Eine fantasievolle Geschichte über die Magie der Träume und Wünsche, über Freundschaft und über das Vertrauen in sich selbst
„Ein bisschen Wahnsinn hat noch niemandem geschadet. Dasselbe gilt für die Sehnsucht, denn selbst wenn wir manchmal gar nicht wissen, woher sie kommt oder wohin sie uns führt, ist sie doch die einzige ...
„Ein bisschen Wahnsinn hat noch niemandem geschadet. Dasselbe gilt für die Sehnsucht, denn selbst wenn wir manchmal gar nicht wissen, woher sie kommt oder wohin sie uns führt, ist sie doch die einzige Kraft, die uns über uns selbst hinauswachsen lässt, die Veränderung bringt und Mauern einreißt, seien es nun äußere Grenzen oder Barrikaden in unserem Kopf.“
[Herz aus Nacht und Scherben, Gesa Schwartz, S. 32]
Schon die Leseprobe sorgte bei mir für Gänsehaut, ich wurde neugierig auf die Geschichte von Milou, die in Venedig spielt. Unmittelbar nach dem Lesen habe ich versucht, meine Gedanken auf einen Notizzettel zu bringen, was mir gar nicht so leicht gefallen ist. Es handelte sich um ein sehr besonderes Buch mit einer fantasievollen Geschichte und einem abstrakten, teilweise poetischen Schreibstil.
Das erste Drittel und auch der Beginn gefiel mir richtig gut, ich wurde mit beiden Welten bekanntgemacht, wobei mir die Paralellwelt der Scherben, das Reich der verlorenen Gedanken, Wünsche und Träume, natürlich besonders gut gefiel. Sie wirkte sehr düster und magisch, womit sie eine ganz spezielle Atmosphäre besaß, was durch den abstrakten Schreibstil zusätzlich genährt wurde. Auch war mir Nív, der in der Welt als Rabendwandler lebt, sehr sympathisch, wenn ich ihn zunächst auch nicht greifen konnte. Die „normale“ Welt spielt sich im beeindruckenden Venedig ab, was Gesa Schwartz ebenfalls gelungen beschrieben und in die Geschichte integriert hat. Das Wechselspiel der beiden Welten gefiel mir insbesondere durch die gekonnt geschaffenen Vergleiche richtig gut. Es wurde stets benannt, um welche Gebäude es sich in der normalen Welt handeln würde und wie sie nun, in der Scherbenwelt, dargestellt werden. Einzelne Situationen wirkten traumhaft, oft auch wie Alpträume. Sie wirkten abstrakt und manchmal skurril, der Schein trog mich nicht selten. Es gab manche Situationen, die einen Schauer durch meinen Körper jagten.
Die Charaktere waren allesamt sehr gut gezeichnet, ich hatte sie bildlich vor Augen und musste oft über die gekonnten Beschreibungen schmunzeln. Mein Highlight war der tierische Begleiter des Pala’Dheys. Die Protagonistin Milou wurde mir vor allem zum Ende hin sympathisch, sie durchlebte eine grandiose Entwicklung, indem sie die Rollen umkehrte und endlich an Mut und Leidenschaft gewann. Sie begab sich gemeinsam mit Nív, der zunächst durch manche Aussagen und Handlungen nicht greifbar wirkte, auf eine abenteuerliche Suche nach dem Pala’Dhey, einem mächtigen Magier in der Scherbenwelt. Wer dieser in Wirklichkeit ist müsst ihr selbst herausfinden, für mich stellte diese Tatsache einen gelungenen Plott-Twist dar. Auch Asra fand ich großartig, über sie hätte ich gerne noch mehr erfahren. Jede der Personen besaß seine eigene besondere Vergangenheit, die in den Verlauf einfloss.
Das zweite Drittel des Buches zog sich etwas hin, sodass ich es zwischendurch aus der Hand legte und zu anderen Büchern griff, was mich später etwas raus gebracht hat. Das letzte Drittel konnte aber wirklich alles, was mir zuvor negativ aufgefallen ist, wett machen. Die Spannung wurde nochmal richtig angehoben und ich verliebte mich in die Idee der Geschichte. Vielleicht sollte ich es irgendwann erneut lesen, dann aber in einem Stück, ohne Unterbrechungen. Das Ende war abgeschlossen und traumhaft umgesetzt, im wahrsten Sinne des Wortes… Eine kleine Überraschung, die meine Sympathie und Begeisterung für Milou gesteigert hat. Die Aussage der Geschichte empfand ich als sehr gelungen.
Verliere nie den Glauben an deine Träume und Wünsche. Jeder besitzt ein Herz, das die Welt verändern kann. Und sei es nur die eigene kleine Welt.
„Die Menschen haben das Reich der Scherben vergessen. Aber der Pala’Dhey hat mich daran erinnert, dass wir alle eine solche Welt in uns tragen: ein zerbrochenes, schmerzendes, wunderschönes Herz aus Scherben, das von Sehnsucht regiert wird und nicht von Furcht, Hass oder Zorn – ein Herz, das die Welt verändern kann.“
[Herz aus Nacht und Scherben, Gesa Schwartz, S. 477]
Herz aus Nacht und Scherben gefiel mir trotz seiner Längen insgesamt richtig gut. Ich empfehle es allen, die sich nicht durch abstrakte Schreibstile abschrecken lassen und Lust auf eine fantasievolle Geschichte über die Magie der Träume und Wünsche, über Freundschaft und über das Vertrauen in sich selbst haben. Das Einordnen in eine Kategorie fällt mir aufgrund der Besonderheit und Abstraktheit dieser Geschichte wahnsinnig schwer, es bewegt sich irgendwo zwischen Buchtipp und Liebling.