Ein verändertes "Vaterland"
Ganz erstaunlich finde ich diesen "Roman, der kein Roman sondern ein Pamphlet sein soll" (so Liepman in seinem 1933 in Paris verfassten Vorwort). Er dürfte einer der ersten sein, die die Geschehnisse in ...
Ganz erstaunlich finde ich diesen "Roman, der kein Roman sondern ein Pamphlet sein soll" (so Liepman in seinem 1933 in Paris verfassten Vorwort). Er dürfte einer der ersten sein, die die Geschehnisse in Deutschland literarisch auch für eine internationale Leserschaft festhalten.
Heinz Liepman erzählt die Geschichte der Schiffsbesatzung, die nach nur 3 Monaten auf See in ein völlig verändertes Hamburg zurückkehrt. Nun, Aufmärsche, Antisemitismus hatte es gewiss auch schon vorher gegeben, aber nun war es geschehen: die Nationalsozialisten hatten die Macht übernommen. Was die Heimkehrer erleben, ist staatlich organisierte Gewalt, Spitzeltum, die organisierte Vernichtung einer ganzen Volksgruppe, willkürliche Verhaftungen, Folter.
Die Reaktionen der Besatzungsmitglieder darauf sind so unterschiedlich wie ihre Gesinnung. Zusammen mit den im weiteren Verlauf auftretenden Figuren verkörpern sie das ganze Spektrum von Verhalten unter der Schreckensherrschaft.
Der Roman wirkt nicht wie aus einem Guss, dies verhindern die Abfolge der einzelnen Episoden und die wechselnden Erzählperspektiven, aber dennoch finde ich ihn faszinierend: wegen der Dichte der Informationen und besonders wegen der Menschlichkeit, die bei der Schilderung all der Grausamkeiten immer wieder durchblitzt. Und immer wieder wird verwiesen auf die aufrechten Menschen, die sich selbst in Gefahr bringen, weil sie sich nicht mit den Gegebenheiten arrangieren können. Das hat mich beeindruckt.