INHALT
Nachdem Kommissar Axel Steen vor 2 Jahren bei einer großen Undercover-Operation um Haaresbreite sein Leben verloren hätte, hat er inzwischen etwas Normalität in sein Leben bringen können und ist seit kurzem wieder im Dienst. Als ein Mann verstümmelt und brutal zu Tode gefoltert in seiner Wohnung aufgefunden wird, übernimmt Steen voller Elan den Fall. Das Opfer wurde zuletzt von seinem Security-Job gefeuert, war ein notorischer Schürzenjäger und ehemaliger Mitarbeiter des Geheimdienstes PET - verschiedenste Ansatzpunkte um umfangreiche Ermittlungen aufzunehmen. Steen wittert aber schon bald einen Zusammenhang zu einem einige Jahre zurückliegenden, groß angelegten Anti-Terror-Einsatz, den damals Steens neue Freundin Henriette und sein Erz-Rivale Jens Jessen leiteten. Seine Ermittlungen in dieser Sache werden aber wegen der strengen Geheimhaltungstufe vom PET blockiert. Als es einen weiteren Toten gibt, verfolgt Steen trotz aller Widerstände seine heiße Spur weiter …
MEINE MEINUNG
„Aisha“ vom dänischen Autor Jesper Stein ist bereits der 4. Band seiner erfolgreichen Krimi-Reihe um den Kopenhagener Kommissar Axel Steen. Auch ohne die Vorgängerbände zu kennen, kann man den neuesten Fall problemlos lesen, denn es gibt für das Verständnis notwendige Hinweise zu Steens früheren Ermittlungen und seiner Vorgeschichte.
Stein ist erneut ein vielschichtiger und zum Ende hin unglaublich packender Thriller gelungen, in dem er auch gesellschaftskritische Themen anspricht wie Diskriminierung, den Wandel der Stadtteile im Zuge der Immobilienspekulation, aber auch die Problematik von moralisch-ethischen Entscheidungen bei Polizei- und Geheimdienstarbeit.
Durch einen stetigen Wechsel der Erzählstränge baut sich schon bald Spannung auf. Neben der im Jahre 2011 angesiedelten Haupthandlung erfahren wir in einem zweiten Erzählstrang immer mehr Details über einen im Jahr 2007 laufenden Anti-Terroreinsatz des dänischen Geheimdienstes, an dem auch das Mordopfer beteiligt war. Je weiter die Hintergründe der damaligen Vorgänge in den Rückblicken enthüllt werden, desto deutlicher ist es für uns Leser, dass es Zusammenhänge mit dem aktuellen Fall geben muss. Für meinen Geschmack zogen sich diese Enthüllungen aus der Vergangenheit allerdings etwas in die Länge, zumal die titelgebende Aisha als Schlüsselfigur erst nach gut der Hälfte erstmalig erwähnt wird.
Neben Steens Ermittlungen nehmen -wie schon in den früheren Bänden- ausführliche Einblicke in sein Privatleben und seine persönlichen Probleme großen Raum in der Geschichte ein. Der Protagonist Steen ist vom Autor als ein sehr vielschichtiger, hochkomplexer Charakter angelegt, der uns diesmal sogar sehr überraschen kann. Nachdem es mit ihm in den vorherigen drei Bänden stetig bergab ging, ist er nun beinahe nicht wieder zu erkennen. Nach einem Drogenentzug scheint er tatsächlich sein Leben in den Griff bekommen zu haben. Er bemüht sich ein besserer Mensch und vor allem ein zuverlässigerer Vater für seine Tochter Emma zu sein, die panische Angst davor hat, ihn wieder zu verlieren. Überaus glaubwürdig hat der Autor seinen charakterlichen Wandel umgesetzt und präsentiert uns einen Ermittler, der seine inneren Dämonen im Griff hat und sogar kollegiale Seiten zeigen kann – bis ihn dann eben doch durch die stressigen Ermittlungen der Alltag wieder einholt und er in alte Muster zurückfällt. Steen bleibt eben Steen – in allem was er tut, bleibt er authentisch. Mit seinem übergroßen Engagement im Job und seinem Sinn für Gerechtigkeit ist er darüber hinaus auch sehr sympathisch. Auch die übrigen Charaktere sind äußerst plastisch und lebensnah ausgearbeitet, so dass ihre Handlungen für mich weitgehend nachvollziehbar waren.
Richtig packend wird die Handlung aber erst ab der zweiten Hälfte des Buchs, wenn Steen in alter Manier mit seinen Ermittlungen loslegt und man so langsam ahnt, wie die verwirrenden Details aus der Vergangenheit mit dem aktuellen Fall zusammenhängen und welches Motiv sich dahinter verbergen könnte. Nach einigen unvorhersehbaren Wendungen gipfelt der Krimi in einem sehr spannenden Finale, das an Dramatik kaum zu überbieten ist. Die Aufklärung des komplizierten Falls war insgesamt sehr schlüssig und nachvollziehbar, und doch bleiben noch einige offene Aspekte, die Steen sicher nicht auf sich beruhen lassen wird. Mit diesem Ausklang bin ich schon sehr gespannt, wie es im neuen Band weitergehen wird.
FAZIT
Trotz einiger Längen im Mittelteil wieder ein vielschichtiger und zum Ende hin unglaublich packender Krimi mit dem unnachahmlichen Axel Steen!
Eine klare Leseempfehlung für alle Steen-Fans!