraut, dass der Leser dies selbst erkennt und es nicht noch extra in Großbuchstaben ausführen musste.
Fazit
„Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren“ ist die Geschichte eines jungen Mädchens, welches den Tod ihrer (ehemaligen) besten Freundin nicht verarbeiten kann. Die Protagonistin ist sehr gut gezeichnet, hat teils eine kindliche Naivität, jedoch wirkt die ganze Sache durch den angenehmen Schreibstil einen Ticken reifer. Ein wirklich schönes Buch, welches mich überzeugt hat. Jeder, der Geschichte über Verluste und deren unterschiedliche Verarbeitungsmethoden mag, kann ich das Buch nur wärmstens Empfehlen.
4/5 Sternen