Komplexe Wahrheit
Kaum zu glauben, dass es sich bei diesem komplexen Geflecht von einem Roman tatsächlich um Angie Kims erstes Buch handelt. Mit Miracle Creek hat sie ein Werk geschaffen, das man nach dem Lesen nicht so ...
Kaum zu glauben, dass es sich bei diesem komplexen Geflecht von einem Roman tatsächlich um Angie Kims erstes Buch handelt. Mit Miracle Creek hat sie ein Werk geschaffen, das man nach dem Lesen nicht so schnell vergisst.
Sie scheint dabei zumindest zum Teil aus ihrem eigenen Hintergrund zu schöpfen, stammt sie doch wie ihre Protagonisten, die Familie Yoo, aus einer südkoreanischen Familie, die in die USA emigrierte. Der Roman beginnt mit einem Unglück: Familie Yoo betreibt das Miracle Submarine, das mit einer Überdruck-Sauerstofftherapie Heilung oder zumindest Linderung für zahlreiche Leiden in Aussicht stellt. Doch diese Therapie ist nicht unumstritten. Als eine Gruppe Demonstrantinnen aufläuft, kommt es zu einer Explosion. Zwei Patienten sterben.
Doch wie kam es zu dem Unglück? Mit Elizabeth, der Mutter eines autistischen Jungen, der der Explosion zum Opfer fiel,scheint schnell eine Schuldige gefunden. Mit großer Spannung bin ich dem Mordprozess gegen Elizabeth gefolgt, den die Autorin zum Anlass nimmt, in immer erhellenden Rückblicken zu zeigen, dass tatsächlich beinahe jeder der an dem Unglück Beteiligten hier etwas zu verbergen hat.
Das ist wirklich packend umgesetzt. Zudem schafft es der Roman, einige wirklich belastende Themen, wie die Überforderung der Mütter behinderter Kinder und die Nöte von Einwanderern so zu verpacken, dass sie einen spannenden Stoff liefern, ohne zu überfordern oder aber ins Triviale abzugleiten.
Obwohl ich schon ca. ab der Hälfte des Buches ahnte, wer die Explosion verursacht hat, ist die dahinter stehende Geschichte so verwickelt, dass es für mich in keiner Weise langweilig wurde. Der Spannungsbogen konnte für mich auf den über 500 Seiten also bis zum Ende gehalten werden.
Angie Kim schildert die Entwicklung durch die Augen einiger Figuren, die durchweg plastisch gestaltet sind und fast gleichrangig nebeneinander stehen. Dadurch habe ich keine wirkliche Identifikationsfigur gefunden und etwas weniger mitgelitten. Bei den schweren Schicksale, die geschildert wurden, ist dies aber nicht unbedingt als Nachteil zu werten.