Cover-Bild Ritchie Girl
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Krimis & Thriller / Krimis & Thriller
  • Seitenzahl: 464
  • Ersterscheinung: 11.09.2021
  • ISBN: 9783518430279
Andreas Pflüger

Ritchie Girl

Roman

Paula Bloom kehrt nach ihrer Ausbildung in Camp Ritchie, Maryland als amerikanische Besatzungsoffizierin in ein zerstörtes und gebrochenes Deutschland zurück, das sie vor neun Jahren über Nacht verlassen hatte. Als Tochter eines amerikanischen Geschäftsmannes führte sie im Berlin der Nazizeit ein Leben im goldenen Käfig. Ein Leben, das eine Lüge war. Jetzt glaubt Paula, dass sie niemals vergeben kann. Nicht den Deutschen. Und nicht sich selbst.

Während in Nürnberg über die Hauptkriegsverbrecher gerichtet wird, arbeitet man in einem Camp der US-Army nahe Frankfurt längst wieder mit Nazitätern zusammen. Im Maschinenraum des Kalten Krieges haben Pragmatiker das Sagen, an deren Zynismus Paula verzweifelt. Hier trifft sie auf Johann Kupfer, einen österreichischen Juden, der den Amerikanern seine Dienste anbietet. Er behauptet, der größte Spion des Zweiten Weltkriegs gewesen zu sein. Paula soll herausfinden, ob das die Wahrheit ist. Doch wer die Wahrheit sucht, muss sie auch ertragen.

In einem Roman von ungeheurer erzählerischer Wucht schreibt Pflüger über Schuld und Scham, aber auch über Hoffnung und die Kraft der Liebe.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.09.2021

Beeindruckende Stofffülle

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1946 in Deutschland, der Zweite Weltkrieg ist zu Ende, in den Nürnberger Prozessen wird über Kriegsverbrecher Gericht gehalten. Aber machen wir uns nichts vor, viele von ihnen sind durch die Maschen geschlüpft, ...

1946 in Deutschland, der Zweite Weltkrieg ist zu Ende, in den Nürnberger Prozessen wird über Kriegsverbrecher Gericht gehalten. Aber machen wir uns nichts vor, viele von ihnen sind durch die Maschen geschlüpft, fliegen unter dem Radar, sitzen in einflussreichen Positionen, machen schon wieder ihre Geschäfte mit Duldung der Siegermächte.

„Ritchie Girl“ Paula Blohm ist zurück in dem Land, in dem sie aufgewachsen ist. Als Tochter einer deutschen Mutter und eines amerikanischen Vaters hat sie Deutschland in Richtung Amerika verlassen, später ein Studium absolviert, danach Anwerbung durch das US-Militär und Ausbildung für Geheimdienstoperationen in Camp Ritchie, dem „Military Intelligence Training Center“ der Streitkräfte in Maryland. Danach wegen ihrer Sprachkenntnisse nach Europa geschickt, schließlich in einer Einrichtung der Amerikaner in Frankfurt gelandet, wo sie die Identität Johann Kupfers klären soll, der von sich behauptet, der berühmt-berüchtigten Spion „Sieben“ zu sein. Allerdings kommt ihr dabei ein persönliches Interesse in die Quere, da sie glaubt, dass dieser Informationen über den Verbleib Georgs, ihrer ersten Liebe, hat.

Paulas Geschichte ist nur der fiktionale Aufhänger für die Unmenge an historischen Fakten, die Andreas Pflüger in diesen Roman eingearbeitet hat. Es geht nicht nur um diese Zeit unmittelbar nach Kriegsende, um die Doppelmoral, in der die blütenweiße Weste der amerikanischen Befreier hässliche Flecken abbekommt, da auch sie schützend ihre Hand über Nazis halten, die für sie von Nutzen sind. Interessant sind vor allem die Rückblicke, die einen entlarvenden Blick auf die Verflechtungen von Wirtschaft, Kunst und Kultur mit dem Nationalsozialismus offenbaren. Jede Menge bekannte Namen von Politikern, Industriellen, Autoren, Künstlern, die nach Kriegsende schnell wieder in Amt und Würden sind.

Es ist eine beeindruckende Stofffülle, die der Autor hier verarbeitet hat und die deshalb konzentriertes Lesen erfordert. Und ein Roman, dem ich viele Leser wünsche. Lesen. Unbedingt.

