Westwärts
Jacqueline O‘Mahonys Roman setzt ihrem irischen Volk ein Denkmal, das mit der großen Hungersnot Mitte des 19. Jahrhunderts sein größtes nationales Trauma erlitten hat.
Die Autorin wählt eine Heldin, die ...
Jacqueline O‘Mahonys Roman setzt ihrem irischen Volk ein Denkmal, das mit der großen Hungersnot Mitte des 19. Jahrhunderts sein größtes nationales Trauma erlitten hat.
Die Autorin wählt eine Heldin, die aus ihrer Gemeinschaft herausgehoben, geradezu ausgesondert ist, um an ihr die vielfältigen Leiden zu demonstrieren, denen die Menschen aufgrund dieser Lebensbedingungen unterworfen waren. Indem Honora sich von ihren Mitmenschen so gänzlich unterscheidet, hat die Verfasserin Gelegenheit, den Leser mit der vielformigen Welt der irischen Mythen bekannt zu machen.
So verfolgen wir Honoras Lebensweg durch die Fährnisse ihrer Zeit und Gesellschaft, begleiten sie auf ihrer Überfahrt über den Atlantik, um Zeuge zu werden, wie sie nach neuem Ungemach in der Neuen Welt endlich eine ihr gemäße Lebensform findet.
Zwei wesentliche Aspekte dienen dazu, die innere Unabhängigkeit und Stärke der Protagonistin darzulegen: ihre tiefe Verbundenheit mit den mythischen und geschichtlichen Wurzeln ihrer irischen Herkunft und ihre innere Distanz zu den Männern, die ihren Weg kreuzen. Aber schließlich stößt sie auf einen amerikanischen Ureinwohner, der ihre spezielle Wesensart respektiert und teilt, weshalb Honora in ihm den ihr gemäßen Gefährten erkennt.
Dieses breit angelegte Panorama präsentiert O‘Mahony in einer überaus stilisierten, raunenden Sprache, die gelegentlich beim Leser ein leises Befremden auslöst. Auch der für die deutsche Übersetzung gewählte Romantitel ‚Sing, wilder Vogel, sing‘ ist in seiner Diktion mit dem doppelten Imperativ und der Gleichsetzung von Mensch und Vogel allzu pathetisch und überfrachtet mit Emotion.