Mit einem bildschönen Cover wartet der Roman “Wir fliegen, wenn wir fallen” von der deutschen Autorin und Bloggerin Ava Reed auf. Eine Geschichte über ein besonderes Erbe, über Schuld, Verlust und die Kraft der Liebe. Ein Buch, das wirklich alles hat, was einen richtig schönen Schmöker ausmacht: es ist romantisch, mit Klugheit erzählt und in einer sehr unterhaltsamen, berührenden Art geschrieben. Lesetipp! Für Jugendliche ab 12 Jahren und interessierte Erwachsene.
Hamburg. Die 17-jährige Yara lebt seit dem Tod ihrer Eltern bei ihrer Tante Em. “Ich fühle mich wie eine alte Frau, wie jemand, der seines Lebens müde ist, und nicht wie der Teenager, der ich bin. Vielleicht, weil ich nicht mehr die bin, die ich war — und es auch nie mehr sein werde.” (Zitat S.7) Nacht für Nacht hat sie Alpträume, fühlt sich schuldig am Tod ihrer Eltern. Gerne besucht sie deswegen den alten Phil, den sie im Altersheim kennengelernt hat, in dem ihre Tante arbeitet. “Phil versteht mich, ohne dass ich etwas sagen muss. Bei ihm habe ich nicht das Bedürfnis, jemand anderes zu sein.” (Zitat S.18) Weil er blind ist, liest Yara ihm regelmäßig vor. Doch jetzt ist Phil an einem Herzinfarkt gestorben. Und die Einsamkeit droht Yara erneut zu überfallen: “Mit Phil ist mein Anker verschwunden, mein Halt. Er war ein Fremder und doch mein bester Freund.” (Zitat S.33) Auch Noel geht es nicht wirklich gut, seit sein Großvater Phil verstorben ist. Zumal er sich noch kurz vor dessen Tod mit ihm gestritten hat: “Das Letzte, was ich zu ihm gesagt habe, war im Streit gesagt worden. Ich habe ihm Vorwürfe gemacht und ich werde keine Chance bekommen, mich zu entschuldigen und es wiedergutzumachen. Meine Worte hAva Reed Wir fliegen, wenn wir fallenaben Phil verletzt und ich habe sie ausgesprochen, obwohl ich das gewusst habe.” (Zitat S.29) Noel lebt in einer kleinen Wohnung und ist nicht nur verbittert, sondern auch enttäuscht vom Leben, seit seine Mutter ihn hat sitzenlassen. Und das lässt er vor allem seine Umgebung spüren. Er versteht es hervorragend Leute auf Abstand zu halten. Da er nicht teamworkfähig ist, weil er sich auf niemanden mehr verlassen will, hat er auch seine gewünschte Ausbildungsstelle nicht bekommen und muss jetzt bei McDonald’s arbeiten. Yara, die er bei seinem Großvater schon ein paarmal angetroffen hat, nennt Noel nur abfällig “das Lesemädchen” und war auch zu ihr bisher immer sehr schroff und abweisend. Doch jetzt scheint ausgerechnet das Testament von Phil die beiden zusammenzuführen. Denn der alte Mann hat ihnen nicht nur Geld hinterlassen, sondern auch eine Liste mit 10 Punkten, die sie gemeinsam erfüllen sollen. Alles Dinge, die Phil nicht mehr erleben konnte und gerne getan hätte. Wie einen Wolf zu streicheln, durch den Regenwald zu laufen, das Nordlicht zu sehen oder einen Baum in einem fremden Land zu pflanzen. Doch auch Yara kann Noel überhaupt nicht ausstehen…
“Wir fliegen, wenn wir fallen” wird aus Yaras und Noels Sicht in der Ich-Perspektive erzählt. Hier wechseln sich die beiden Protagonisten kapitelweise ab. Die Sprache ist sehr flüssig und total angenehm zu lesen. Manchmal sogar ein wenig poetisch und sehr kraftvoll. Bereits mit dem ersten Satz des Buches stolpert man förmlich in die Geschichte hinein: “Ich möchte meine Erinnerungen verbrennen. Ich möAva Reed Wir fliegen, wenn wir fallenchte sie nehmen, zusammenknüllen oder zerreißen, es ist mir egal, und sie mit allem, was mir geblieben ist, in Asche verwandeln. Mit all dem Schmerz, der Trauer und Wut, der Angst und dem großen Loch in mir drin.” (Zitat S.7) Die Autorin hat zwei besondere Charaktere geschaffen. Sie — verfolgt von Schuldgefühlen und Trauer — und er mit Bindungsängsten. Sie, die ihn ständig irgendwie reizt und er, der ihre schlechtesten Seiten zum Vorschein bringt. Dazwischen immer wieder die richtige Portion an Gefühl: “Hoffentlich wird am Montag alles wieder entspannt. Hoffentlich ist Noel wieder gemein, vorlaut, nervtötend und sarkastisch. Denn dieser Noel macht mir Angst. Er geht mir unter die Haut.” (Zitat S.88ff) Dazu findet man nicht nur in den Kapitelüberschriften manch Lebensweisheit, sondern auch im Fließtext selbst ab und zu mal einen klugen Satz: “Manche Wünsche gehen nicht in Erfüllung, egal, wie sehr wir flehen und betteln, wie sehr unser Herz daran hängt. Aber was wären wir ohne sie?” (Zitat S.9) Auch die Romantik kommt in “Wir fliegen, wenn wir fallen” nicht zu kurz. Eine schöne Liebesgeschichte mit einer nahezu überzeugenden Entwicklung ihrer Protagonisten.
Fazit: Eine herzerwärmende Geschichte — unterhaltsam und emotional!