"Mir stand beim Lesen oft der Mund offen, und jetzt, wo ich fertig bin, steht er mir immer noch offen. Das ist wie ein Mythos der Alten Griechen, in die Moderne gebeamt (und nach Niendorf)." Ulrich Matthes
Das neue Buch von Heinz Strunk erzählt eine Art norddeutsches «Tod in Venedig», nur sind die Verlockungen weniger feiner Art als seinerzeit beim Kollegen aus Lübeck. Ein bürgerlicher Held, ein Jurist und Schriftsteller namens Roth, begibt sich für eine längere Auszeit nach Niendorf: Er will ein wichtiges Buch schreiben, eine Abrechnung mit seiner Familie. Am mit Bedacht gewählten Ort – im kleinbürgerlichen Ostseebad wird er seinesgleichen nicht so leicht über den Weg laufen – gerät er aber bald in die Fänge eines trotz seiner penetranten Banalität dämonischen Geists: ein Strandkorbverleiher, der Mann ist außerdem Besitzer des örtlichen Spirituosengeschäfts. Aus Befremden und Belästigtsein wird nach und nach Zufallsgemeinschaft und irgendwann Notwendigkeit. Als Dritte stößt die Freundin des Schnapshändlers hinzu, in jeder Hinsicht eine Nicht-Traumfrau – eigentlich. Und am Ende dieser Sommergeschichte ist Roth seiner alten Welt komplett abhandengekommen, ist er ein ganz anderer …
Seine Romane «Es ist immer so schön mit dir» und «Ein Sommer in Niendorf» waren für den Deutschen Buchpreis nominiert.
Der Klappentext fasst das Buch gut zusammen. Mehr passiert nicht. Ich habe bis jetzt noch nichts von Heinz Strunk gelesen und von dem Hype nichts mitbekommen. Deshalb habe ich das Buch ohne viel Erwartung ...
Der Klappentext fasst das Buch gut zusammen. Mehr passiert nicht. Ich habe bis jetzt noch nichts von Heinz Strunk gelesen und von dem Hype nichts mitbekommen. Deshalb habe ich das Buch ohne viel Erwartung gelesen.
Die Geschichte wird komplett aus der Sicht von Roth erzählt. Der Autor schreibt in knappen Sätzen, zum Teil stichpunktartig. Roth ist ein Mann mittefünfzig in einer Lebenskrise. Anfangs ist er der erfolgreiche Jurist, der sich über das provinziale von Niendorf stellt. Mit der Zeit gerät er immer mehr in eine Krise, die er mit Alkohol ertränkt und dadurch immer weiter in die Abwärtsspirale gerät. Zum Schluss fängt er sich und fängt ein neues Leben an. Dem Autor ist es gut gelungen, die Entwicklung von Roth darzustellen.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Vor allen der schnörkellose Schreibstil hat mir zugesagt.
Ein sehr interessantes Buch, das ich gerne gelesen habe. Ich liebe die Ostsee, war aber noch nie in Niendorf. Mir hat es deshalb gefallen, dass der Ort so schön und idyllisch beschrieben wurde. Im Gegensatz ...
Ein sehr interessantes Buch, das ich gerne gelesen habe. Ich liebe die Ostsee, war aber noch nie in Niendorf. Mir hat es deshalb gefallen, dass der Ort so schön und idyllisch beschrieben wurde. Im Gegensatz dazu ist die Geschichte spannend und besonders. Die Figuren sind vielfältig angelegt und auch ihr Weg zueinander war lesenswert. Es macht Spaß, sie auf ihrem Weg zu begleiten. Das Cover finde ich auch gelungen. Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und kann das Buch empfehlen.
Der erfolgreiche Wirtschaftsrechtsanwalt Dr. Roth mietet vor einem Jobwechsel für drei Monate ein Ferienapartment in dem Ostseedorf Niendorf, um ein Buch über seine Familiengeschichte zu schreiben. Nach ...
Der erfolgreiche Wirtschaftsrechtsanwalt Dr. Roth mietet vor einem Jobwechsel für drei Monate ein Ferienapartment in dem Ostseedorf Niendorf, um ein Buch über seine Familiengeschichte zu schreiben. Nach anfänglichem Unwillen verbringt er mehr und mehr Zeit mit dem Hauswart, Spirituosenverkäufer und Strandkorbverwalter Breda. Immer häufiger frönen beide gemeinsam dem Alkohol, so dass aus Roths ursprünglichem Plan nichts wird und er den Totalabsturz zum Alkoholiker vollzieht. Was am Ende der drei Monate steht, ist dann völlig überraschend. Jedenfalls wird Roth zu einem völlig neuen Menschen, auch dank Bredas Freundin Simone, für Roth geradezu eine Nicht-Traumfrau.
