Mit "Das Recht zu strafen" hat der promovierte Strafverteidiger Ingo Bott sein Thriller-Debüt vorgelegt.
Eine Sonderkommission der Polizei sowie die Staatsanwältin Anna Sánchez-Amann ermitteln in den Fällen der sogenannten Philosophenmorde.
Für Anna ist es ihr erster großer Fall, den sie eigenverantwortlich leitet und man merkt ihr manchmal leichte Unsicherheiten an. Aber ansonsten ist sie eine toughe Frau, die ihren Job liebt und mit Leidenschaft und Akribie ausübt. Sie ist eine authentische und glaubhafte Figur, da sie Ecken und Kanten hat und auch Schwächen zeigt.
Der zweite Hauptprotagonist ist Strafverteidiger Max Faber. Auch er ist Jurist und insbesondere Strafverteidiger mit Leib und Seele, denn er ist der Meinung, dass jeder ein Recht auf Verteidigung hat, egal was er getan hat. Im Privatleben zeigt er ein bisschen machohafte Züge, er ist ein Frauenheld und steht gern in der Öffentlichkeit. Dennoch mochte ich ihn als Figur, weil er insgesamt sehr charismatisch und authentisch ist.
Beide Protagonisten haben mir gefallen, da der Autor sie sehr lebendig und facettenreich gezeichnet hat.
Gut gefallen hat mir auch, dass der Autor immer wieder die Gedanken, fast wie innere Selbstgespräche, der Protagonisten einfließen lässt. So bekommt man als Leser noch mehr Nähe zu den Figuren.
Die "Philosophenmorde" halten die Soko in Atem und die Ermittlungen gestalten sich ziemlich schwierig. Man kann fast sagen, dass die Ermittler lange Zeit ziemlich im Dunkeln tappen.
Dennoch ist die Story von Anfang an spannend, da ständig die Möglichkeit eines weiteren Mordes besteht.
Der Bezug zur Philosophie gibt der Story noch einen besonderen Touch.
Mit viel Liebe zum Detail erzählt der Autor einen sehr komplexen und undurchsichtigen Kriminalfall, dessen vollständige Zusammenhänge erst am Ende gänzlich klar werden. Und mit Täter und Motiv hat er mich völlig überrascht.
Die vielen juristischen Feinheiten und Details hat der Autor so eingebaut, dass auch juristische Laien sie verstehen. Ich fand diesen Teil sehr interessant und anschaulich.
Es gibt häufige Perspektivwechsel, vor allem zwischen Anwalt Faber und Staatsanwältin Sánchez-Amann sowie der Soko. Diese sind gut gesetzt und tragen zur Spannung bei. Allerdings gehen diese auch oft mit einem Wechsel der Zeitebene einher. Da gibt es Sprünge in die Vergangenheit und auch in die Zukunft. Leider sind diese nicht auf irgendeine Weise gekennzeichnet. Ich hätte mir gewünscht, dass an diesen Stellen nicht nur ein neuer Abschnitt beginnt sondern eine eindeutige Zeitangabe z. B. als Überschrift angegeben wäre. So war das oft sehr verwirrend und hat das Lesen ein bisschen anstrengend gemacht.
Insgesamt hat mich dieser Debüt-Thriller mit seinem komplexen, ausgeklügelten und undurchsichtigen Plot aber gefesselt. Die charismatischen und authentischen Protagonisten, der Bezug zur Philosophie und der mitreißende Schreibstil sorgen für spannende Lesestunden, die mit einem großen und nervenaufreibenden Showdown enden!
Fazit: 4 von 5 Sternen
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