Veröffentlicht am 31.08.2021

Am Schluss stehen wir alle vor uns selbst

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Die US Army unterhielt in Maryland, USA, nordwestlich von Washington, ein Ausbildungslager, das offiziell Military Intelligence Training Center hieß, aber Camp Ritchie genannt wurde. Der Name geht auf ...

Die US Army unterhielt in Maryland, USA, nordwestlich von Washington, ein Ausbildungslager, das offiziell Military Intelligence Training Center hieß, aber Camp Ritchie genannt wurde. Der Name geht auf einen Gouverneur von Maryland, Albert C. Ritchie, zurück. Zwischen 1942 und 1945 sollen dort etwa 19.000 Soldaten, von denen über 80% keine US-amerikanischen Staatsbürger waren, ausgebildet worden sein. In diesem Lager wurde unter anderem die geheime Einheit der Ritchie Boys ausgebildet; deutsche Emigranten, die die US-Armee im Kampf gegen die NS-Diktatur unterstützen wollten. 1943 wurde dort ein Trupp des Women‘s Army Corps, der Frauenabteilung der US-Armee (gegründet 1942, aufgelöst und in die männlichen Einheiten integriert 1978), stationiert. Dies hat den Autor zu der Geschichte von „Ritchie Girl“ inspiriert.

Der Einstieg ins Buch fiel mir schwer, ich war versucht, es abzubrechen, wollte mich nicht durchquälen. Dies lag nicht an der Geschichte selbst, sondern daran, dass meine Erwartungen falsch waren. Ich bin sehr froh, durchgehalten zu haben, sonst wäre mir dieses Meisterwerk der Schreibkunst entgangen. Wieder einmal hat Andreas Pflüger es geschafft, dass ich mich in einem Buch verloren habe, für Stunden war alles andere vergessen; ich bin förmlich in die damalige Zeit eingetaucht, habe gelacht, geweint, mitgelitten.

Manchmal musste ich das Buch zuschlagen und beiseite legen; Ekel überkam mich, fast eine große Übelkeit, wenn ich zum Beispiel den Verhören folgte. Eine menschenverachtende Ideologie in Sätze gepackt, die auf den Punkt genau trafen und mich schlucken, mich ungläubig mit dem Kopf schütteln ließen. Rhetorisch einwandfrei geäußerte Grausamkeiten erschütterten mich, fesselten mich aber trotzdem ans Buch und führten mir einmal mehr vor Augen, welch begnadeter Erzähler der Autor ist.

Dieser Roman handelt von Krieg und davon, dass es nicht nur weiß und schwarz, sondern viele Graustufen gibt. Er handelt von Freundschaft und Familie, Schuld und Sühne, von Härte, Leid, Scham, Freude und Vergebung, aber auch der Hass und die Liebe kommen nicht zu kurz. Die geschickte Verflechtung von Wahrheit und Fiktion, die hier und da in künstlerischer Freiheit ausgeschmückt wurde, um in die Story zu passen, ist genial und hat mich immer wieder aufs Neue begeistert. Nicht alle historischen Figuren habe ich erkannt; einige musste ich suchen, andere wiederum haben nie existiert. Ich empfehle nicht nur das Nachwort, sondern auch die ausführlichen Erklärungen des Autors sowie von Bodo Hechelhammer, dem Chefhistoriker des Bundesnachrichtendienstes, auf der Seite des Suhrkamp Verlages, ergänzt durch interessantes Bildmaterial. Von mir gibt es 5 Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung. Unbedingt lesen, es lohnt sich!

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Veröffentlicht am 23.08.2021

Beeindruckende Geschichte

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Ritchie Girl erzählt die Geschichte der amerikanischen Besatzungsoffizierin Paula Bloom, die nach neun Jahren nach Deutschland zurückkehrt. Die junge Frau ist die Tochter eines amerikanischen ...

