„Hier ist alles Banane“ ist eine kluge, prima gemachte politische Satire, die einen erfrischend anderen Blick auf das Weltgeschehen der letzten zwanzig Jahre liefert.
Hörbuch. 6 CDs, ca. 450 Minuten, ungekürzte Lesung von Reiner Kröhnert.
Der Klappentext beschreibt in groben Zügen den Inhalt recht treffend.
Die Tagebücher fangen kurz vor dem Tod Honeckers in Chile an (CD1), beschreiben seine und Margots Ankunft dort und erklären, wie es dazu kam, dass Jorge Rodriguez zu ihrem Fahrer und Helfer in schwierigen Lebenslagen wurde, sagen, warum sich der ehem. Staatschef der DDR und seine Frau für seinen angeblichen Tod entschieden haben und enden ganz sanft in 2015 (CD 6). Dazwischen kommen noch viele Themen, die sowohl die DDR Zeiten, als auch das Weltgeschehen unter einem unorthodoxen Blickwinkel beleuchten.
Honeckers Tagebucheinträge spiegeln nicht nur einen erfrischend anderen Blick auf das Geschehen des öffentlichen Lebens in der ganzen Welt, wie z.B. all die EMs und WMs, die es in diesem Zeitraum gab, sondern berichten auch über sein Leben (nach dem „Tod“) in Chile, über seine gelegentlichen Schwierigkeiten, das Leben dort zu begreifen und über die Diskussionen, die er mit seiner Margot immer noch in alter Manier führt. Die beiden sind nach wie vor der Meinung, dass das Imperialismus kraft seiner Systemfehler dem Tode geweiht ist, dass es mit der BRD weiterhin bergabgeht, dass die moderne Sklaverei immer neue Züge annimmt, etc. und verstehen sich als tapfere Kämpfer für die sozialistischen Ideale.
Natürlich kommt als erstes eine Mauer um Honeckers Haus. Noch etliche Witze zum Thema Mauer kommen im Laufe der Geschichte. U.a. sagt er, dass wenn sie damals auf die Idee kämen, die Mauer Stück für Stück auszuverkaufen, wie es später geschah, hätten sie genug Geld zur Finanzierung noch vieler Projekte in der DDR.
Honeckers beschaffen sich auch Computer und verfolgen auf diese Weise das Leben, das sie verlassen haben. Zu sozialen Netzwerken und all den Informationen, die Menschen dort über ihr Leben preisgeben, staunt Honecker und meint, sie hätten so viele Agenten in der DDR engagieren mussten, damit sie zumindest etwas aus dem Privatleben bestimmter Personen herausfinden konnten, heute in SNs geht es viel einfacher und ganz von allein. Über Edward Snowdens Enthüllungen und die Notwendigkeit des Abhörens der Gespräche der Bürger, um abweichende Ansichten zu erkennen, um korrigierend eingreifen zu können, philosophiert Honecker zum Schluss in CD6 und resümiert:„Und ich denke, dass in dieser Hinsicht nie große Unterschiede zwischen den Vereinigten Staaten, der BRD und DDR gegeben hat. Und ich glaube auch nicht, dass zwischen den Regierungen darüber je irgendwelche Zweifel bestanden haben.“
Es gibt noch mehr von ähnlichen Einsichten zu anderen Themen des öffentlichen Lebens. Zum Gauck und seiner Vergangenheit in der DDR sagt Honecker auch manch lustige Dinge. Einige Ratschläge an andere Politiker und Regierungschefs im In- und Ausland hat er auch parat.
Es ist diese Art, den Kern der Dinge messerscharf zu beobachten, auf Honeckers Art zu interpretieren und in kurzen, präzisen Sätzen zu erfassen, die dieses Werk so eigenartig und absolut hörenswert macht. Dieser Humor, der oft wie ein Wink mit Zaunfall rüberkommt, brachte mich öfter zum Schmunzeln und noch öfter zum Lachen.
Vor allem die großartige Lesung von Reiner Kröhnert hat dieses Werk enorm bereichert. Er liest nicht, er spielt die Einträge mit seiner tollen Stimme durch. Man denkt, man hört dem Erich Honecker zu. Dazu kommen die Kommentare von Jorge, dem Fahrer, die Reiner Kröhnert in einer ganz anderen Stimmlage, leicht lispelnd und mit typisch spanischem, rollendem R interpretiert. Hier und dort kommt Jorge zu Wort und gibt seinen Senf dazu, kommentiert die Geschehnisse, die Honecker zu seinen Gunsten geschildert hat und erzählt, wie sich die Dinge aus seiner Sicht zugetragen hatten.
Fazit: Das Hörbuch hat mir nicht nur vergnügliche Stunden bereitet und mich mehrmals zum Lachen gebracht, sondern hin und wieder auch nachdenklich gestimmt. Ein Hörgenuss, das seinesgleichen sucht. Ich bin froh, Reiner Kröhnert in diesem Werk kennengelernt zu haben und freue mich auf seine weiteren Werke, wie auf die tolle politische Satire dieser Art.