»Ich bin deine Recherche, wenn du meine Illusion bist«
Um der Enge ihres Elternhauses in Alabama zu entkommen, schreibt sich Indiana Thomson an der Columbia Universität für den Studiengang Kreatives Schreiben ein, denn sie möchte sehr gern Schriftstellerin ...
Um der Enge ihres Elternhauses in Alabama zu entkommen, schreibt sich Indiana Thomson an der Columbia Universität für den Studiengang Kreatives Schreiben ein, denn sie möchte sehr gern Schriftstellerin werden sehr zum Unverständnis ihrer Eltern. Da kommt diese Auszeit von ein paar Monaten gerade recht, wo sie mal machen kann, was sie möchte. New York überrascht Indiana in vielerlei Hinsicht, vor allem ihr Nachbar Alec Carter ist ihr sofort sehr sympathisch und stellt sich sogar noch als Uni-Kommilitone heraus, besucht er doch den gleichen Kurs wie sie. Alec ist der typische Frauenheld, investiert keine Gefühle, sondern will nur eine gute Zeit haben. Allerdings hat er nicht damit gerechnet, dass ihm Indiana so unter die Haut geht. Aber fühlt Indiana auch so?
G.S. Lima hat mit ihrem Buch „Writers in New York“ einen unterhaltsamen und gefühlvollen Liebesroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und zeugt von besonderer Sensibilität den Protagonisten gegenüber. Die Autorin schafft es mit wenigen Sätzen, den Leser in ihre Geschichte hineinzuziehen, wo er einen Logenplatz einnimmt, um sowohl Indiana als auch Alec und ihre Lebensverhältnisse, Einstellungen, Gedanken und Gefühle kennenzulernen. Durch die wechselnden Erzählperspektiven wird die Geschichte locker erzählt und kann zwar nicht mit großen Überraschungen aufwarten, aber die eher ruhige Erzählweise tut ihres dazu, dass man sich als Leser wohlfühlt und bei der Stange bleibt. Neben der zwischenmenschlichen Handlung lässt die Autorin den Leser auch daran teilhaben, was ihr das Schreiben bedeutet. Sie jongliert mit Worten, immer treffend und zielgenau, manchmal poetisch, dann mal vulgär, aber immer geht es um das Arbeiten mit Sprache, was hier sehr kunstvoll zelebriert wird und nebenbei klar macht, welche Kraft Worte eigentlich besitzen.
Die Charaktere sind sehr individuell ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken authentisch und der Wirklichkeit entsprungen, so dass der Leser keinerlei Probleme hat, sich in sie hineinzuversetzen, um ihre Gefühlswelt zu verstehen. Indiana ist eine junge Frau, die sich von ihren Eltern eingeengt und gegängelt fühlt. Sie hat für ihr Leben völlig andere Vorstellungen, sehnt sich danach, sich dem Schreiben zu widmen, wenn sie auch noch unsicher ist, worüber und wie sie schreiben soll. Bisher fehlt ihr einfach die Erfahrung, so dass man ihre Unsicherheit sehr gut spüren kann. Alec ist ein eher nüchterner Mann, der mit Gefühlen nichts anfangen kann. Für ihn sind Erlebnisse und tatsächliche Ereignisse eher eine Inspiration gepaart mit der nötigen Recherche. Dabei fehlt ihm das Quäntchen an Emotionalität, das seinen Geschichten Glaubhaftigkeit verleihen könnte. Alec wirkt oftmals irgendwie weltfremd, obwohl er Indiana gegenüber über das Leben doziert. Man denkt immer wieder, dass er besser seine eigenen Ratschläge mal beherzigen sollte, damit das Leben nicht an ihm vorbeirennt.
„Writers in New York“ ist ein interessanter und gleichzeitig lesenswerter Roman, bei dem es nicht nur um zwischenmenschliche Beziehungen geht, sondern auch um die Macht der Sprache, der Worte, die verletzend, anrührend, berührend oder auch nur beschreibend sein können, aber immer eine Kraft haben, den Menschen zu überzeugen, zum Nachdenken zu bringen oder auch nur zu unterhalten. Verdiente Leseempfehlung!