Kein leichtes Thema, aber sehr zu empfehlen
In „Suche liebevollen Menschen“ erzählt Julian Borger die Geschichte seines Vaters Robert und weiterer jüdischer Kinder aus Wien, deren Eltern Anzeigen im Manchester Guardian geschaltet haben in der Hoffnung, ...
In „Suche liebevollen Menschen“ erzählt Julian Borger die Geschichte seines Vaters Robert und weiterer jüdischer Kinder aus Wien, deren Eltern Anzeigen im Manchester Guardian geschaltet haben in der Hoffnung, dass sie bei fremden Familien in England Schutz vor den Nazis nach dem „Anschluss“ 1938 finden können.
Da ich von diesen Anzeigen bisher noch nie gehört habe, war ich ziemlich neugierig. Julian Borger führt die Leser mehr oder weniger chronologisch durch das Buch und damit durch das Geschehen. Er erzählt also zuerst von der Zeit des „Anschlusses“ Österreichs an das Deutsche Reich, dann von der Zeit während des Krieges und endet mit den Monaten, Jahren und Jahrzehnten nach dem Krieg.
Diese Art die Geschichten aufzubereiten gefällt mir persönlich auch sehr gut, auch wenn ich dadurch an einigen Stellen Probleme hatte durch viele Sprünge zwischen den einzelnen Geschichten und Personen dem roten Faden zu folgen. Hier gilt es genau auf die Namen zu achten, nicht nur einmal ist es mir passiert, dass ich erst ein paar Absätze später gemerkt habe, dass es wieder um eine ganz andere Person als zuvor ging. Hier hätte ich mir doch eine etwas klarere Abgrenzung gewünscht.
Zwischendurch liefert der Autor auch viele Hintergrundinformationen, die nicht direkt mit den Geschichten zu tun haben, zum Beispiel zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Wien oder in Shanghai (wo die Recherchen zu diesem Buch ebenfalls hingeführt haben). In meinen Augen trägt das sehr positiv zum Lesefluss und zum Gesamtverständnis bei.
Das Buch kann ich persönlich sehr empfehlen, es ist aber natürlich nicht unbedingt leichte Kost. Gerade nach dem Kapitel, in dem die Reise von Fred und Frits durch verschiedene Konzentrations- und Vernichtungslager beschrieben wird, bleibt man mit Gänsehaut und einem bedrückenden Gefühl zurück.