Die Heimat ist in dir
Die namenlose Protagonistin im Roman erinnert sich an früher. Ein Gefühl, als ob man mit einer Freundin bei einem Glas Wein am Tisch sitzt und Erinnerungen austauscht. Sie erinnert sich an die Zeit, als ...
Die namenlose Protagonistin im Roman erinnert sich an früher. Ein Gefühl, als ob man mit einer Freundin bei einem Glas Wein am Tisch sitzt und Erinnerungen austauscht. Sie erinnert sich an die Zeit, als sie in einer Einraumwohnung gelebt und in einer Zigarettenfabrik am Fließband gearbeitet hat. Nun, dreißig Jahre später, ist sie Ende 40 und zieht ein Resümee. Wem gegenüber sie sich erinnert, bleibt unklar.
An den ungewöhnlichen Schreibstil muss ich mich erst gewöhnen, aber dann nimmt die Erzählung mich gefangen.Bei aller Ernsthaftigkeit sind die Figuren stellenweise skurril, manche Situationen regelrecht bizarr. Ob es der Zauberer mit seiner mit blauem Lackpapier und silbernen Sternchen beklebten Kiste ist, oder Otis, der sich von nichts trennen kann und Dinge sammelt für den Fall, dass die Welt untergeht. Jede Figur hat ihren Platz, hat ihre Daseinsberechtigung in diesem Buch.
Es passiert nicht viel in diesem Buch und doch passiert so viel; es passiert nichts weniger als das Leben. Ehe, Kind, Scheidung, Neuanfang. Was ist Heimat? Ist Heimat dort, wo wir herkommen, oder dort, wo wir sind? Wer geht den Weg mit uns und für wie lange. Wo bin ich glücklich, wo will ich sein? War das alles? Ein tolles Buch, an dessen Ende ich traurig bin. Traurig, dass es zu Ende ist. Dies war mein erstes Buch von Judith Hermann, aber sicherlich nicht mein letztes. Von mir gibt es 5 Sterne.