Moderne Mythologie
Seit ein paar Jahren tauchen in der Buchlandschaft immer wieder feministische oder auch queere Neuerzählungen antiker Sagengeschichten auf. Ich muss zugeben, dass ich bis jetzt noch nicht in das Genre ...
Seit ein paar Jahren tauchen in der Buchlandschaft immer wieder feministische oder auch queere Neuerzählungen antiker Sagengeschichten auf. Ich muss zugeben, dass ich bis jetzt noch nicht in das Genre hinein geschnuppert habe, obwohl ein entsprechendes Buch schon lange auf meinem SUB liegt. Mit „Elektra, die hell Leuchtende“ von Jennifer Saint hat sich das nun zum Glück endlich geändert.
„Elektra, die hell Leuchtende“ erzählt die Geschichte des Trojanischen Krieges aus der Perspektive dreier Frauen. Kassandra, Klytämnestra und die titelgebende Elektra selbst. Die Familienkonstellationen, in denen sich die Protagonistinnen befinden, waren für mich anfangs nicht ganz leicht zu verstehen. Mir fehlt nämlich die Vorbildung bzgl. der griechischen Mythologie. Zwar kenne ich natürlich Namen wie „Odysseus“, „Helena“ oder „Paris“, aber wie genau diese miteinander verbändelt sind, wusste ich nicht. Insofern fiel mir der Start in die Geschichte nicht ganz einfach. Jennifer Saints leichtem und eingängigem Schreibstil ist es zu verdanken, dass ich trotzdem bald schon in die Geschichte und das Griechenland der Götter und Sagen eintauchen konnte.
Ein zusätzlicher Pluspunkt ist, dass ich neben der spannenden Story viel Allgemeinwissen aus dem Buch mitnehmen konnte. Trotzdem ist das Buch keinesfalls eine Art Lehrbuch aus dem Griechischunterricht. Der Text ist aus der Ich-Perspektive geschrieben. Die Autorin gibt viele Inneneinsichten und setzt sich intensiv mit den Gefühlen ihrer Protagonistinnen auseinander. Vor diesem Hintergrund lässt sich „Elektra“ also sicher auch gut lesen, wenn man bereits besser mit dem Mythos um den Trojanischen Krieg vertraut ist.
Ich mag den Ansatz, der bei Elektra, die hell Leuchtende“ und anderen Büchern dieses Genres verfolgt wird. Die meisten altertümlichen Erzählungen und Überlieferungen sind sehr fokussiert auf männliche Helden oder Anti-Helden. Frauen nehmen seltener eine wirklich handlungstragende Rolle ein. (Von christlichen Heiligenmythen vielleicht mal abgesehen.) Ich mag, dass dieser Stoff nun aus einem neuen moderneren und vielschichtigeren Blickwinkel betrachtet werden soll. Diese Vorhaben ist Jennifer Saint mit "Elektra" auch definitiv gelungen.
Fazit:
„Elektra, die hell Leuchtende“ wird definitiv nicht mein letztes Buch dieses Genres gewesen sein. Ich habe jetzt im wahrsten Sinne des Wortes Blut geleckt und freue mich schon darauf, in Zukunft noch mehr Retellings aus der griechischen Mythologie zu lesen. Ganz besonders großes Interesse hätte ich ja an Pesephone und Hades. Ich hoffe, dass es da in Zukunft noch die ein oder andere Neuerscheinung geben wird.
Abschließend möchte ich noch das wunderschöne golden veredelte Cover hervorheben. Ein Schmuck für jedes Buchregal! Da hat der Verlag wirklich ganze Arbeit geleistet!