Eine atmosphärische Sammlung winterlicher Gruselgeschichten
„Wintergeister“ ist eine Anthologie mit Grusel- und Geistergeschichten, zu der sechs unter-schiedliche Autorinnen eine Erzählung beigesteuert haben. Den Auftakt macht „Der steiner-ne Dämon“ von Bridget ...
„Wintergeister“ ist eine Anthologie mit Grusel- und Geistergeschichten, zu der sechs unter-schiedliche Autorinnen eine Erzählung beigesteuert haben. Den Auftakt macht „Der steiner-ne Dämon“ von Bridget Collins (mein persönliches Highlight des Bandes): Eine an klassische Gothic Novels erinnernde Erzählung, die von einer Schriftstellerin handelt, die in einem klei-nen Städtchen Inspiration für ihr nächstes Buchprojekt sucht. In Andrew Michael Hurleys „Das alte Theaterstück“ begegnen wir einem alternden Schauspieler, der im traditionellen Jah-resabschlussstück auftritt. Hier changieren Traum und Wirklichkeit, sodass die Erzählung eine besondere atmosphärische Intensität erhält. Die dritte Geschichte, „Ada Lark“ von Jess Kidd, handelt von einem Waisenmädchen, das dazu gezwungen wird, einem selbsternannten Medi-um bei dessen Machenschaften zu unterstützen. Diese Geschichte wird mit schnellen Schnit-ten erzählt, was für mich allerdings zuungunsten der Atmosphäre verlief. „Jenkin“ von Catrio-na Ward thematisiert das Schicksal zweier Schwestern, wobei eine der Schwestern von einem schattenhaften Wesen verfolgt wird, das immer erscheint, sobald sie lügt. Die Erzählung ist wendungsreich und endet mit einem schönen Twist. In der folgenden Erzählung „Der Wit-wenweg“ treffen wir auf Honoria Joseph, Herstellerin von Fächern, deren Mann vor einiger Zeit verschwunden ist. Diese Geschichte ist spannungstechnisch die interessanteste, fragt man sich doch die ganze Zeit, was mit Herrn Joseph geschehen ist – mehr möchte ich hier nicht verraten. Den Abschluss bildet „Das Lied von Glocken und Ketten“ aus der Feder von Laura Purcell (ein weiteres Highlight für mich). Diese Geschichte, die den Krampus-Stoff aufgreift, ist rätselhaft sowie fesselnd erzählt und weist zudem ein überraschendes Ende auf. Man merkt: Trotz des gemeinsamen winterlichen Settings sind die Geschichten thematisch breit gestreut. Der Grusel, der dabei erzeugt wird, kommt nicht mit dem Vorschlaghammer, son-dern ist subtil und zieht sich atmosphärisch latent durch jede Geschichte. Natürlich kann nicht jede Geschichte gleich gut gefallen; jeder wird eigene Lieblinge haben. Bei einem bin ich mir aber sicher: Die Zahl der Geschichten, die man mochte bzw. die einen (mehr oder weniger wohligen) Schauer über den Rücken laufen lassen, werden überwiegen. Insgesamt ist „Win-tergeister“ eine abwechslungsreiche Anthologie mit schönen Schauergeschichten – nicht nur aber insbesondere perfekt für Halloweenliebhaber*innen, die dem Grusel am 31. Oktober noch nicht ade sagen möchten, sondern diesen in die Winter- und Weihnachtszeit verlängern möchten.