Musik mit Worten, Klappe die Zweite
Wegen einer Verletzung wird Berufstänzerin Sofie beim Ballett gekündigt. Sie ist am Boden zerstört, weil sie ihr ganzes Leben getanzt hat und es das war, was sie ausmacht. Ihre Beziehung zu ihrem Freund ...
Wegen einer Verletzung wird Berufstänzerin Sofie beim Ballett gekündigt. Sie ist am Boden zerstört, weil sie ihr ganzes Leben getanzt hat und es das war, was sie ausmacht. Ihre Beziehung zu ihrem Freund Florian, Choreograph bei ebenjenem Ballett, wird auf eine Zerreißprobe gestellt. Um nicht das Arbeitslosengeld gestrichen zu bekommen, fängt Sofie widerwillig an, in Giacomos kleiner Bäckerei zu arbeiten. Giacomo aber hat eine sehr eigenwillige Vorstellung davon, was es heißt, ordentliches Brot zu backen. Sofie dagegen will eigentlich gar keine Bäckerin sein.
Wie schon der erste Band Buchspazierer ist dieses Buch unfassbar schön. Die Charaktere sind so schön ausgestaltet, individuell, einzigartig und bunt. Ich habe mit jedem einzelnen von ihnen mitgefühlt, mit ihnen gelitten und verzweifelt davor gesessen, wenn mir als Leser klar war, dass die Handlung keine gute Wendung nimmt und dass die Charaktere doch bitte, bitte etwas anderes machen sollen, "siehst du nicht, wohin das führt?". Wenn Sofie und Florian streiten, wenn Florian und Marie Zeit miteinander verbringen, wenn Sofie und Giacomo aneinander vorbeireden... Ich wollte die Figuren schütteln und bitten, Dinge anders zu machen, aber ich konnte nur machtlos davor sitzen und hoffen, dass alles doch noch irgendwie eine gute Wendung nimmt.
Was ich etwas schade finde ist, dass der Autor, wie schon im ersten Band, etwas Probleme mit der Erzählzeit zu haben scheint. Einige Ereignisse werden in die Länge gezogen, andere dagegen durchgespult, sodass man teilweise etwas durch die Geschichte stolpert. Das sorgt zwar für ein kompaktes, kleines Buch, durch das man an einem Nachmittag durchfliegen kann (und auch sollte, es ist so wunderschön, dass man es nicht beiseitelegen kann), aber meiner Meinung wird da Potential verschenkt, da sind einige Dinge, die man noch mehr auskosten könnte.
Ich liebe den Schreib- und Sprachstil. Schon die Figuren sind so schön ausgeformt, aber auch die Beschreibungen. Man kann das Brot förmlich riechen. Die Worte sind so sorgsam gewählt, dass es sich wie Musik anhört (zwar etwas weniger offensichtlich als im ersten Band, aber immer noch deutlich mehr als ein durchschnittliches Buch).
Insgesamt ein wunderschönes, empfehlenswertes Buch.