Matteo Basso ist irritiert, weil seine Angestellte und platonische Freundin Gisella Tonetti nicht wie gewohnt an ihrem Arbeitsplatz, Matteos Metzgerei, erscheint. Kurze Zeit später wird sie im Am Strand des Lago Maggiore gefunden. Tot. Ertrunken. Da sie eine sehr gute Schwimmerin war, will Matteo nicht an einen Badeunfall glauben. Und obwohl Kommissarin Nina Zanetti ihn bittet, sich aus den Ermittlungen heraus zu halten, kann er es nicht lassen und stellt seine eigenen Ermittlungen an.
„Wer Seelen sezieren kann, der wird es doch mit ein paar Kälberhälften aufnehmen können.“
Dieses Zitat beschreibt sehr gut die Wandlung Matteo Bassos vom erfolgreichen, angesehenen und gut situierten Polizeipsychologen in Mailand zum Metzger in der Marcelleria seiner verstorbenen Eltern in Cannobio am Lago Maggiore. Warum Matteo seinen Arbeitsplatz in Mailand aufgegeben hat, erfahre ich hier noch nicht. Aber es scheint etwas mit seiner Exfrau Teresa zu tun zu haben. Den Liebhaber von Opern, seinem Lancia-Oldtimer und überzeugter Raucher seiner Lieblingsmarke Futura habe ich wegen seiner ruhigen, überlegten, etwas zurückgezogenen Art sofort ins Herz geschlossen.
Zusammen mit seiner Gegenspielerin, der Kommissarin Nina Zanetti, deren Vater er in Mailand schon behandelt hat und in dessen Fußstapfen die Tochter getreten ist, gegen die Beiden ein interessantes Ermittlerpaar ab. Mir scheint, ich habe da auch schon ein paar klitzekleine Schmetterlinge zwischen ihnen fliegen sehen.
Auch die vielen anderen Protagonisten stellt mir der Autor so menschlich, nahbar und ausgestattet mit den verschiedensten Charakterzügen vor, dass ich schnell ein ziemlich klares Bild jeden Einzelnen vor Augen habe. Besonders mag ich hier die drei alten Mechaniker Beppo, Luigi und Flavio, die sich herrlich über Politik und Fußball streiten können, aber immer für Matteo da sind, wenn er sie braucht. Ihnen gelingt sogar die traditionelle Salsiccia, mit der Matteo immer noch seine Schwierigkeiten hat. Und mir zaubern die Drei mit ihrem Humor ein kleines Lächeln ins Gesicht.
Zeigt mir das Cover bereits einen kleinen Ausschnitt des Flairs, den der Lago Maggiore verbreitet, so steigert sich mein Bild im Laufe der Geschichte zur absoluten Schönheit mit seinen kleinen malerischen Dörfern abseits der Touristenroute, seinen kulinarischen Spezialitäten und seinen authentischen Menschen, die hier leben.
Das Thema des Krimis ist aktueller denn je. Geht es hier doch im Großen um die Flüchtlingswelle, die auch heute Italien immer noch an seine Grenzen stoßen lässt. Gut eingearbeitet darin die privaten Sequenzen von Basso, so dass ich ihn mit den Seiten immer besser kennenlerne. Allerdings lenkt das von der eigentlichen Krimihandlung nicht ab. Da findet der Autor gekonnt ein Maß, das Beides gut harmonieren lässt. Anfangs dachte ich, dass sich der Fall schnell lösen lassen würde, was ich aber bald aufgegeben habe. Es ergeben sich immer wieder neue Ansätze, die sich aber als Sackgasse entpuppen. Ich wurde überrascht von einer für mich nicht vorhersehbaren, aber schlüssigen Aufklärung. Genau so wie ich es mag.
Ich habe mich einige Stunden lang von Terrassien in den sonnigen Süden an den Lago Maggiore entführen lassen, wurde bestens unterhalten, mit einer komplizierten Geschichte, die ohne großes Blutvergießen und Action auskommt und dennoch so spannend ist, dass ich mir davon mehr wünsche.