Der Wandel Roths im Laufe seines Arbeitsurlaubs ist faszinierend zu lesen. Am Anfang ist er arrogant, lässt an nichts und niemandem ein gutes Haar, jedenfalls in seinen ausschweifenden Gedanken. Es folgt dann eine Phase der Einsamkeit, in der Roth geradezu nach menschlicher Gesellschaft lechzt. Als er dann bereits dem Alkohol verfallen ist, steht seine Verwirrtheit im Vordergrund und liest sich alles recht konfus. Es gibt viele spaßig anmutende Szenen.
Alles in allem eine schöne Lektüre.
In Thomas Mann Roman der Zauberberg, der auch in Strunks Roman Erwähnung findet, fährt der Schiffsbauingenieur Hans Castorp nach Davos, um für drei Wochen seinen lungenkranken Cousin zu besuchen. Aus ...
In Thomas Mann Roman der Zauberberg, der auch in Strunks Roman Erwähnung findet, fährt der Schiffsbauingenieur Hans Castorp nach Davos, um für drei Wochen seinen lungenkranken Cousin zu besuchen. Aus den drei Wochen werden dann sieben Jahre.
In Heinz Strunks Roman „Ein Sommer in Niendorf“ fährt der Rechtsanwalt Dr. Roth (seinen Vornamen gibt der Erzähler nicht bekannt) nach Niendorf an der Ostsee, um dort die Zwischenzeit bis zum Antritt seiner neuen Stelle mit dem Schreiben eines Romans über seine Familie zu überbrücken. Auch er bleibt länger.
Doch während Hans Castorp hochphilosophische Gespräche mit den Lungenkranken führt, steigt Dr. Roth immer weiter in die Niederungen des Alkoholismus und des Fast-Food-Essens herab. Heinz Strunk erweist dabei nach.seinem Roman „ Der goldene Handschuh“ erneut seine Meisterschaft darin, ausgesprochene (Pardon) Arschlöcher so darzustellen, dass sich die Leserschaft nicht über sie stellt, sondern eher an ihnen verzweifelt. Und ebenso wie im „Goldenen Handschuh“ zieht Strunk alle sprachlichen Register, um das Elend der Figuren darzustellen. Dazu ein Zitat aus dem Anfang des Romans, bei dem einer der Hauptfiguren, der Hausmeister und Depotbesitzer Breda vorgestellt wird: „Breda, Typ langer Lulatsch mit Plauze, strohiges Haar, pergamenthäutig, dünne Ärmchen und Beinchen, hat das Äußere eines Alkoholikers. Unter dem engen T-Shirt zeichnen sich ein halbes Dutzend Speckrollen und zwei auf den Sauf-Spitzbauch herabhängende Titten ab.“ Eigentlich unglaublich, dass der arrogante Schnösel Roth sich weiter mit dieser Person abgibt. Aber Strunk gelingt es, die Annäherung der beiden plausibel darzustellen. Und ebenso plausibel wird der Abstieg des Dr. Roth geschildert.
Hier bietet sich eine weitere Parallele zu Thomas Mann an, jetzt zu dem Roman „Die Boodenbrooks- Verfall einer Familie“. Roth will in Niendorf einen Roman über seine Familie und auch deren Verfall schreiben. Allerdings gelingt es ihm nicht, den richtigen Ton zu finden, wovon einige Zitate in dem Roman Zeugnis ablegen. Strunk dagegen gelingt es, den Abstieg Roths nachvollziehbar und in einem unverkennbaren Ton darzustellen.
Im Gegensatz zu den „Buddenbrooks“ kommt es allerdings zu einem Happy-End, das allerdings auch nicht ungebrochen bleibt. Das letzte Kapitel mit diesem vermeintlichen Happy-End ist überschrieben mit „Apokalypse now“.
Wer den Schreibstil von Heinz Strunk mag und sich nicht vor der Darstellung ekliger Dinge scheut, der findet in dem Roman ein literarisches Vergnügen. Sensible sollten dagegen den Roman meiden.
Zur Zeit der Abfassung der Rezension stand der Roman auf der longlist zum Deutschen Buchpreis 2022. Für mich schwer vorstellbar, dass angesichts der drastischen Sprache der Preis an Strunk verliehen wird. Das Spiel mit den beiden Roman von Thomas Mann dagegen spricht vehement dafür.
Heinz Strunk lässt mich mal wieder ratlos zurück: ist das jetzt große Literatur oder cringe? Vielleicht ja auch beides. Der absolut unsympathische Protagonist urlaubt in Niendorf an der Ostsee und will ...
Heinz Strunk lässt mich mal wieder ratlos zurück: ist das jetzt große Literatur oder cringe? Vielleicht ja auch beides. Der absolut unsympathische Protagonist urlaubt in Niendorf an der Ostsee und will dort seine Familiengeschichte aufschreiben. Insgesamt passiert wenig handfestes in diesem Roman, in dem der Protagonist sich selbst leid tut, säuft und die Lesenden an seinen Gedanken über die Welt und seine Mitmenschen, auf die er durchweg mit arroganter Verachtung schaut, teilhaben lässt.
Mich hat das leider weder auf eine literarisch wertvolle noch auf eine bitter-bös-witzige Art packen können.