Berührende Geschichte um einen schwierigen Neuanfang
Greer, die allein erziehende Mutter, hat gewaltige Probleme damit, Job, Privatleben und Kind zu organisieren und unter einen Hut zu bringen. Daneben muss sie erleben, dass sie sich auch auf „gute Freunde“ ...
Greer, die allein erziehende Mutter, hat gewaltige Probleme damit, Job, Privatleben und Kind zu organisieren und unter einen Hut zu bringen. Daneben muss sie erleben, dass sie sich auch auf „gute Freunde“ nicht verlassen kann, wenn es darum geht, ihre kleine Tochter versorgt zu wissen, während sie ihrem Job gerecht zu werden versucht. Auch die eigenwilligen Kunden, die auf Biegen und Brechen ihre Wünsche durchsetzen wollen, sind nicht dazu angetan, Greer das Leben zu erleichtern, im Gegenteil. Diese Wünsche gehen teilweise bis in Greers Privatsphäre, und ich habe mich anfangs wirklich gewundert, wieso die junge Frau alles so mit sich machen ließ. Aber sie war zu diesem Zeitpunkt auf ihr Gehalt angewiesen, da der Vater ihres Kindes sie verlassen hat, um sich selbst zu verwirklichen. Greer ist sich dessen bewusst und geht so manchen (faulen) Kompromiss ein. Als sie dann die Anzeige für ein altes Haus und eine Blaubeerplantage entdeckt und sich gleich darauf stürzt, wurde mir schon angst und bange, wie sie das denn überhaupt bewerkstelligen will, denn vom Blaubeeren-Anbau hatte sie bis dahin keinen blassen Schimmer. Dass sie den Mut aufbringt, sich in dieses Abenteuer zu stürzen, fand ich bewundernswert. Anfangs habe ich mir mit Greer ein wenig hart getan, denn mir fiel es schwer, sie einzuschätzen. Sie wirkte ein wenig emotionslos auf mich. Inzwischen bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass ihr Verhalten die direkte Antwort auf ihre damalige Lebenssituation war. Als sie dann mit Sophie in das alte Haus zieht und Charlie kennen lernt, wird Greer endlich sie selbst. Wie sich das Verhältnis zwischen ihr und dem früheren Besitzer entwickelt, hat mir sehr gut gefallen. Obwohl sie viel Neues lernen muss und obwohl sich rund um die Plantage und das Haus viele Probleme ergeben, wächst Greer über sich hinaus und kümmert sich liebevoll um den alten, kauzigen und schwer kranken Charlie. Greers Neuanfang, ihre finanziellen Sorgen und ihre Probleme, die der völlig fremde Alltag mit sich bringt, das alles schildert die Autorin sehr lebendig und realistisch. Die Art und Weise, wie die junge Frau mit Charlie umgeht und sich dabei auch nicht von seiner oft etwas ruppigen Art abschrecken lässt, hat mir die Protagonistin sehr sympathisch gemacht. Auch alle anderen Charaktere sind in ihrer Wesensart fein ausgearbeitet und so detailliert beschrieben, dass ich sie bildlich vor mir sehen konnte. Die Art, wie Glenna Thomson ihrer Geschichte Atmosphäre verleiht, wie sie die Schauplätze so farbenfroh und authentisch beschreibt, gefällt mir außerordentlich gut. Spätestens ab dem Umzug zur Plantage waren meine anfänglichen Vorbehalte ihr gegenüber völlig vergessen, und ich habe regelrecht mitgefiebert, ob alles nach Plan laufen wird. Der Roman hat mich nicht einfach nur unterhalten, sondern er hat mich emotional mitgenommen und mir bis zur letzten Seite keine Ruhe gelassen. Einerseits ist es ein kurzweiliger Wohlfühl-Roman, aber er hat auch ernste Seiten. Hier geht es nicht nur um einen Neuanfang, der alles andere als ein Honigschlecken ist, sondern daneben auch um eine verlorene Liebe, um Enttäuschungen, Existenzängste und darum, alten, kranken Menschen ihre Würde zu bewahren. Die Autorin bringt die ernsten und die leichten Themen ihres Romans gekonnt unter einen Hut und hat am Ende auch noch ein paar Überraschungen bereit. Die ausgiebigen Erklärungen zum Anbau und zur Ernte der Blaubeeren lassen ein großes Fachwissen bei der Autorin erahnen, was sich auch bestätigt, wenn man ihren Lebenslauf betrachtet, denn sie weiß genau, wovon sie schreibt. Alles in allem ist ihr hier ein außerordentlich schöner Debütroman gelungen, mit Protagonisten, die sich langsam aber sicher in mein Herz geschlichen haben.