Die Geheimnisse der Lockwoods
Die stummen Wächter von Lockwood Manor
Als der zweite Weltkrieg über England heranzieht, sieht sich das Natural History Museum in London gezwungen, Teile ihrer wertvollen Sammlung zu evakuieren. Hetty ...
Die stummen Wächter von Lockwood Manor
Als der zweite Weltkrieg über England heranzieht, sieht sich das Natural History Museum in London gezwungen, Teile ihrer wertvollen Sammlung zu evakuieren. Hetty Cartwright, Kuratorin der Säugetiersammlung, begleitet ihre geliebten ausgestopften Tiere in das düstere Lockwood Manor, ein riesiges, beinahe leerstehendes Anwesen auf dem Land. Ihre einzigen Bewohner sind der unsympathische Major Lockwood und seine Tochter Lucy, für die Hetty bald zärtliche Gefühle hegt. Doch seltsame Albträume scheinen die junge Frau zu quälen, Träume von der Weißen Frau, einem blauen Zimmer und einem Ungeheuer, das sie durch das Haus jagt. Die Tiere der Museumsammlung scheinen verstellt zu werden und ein Eindringling hat es offenbar auf Hetty abgesehen. Kann sie die Geheimnisse des dunklen Anwesens lüften, ehe sie selbst anfängt verrückt zu werden?
Meine Meinung
Die stummen Wächter von Lockwood Manor ist das erste Buch von Jane Healey, das mir in die Hände gefallen ist. Die junge Autorin wuchs selbst in einem viktorianischen Bauernhaus auf, in dem es angeblich spuken sollte, und scheint ihre eigenen Erlebnisse und Fantasien in diesem Roman einfließen zu lassen. Ihr Schreibstil ist einer Studentin des Kreativen Schreibens angemessen und oft sehr schön ausgeschmückt mit tollen Beschreibungen, denen aber weniger Wiederholungen und Aufzählungen gutgetan hätten. Die gesamte Atmosphäre, die vor allem am Anfang etwas dunkles und fast schon gruseliges ausstrahlte, konnte mich sofort in den Bann ziehen, auch wenn das Cover meiner Meinung nach eher weniger zu dem Buch passt. Trotzdem ist es natürlich ein echter Hingucker!
Der Einstieg in das Buch fiel mir im Gegensatz zu anderen Lesern sehr gut. Die Geschichte wird hauptsächlich aus Hettys Sicht erzählt, einer jungen, neugierigen Frau, die sich nicht auf Fantasiegeschichten verlässt und den Dingen gerne selbst auf den Grund geht, auch wenn sie anderen Menschen gegenüber zurückhaltender ist. Ihr Charakter hat sehr gut zu dem Buch gepasst, da sie mit ihrer Neugier und dem langen Atem die Handlung in Schach hielt, aber ihre vielen Aufzählungen der Präparate und Räume hätte man durchaus kürzen können. Ihr gegenüber steht die zweite Hauptperson Lucy, die von ihren Albträumen und ihrem Leben mit ihrer verrückten Mutter erzählt und über das Haus und seine Eigenheiten aufklärt. Ein Buch aus ihrer Sicht hätte ich fast noch lieber gelesen, da sie ein sehr zwiespältiger, aber interessanter Charakter ist. Neben ihr verblassten allerdings auch alle anderen Nebencharaktere, die nur aufzutauchen schienen, wenn sie gebraucht wurden.
Die Handlung verdient meiner Meinung nach den größten Kritikpunkt. Am Anfang nahm mich die Geschichte gefangen; Lockwood Manor ist ein unheimliches Gebäude mit viel zu vielen Räumen und knarzigen Dielen, die viel Platz für Fantasie lassen. Der leichte Gruselfaktor hielt mich gepackt und ich wollte die Geheimnisse der Familie Lockwood und ihres Anwesens unbedingt erfahren. Allerdings schaffte es die Autorin in der Hälfte des Buches nicht mehr, die Spannung aufrecht zu erhalten. Viele Dinge wurden bereits aufgelöst, die die Magie von Lockwood Manor nahmen, und ließen das Buch seltsam leer und ohne jede Handlung zurück. Die Geschichte plätscherte nur noch dahin, als wolle die Autorin die Seiten füllen, und man konnte sich nur noch fragen, worauf das Buch eigentlich hinauswollte. Und die Auflösung war nicht weniger enttäuschend – viele Dinge waren entweder zu vorhersehbar oder ein wenig an den Haaren herbeigezogen. Es gab Wendungen, für die ich vorher kaum Indizien ausmachen konnte, weshalb sich bei mir auch kein Schock-Moment einstellen wollte. Am Ende blieb immer noch die Frage im Raum, warum genau diese Geschichte es wert war, erzählt zu werden.
Fazit
Der Schreibstil und die Charaktere haben sehr gut zu der Geschichte gepasst, die die Autorin Jane Healey am Anfang wunderbar zum Leben erwecken konnte. Letztendlich waren wohl ihre eigenen Erfahrungen mit angeblichen Spukhäusern ausschlaggebend, um eine tolle, unheimliche Atmosphäre zu kreieren. Gegen Mitte des Buches ließ der Spannungsbogen allerdings so weit nach, dass mich das Ende nur noch enttäuschen konnte. Insgesamt hatte das Buch durchaus Potenzial, das durch fehlende Spannung aber fast komplett verloren ging.