Mein erster Kai Meyer und bestimmt nicht mein letzter!
Endlich mein erster Kai Meyer, und bestimmt nicht mein letzter!
Der im November 2024 im Knaur-Verlag erschienene Roman wird in zwei Zeitsträngen erzählt.
Im Jahr 1933 ermittelt Kommissar Cornelius Frey ...
Endlich mein erster Kai Meyer, und bestimmt nicht mein letzter!
Der im November 2024 im Knaur-Verlag erschienene Roman wird in zwei Zeitsträngen erzählt.
Im Jahr 1933 ermittelt Kommissar Cornelius Frey in einem Doppelmord. Die Opfer: ein Mädchen, das er einen Tag zuvor vor dem Suizid bewahrt hat und ein ehemaliger Polizeikollege. Frey war wegen seiner nicht zur rechten Gesinnung passenden Ermittlungsergebnissen aus dem Dienst suspendiert worden und nun hat man ihn wegen Personalmangels wieder zurückgeholt. Der Satz "Sie weinen alle im Keller ohne Treppe", den das Mädchen Frey zugeflüstert hat, als er sie vor dem Selbstmord bewahrte, wird auch im weiteren Verlauf des Romans noch eine Rolle spielen.
Im zweiten Zeitstrang, der im Jahr 1913 spielt, reist die Lektorin Paula Engels mit ihrem Verlobten Jonathan ins Baltikum. Sie soll dort im Auftrag ihres Verlags das Manuskript des Schriftstellers Aschenbach abholen, der sie bis dahin immer wieder mit der Fertigstellung vertröstet hat. Nach 5 Tagen sind die beiden endlich da. Sie finden im weit abgelegenen Anwesen der Familie Choriander lediglich Aschenbach und die Haushälterin Rasa vor. Familie Choriander ist nach Riga gereist, um dort den Winter zu verbringen.
Bereits das Cover macht Lust auf mehr. Wunderschön anzuschauen mit der großen Bibliothek im Hintergrund strahlt es zugleich Düsternis aus. Es passt gut zum Roman.
Die Handlung hat mich von Anfang gefangen genommen und ich konnte tief in den Roman eintauchen. Der Autor bedient sich einer äußerst bildhaften Sprache, sowohl die Protagonisten Cornelius Frey und Paula Engels als auch die weiteren handelnden Personen konnte ich mir gut vorstellen und mich mit ihnen identifizieren. Landschaften in Livland (heute Teile von Estland und Litauen) mit ihrer schier unendlichen Weite und das Anwesen der Chorianders werden sehr plastisch und atmosphärisch geschildert. Auch bei der Schilderung des Grafischen Viertels in Leipzig mit den Fabriken, Buchhandlungen und dem über allem schwebenden Dampf und Rauch hatte ich sofort Bilder vor Augen. Ich hätte es mir gerne einmal persönlich angesehen, aber leider wurde es 1943 komplett zerstört. Insgesamt würde ich mir eine eventuelle Verfilmung (so es denn eine geben sollte) wahrscheinlich nicht anschauen. Ich würde Gefahr laufen, die in mir entstandenen Bilder zu zerstören.
Die Sprache von Kai Meyer hat mich begeistert. Einerseits leicht zu lesen, auf der anderen Seite mit viel Tiefe. Zitat: "Ich mag ihre Neugier. Und dass sie keine Angst haben. Neugier ist das Gegenteil von Angst. Mit Angst kann es keine Neugier geben." Genau diese Neugier und auch den Mut, Unerklärliches zu ergründen, haben die beiden Protagonisten Cornelius und Paula. Der Lesende erfährt im Laufe des Romans außerdem viel über Geschichte, Okkultismus, Freimaurerlogen und mafiöse Gruppierungen in und um Leipzig.
Die Auflösung und Verbindung der beiden Zeitstränge ist sehr gut gelungen, ebenso die Mischung aus Krimi und Gruselfaktor. Dazu immer wieder die Wut auf die Nazis und darüber, zu was diese Menschen fähig waren.
Insgesamt kann ich das Buch nur wärmstens weiterempfehlen. Wer 528 Seiten nicht scheut, wird an diesem Werk viel Freude haben! Von mir gibt es daher volle 5 Sterne!