Durchs Licht strömende Erinnerungen
Die Autorin Andrea Heuser begibt sich mit ihrem epischen Familienroman „Wenn wir heimkehren“ auf autobiografische Spurensuche ihrer eigenen Familie und Großeltern. Über mehrere Jahrzehnte und Generationen ...
Die Autorin Andrea Heuser begibt sich mit ihrem epischen Familienroman „Wenn wir heimkehren“ auf autobiografische Spurensuche ihrer eigenen Familie und Großeltern. Über mehrere Jahrzehnte und Generationen hinweg entwirft sie ein authentisches Bild des gebeutelten Nachkriegsdeutschland anhand von weitgestreuten, persönlichen Geschichten durch 80 Jahre Zeitgeschehen.
Im Mittelpunkt stehen Margot und ihre Männer (einschließlich Sohn Fred) in einer schwierigen Zeit. Im Köln der 1950er-Jahre trifft die alleinerziehende, resolute und doch innerlich zerrissene Margot auf den lebensbejahenden Willi, der trotz seelischen und physischen Kriegstraumata nicht die Lebensfreude verliert. Er ist fasziniert von Margot und es entsteht eine jahrzehntelange Liebe voller Widrigkeiten, Auseinanderdriften und Wiederzueinander finden, voller Schuld, Verdrängen und einfach Weitermachen. Heuser erzählt unheimlich detailverliebt, erschafft für jedes Jahrzehnt eine dichte, detailgetreue und gut recherchierte Zeitreise mit viel Lokalkolorit und melancholischen Erinnerungen. Auf den umfangreichen 600 Seiten ist die Geschichte rund um das ungleiche Paar Margot und Willi sowie dem intellektuellem Sohn Fred mit zahlreichen Rückblenden, Anekdoten und Abschweifungen in der Zeitleiste und an verschiedenen Orten versehen, bis das berührende und atmosphärische Epos am Ende in der Gegenwart ankommt. Darüber hinaus streut Heuser zahlreiche Liedzitate und anderen Redensarten auf verschiedene Sprachen ein – leider ein wenig zu viele.
Von den 1930er bis 90er-Jahren spannt Heuser eine weitläufig verzweigte Familiengeschichte, in denen verloren geglaubte Seelen immer weitermachen, zwischen Hoffnung, Freude und Schmerz schwanken und am Ende sehen, wie sich ihre Leben transgenerational verbinden, samt Traumata. Die Farben des Lichts und der Erinnerungen spielen eine zentrale Rolle, aber auch, was am Ende von all den Begegnungen bleibt.
Leider verliert sich die autobiografisch geprägte und poetisch in zwei Teilen erzählte Familiengeschichte an einigen Stellen zu sehr im Detail und in den vielen persönlichen und historischen Abschweifungen – eine Straffung und präzisere Strukturierung rund um einen roten Faden hätte hier sehr gut getan. Trotzdem insgesamt ein akribisch und gut recherchierter (Liebes-)Roman voller Erzählfreude über persönliche und fiktive Erinnerungen – und wie unterschiedlich diese betrachtet werden können, je nachdem „wie das Licht fällt“. Und ein unterhaltsames Stück deutsche Zeitgeschichte aus den (Nach-)kriegsjahren, den dazugehörenden Wunden und Träumen sowie der schwierigen Rolle als Frau – auch wenn es einige Längen beinhaltet, die den Lesefluss bremsen.