Ritchie Girl erzählt die Geschichte der amerikanischen Besatzungsoffizierin Paula Bloom, die nach neun Jahren nach Deutschland zurückkehrt. Die junge Frau ist die Tochter eines amerikanischen Geschäftsmanns, der ihr in Berlin ein sorgenfreies Leben ermöglicht hatte. Dieses Leben war eine Lüge, wie Paula feststellen muss. Ihre Ausbildung im Camp Ritchie und ihre besonderen Kenntnisse über Kunst sowie die Fähigkeit deutsch zu sprechen bringen Paula zunächst nach Italien, später nach Frankfurt und Nürnberg. Sie wird mit der Aufgabe betraut, dem angeblichen Spion Johann Kupfer die Wahrheit zu entlocken.
Dieser Roman von Andreas Pflüger hat mich sehr beeindruckt. Es ist sehr deutlich zu erkennen, wie genau und umfangreich der Autor für dieses Buch recherchiert hat. Ich selbst habe diese im Roman behandelte Zeit nicht erlebt und habe einen Einblick in dieses grausame Kapitel deutscher Geschichte erhalten, der mich bei der Lektüre stark berührt hat. Die Gefühle der Protagonistin konnte ich sehr gut nachvollziehen. Andreas Pflüger lässt die Zeit, ihre Konflikte und die Personen des damaligen Lebens so lebendig werden, dass ich immer wieder atemlos innehalten musste, um das Ausmaß der Grausamkeiten und die Verherrlichung der Gewalt zu ertragen. Schuld und Scham sind ebenso Thema wie die Liebe und die unverständlichen Gründe für die Veränderung der Menschen in dieser Zeit. Hass und Gleichgültigkeit gegen Andere waren an der Tagesordnung und in all diesem Gewimmel versucht Paula Bloom, einen Weg zu finden, den sie gehen kann. Die große Liebe zu verlieren, eine tiefe Freundschaft zu finden und Menschen so zu akzeptieren wie sie sind - all das findet sich in diesem großartigen Roman, der sicher nicht einfach zu lesen war - der aber einen wirklichen Eindruck bei mir hinterlassen hat. Ich werde dieses Buch sicher noch ein weiteres mal lesen und gebe 5 Sterne sowie eine unbedingte Empfehlung für Leser, die sich für die Wahrheiten der Geschichte interessieren.

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Veröffentlicht am 23.08.2021

Ein interessanter und erschreckender historischer Roman

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In Camp Ritchie war das Ausbildungslager der US-Armee. Hier wurden auch die Ritchie Boys ausgebildet. Es handelte sich um junge Deutsche – nicht nur Boys -, die gegen die Nazi-Diktatur arbeiten sollten. ...

In Camp Ritchie war das Ausbildungslager der US-Armee. Hier wurden auch die Ritchie Boys ausgebildet. Es handelte sich um junge Deutsche – nicht nur Boys -, die gegen die Nazi-Diktatur arbeiten sollten. Auch Paula Bloom kehrt nach ihrer Ausbildung dort als Besatzungsoffizierin zurück nach Deutschland, dass sie vor Jahren Hals über Kopf verlassen hatte. In Nürnberg werden die Prozesse gegen Kriegsverbrecher geführt und die Amerikaner arbeiten pragmatisch mit den Deutschen zusammen, auch wenn diese nicht unbescholten sind. Paula wird auf den österreichischen Juden Johann Kupfer angesetzt, der behauptet, der größte Spion während des Zweiten Weltkrieges gewesen zu sein.
Ich habe schon einige Bücher des Autors Andreas Pflüger gelesen und wollte auch diesen Roman unbedingt lesen. Es ist keine leichte Kost, die uns der Autor hier serviert.
Paula Bloom ist eine sympathische junge Frau, die als Tochter einer deutschen Mutter und eines amerikanischen Geschäftsmannes in Berlin aufgewachsen ist. Nach ihrer Flucht in die USA stellte sie fest, dass ihr Leben eine einzige Lüge war. Sie ist innerlich zerrissen und empfindet Scham und Schuldgefühle. Mit diesen Gefühlen ist sie allerdings nicht alleine, auch ihr Kamerad Sam empfindet so. Paula sieht die verheerenden Auswirkungen des Krieges. Die pragmatische Art der Amerikaner mit der Aufarbeitung der Vergangenheit umzugehen, bringt Paula zur Verzweiflung. Niemand will gewusst haben, was geschehen ist. Keiner zeigt Reue und alle betrachten sich als Opfer. Paula kann den Deutschen nicht verzeihen, aber genauso wenig sich selbst, denn ihr Verhalten hat auch zu Verhaftung und Deportation geführt, ohne dass sie sich dessen bewusst war. Nun versucht sie ihre große Liebe und muss erkennen, dass sie sich auch in Georg getäuscht hatte.
Vieles was hier geschildert wird, ist schwer zu ertragen. Trotzdem hat mich die Geschichte von Anfang an gepackt und ich konnte Paulas Gefühle gut nachvollziehen. Es ist ein Roman, der einen noch lange beschäftigt.
Absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 20.08.2021

Schuld, Scham und Sühne

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Schuld , Scham und Sühne

Ritchie Girl
Inhaltsangabe:

Am Schluss stehen wir alle
vor uns selbst
Paula Bloom kehrt nach ihrer Ausbildung in Camp Ritchie, Maryland, als amerikanische Besatzungsoffizierin ...

