Die verweste Leiche einer jungen Frau wird am Urban Beach in Montreal angespült. Die Obduktion ergibt, dass sie indianischer Herkunft ist. Die zuständige Sûreté du Québec sieht sich immer wieder mit der Unterstellung konfrontiert, bei indigenen Opfern schlampig und ohne Nachdruck zu ermitteln. Ein Vorwurf, der nicht von der Hand zu weisen ist, denn auch in den Fällen der ermordeten Indianerinnen entlang des Transcanada-Highways, der wegen dieser Morde von Interessenverbänden der First Nations auch als „Highway of tears“ bezeichnet wird, konnte bislang kein Schuldiger dingfest gemacht werden. Deshalb bekommen sie Ted Garner, einen Profiler aus Regina, Saskatchewan zugeteilt, der sie für die Thematik sensibilisieren und bei ihren Ermittlungen unterstützen soll. Er bildet ein Zweierteam mit Jean-Baptiste LeRoux, und Zusammenarbeit der beiden führt - natürlich – zum Erfolg. Der Highway-Mörder wird dank Ermittlungsarbeit überführt, bei der Entlarvung des Mörders der jungen Indianerin hingegen kommt ihnen der Zufall zu Hilfe und offenbart schockierende Details über deren Leben und Sterben in der großen Stadt.
Es sind drei, eigentlich nur zwei Perspektiven, die diesen Kriminalroman prägen. Zum einen die „weiß-kanadische“ des Ermittlerteams LeRoux/Garner, zum anderen die Indigene von Leon Maskisin, Cousin des getöteten Cree-Mädchens, wobei diese unbestreitbar die Interessantere ist.
LeRoux ist mehr mit sich selbst und seinen außerehelichen Liebschaften beschäftigt, als sich um die Ermittlung zu kümmern. Garner mag wohl fähig sein, gefällt sich aber meiner Meinung nach zu sehr in der Rolle des Schopenhauer lesenden Intellektuellen, der mit jeder Menge Zitate LeRoux‘ Angetraute beeindrucken will. Sinn und Zweck in diesem Krimi erschließt sich mir jedenfalls nicht. Teamarbeit findet nur teilweise statt, im Großen und Ganzen macht jeder sein eigenes Ding. Beiden gemein ist jedoch die typisch weiße Überheblichkeit.
Maskisin hingegen lebt das traditionelle Leben der Cree, orientiert sich an den Werten, die ihm sein Großvater beigebracht hat. Er reinigt Körper und Geist in der Schwitzhütte, legt Fallen aus, in denen er Pelztiere fängt, und lebt von dem Erlös der Häute. Und er setzt alles daran, den Tod seiner Cousine zu rächen.
Wenn eine deutsche Autorin einen Roman schreibt, in dem Kultur und Leben der Indigenen Thema sind, bin ich zuerst einmal skeptisch, denn noch immer geistert in vielen dieser Machwerke (meist aus der Schnulzenecke) das über Jahrzehnte vermittelte Bild des Naturburschen herum, der mit wehenden Haaren spärlich bekleidet über die Prärie reitet.
Die Sorge ist bei Frauke Buchholz unberechtigt, hat sie doch im Zuge ihres Studiums quasi Feldforschung in diversen Reservaten betrieben sowie auch einige Zeit in einem Cree-Reservat in Kanada verbracht und sich dort umfassend über deren Kultur und Lebensbedingungen informiert. Und so ist es kein Zufall, dass ausgerechnet diese „First Nation“ im Zentrum ihres authentischen Kriminalromans „Frostmond“ steht, den ich an dieser Stelle all jenen empfehle, die sich für die indigenen Völker Kanadas und der Vereinigten Staaten interessieren.