Schuld , Scham und Sühne

Ritchie Girl
Inhaltsangabe:

Am Schluss stehen wir alle
vor uns selbst
Paula Bloom kehrt nach ihrer Ausbildung in Camp Ritchie, Maryland, als amerikanische Besatzungsoffizierin in ein zerstörtes und gebrochenes Deutschland zurück, das sie vor neun Jahren über Nacht verlassen hatte. Als Tochter eines amerikanischen Geschäftsmannes führte sie im Berlin der Nazizeit ein Leben im goldenen Käfig. Ein Leben, das eine Lüge war. Jetzt glaubt Paula, dass sie niemals vergeben kann. Nicht den Deutschen. Und nicht sich selbst.
Während in Nürnberg über die Hauptkriegsverbrecher gerichtet wird, arbeitet man in einem Camp der U.S. Army nahe Frankfurt längst wieder mit Nazi-Tätern zusammen. Im Maschinenraum des Kalten Krieges haben Pragmatiker das Sagen, an deren Zynismus Paula verzweifelt. Hier trifft sie auf Johann Kupfer, einen österreichischen Juden, der den Amerikanern seine Dienste anbietet. Er behauptet, der größte Spion des Zweiten Weltkriegs gewesen zu sein. Paula soll herausfinden, ob das die Wahrheit ist. Doch wer die Wahrheit sucht, muss sie auch ertragen.

Meine Meinung zum Autor und Buch
Andreas Pflügers neuster Roman ist sehr schwer zu beschreiben, ein Buch das mir unter die Haut und oft an die Substanz ging, aber ich würde es sehr bereuen nicht gelesen zu haben. Kein Buch das man einfach verschlingt, ab und zu muss man innehalten. Er hat Fiktionen und wahre Tatsachen sehr gut mit einander verwoben. Es geht um deutsche Schuld und Aufarbeitung, sich der Vergangenheit zu stellen, auch wenn es weh tut. Er hat ein brillantes und großartiges Werk geschaffen, voller erzählerischer Wucht. Sein Schreibstil ist sehr klar, kraftvoll, mit einem Hauch Poesie und von der ersten bis zur letzten Seite mitreißend. Seine Figuren wirken sehr Authentisch, wie aus Fleisch und Blut. Auch deren Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet. Man konnte sich in sie hinein fühlen, mit ihnen lachen, weinen, Scham empfinden und Hoffnung.

Zum ersten mal erfuhr ich über dieses Camp Ritchie in Maryland, da wo Paula und andere Frauen zu Offizieren ausgebildet wurden, sie will nach Deutschland zurück kehren, um dort für die Amerikaner zu Arbeiten, als Dolmetscherin um bei den Verhören der Nazis dabei zusein um sie auszuhorchen. Sie hat als Kind in Berlin gelebt, ihr Vater war ein reicher Amerikaner , bei Ihnen in Berlin gingen die ganz großen ein und aus, mit denen er Geschäfte machte. Paulas Jahre spätere Flucht nach Amerika nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters konnte ich nach vollziehen. Ich habe mit Paula mitgelitten, ihre innere Zerrissenheit gespürt, sie erkennt das ihr bisheriges Leben eine Lüge war, sie ist voller Schuld und Scham. Warum ist sie so bedrückt wenn sie an Georg denkt, ihre große Liebe, weshalb schweigt sie ihn Tod. Da ist Ihr Kamerad Sam ebenfalls in der Armee, er ist für mich ein Seelenverwandter von Paula, ihn mochte ich von Anfang an, auch er kaut an Schuldgefühlen. Sehr bewundert habe ich Paula für ihr Durchhaltevermögen, in Sachen Johann Kupfer alias Sieben, ganz besonders bei den Prozessen in Nürnberg und den Hinrichtungen, an der sie persönlich teilnahm. Viele berühmte historische Persönlichkeiten, begegnen uns, man bekam tiefe Einblicke, was so wirklich lief den wie wir heute wissen arbeiteten nicht nur die Amerikaner mit Nazigrößen zusammen, wenn sie für sie brauchbar waren, es war ein Wettkampf zwischen den Siegermächten.

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