Intensiver, atmosphärisch dichter Thriller, allerdings mit kleinen Längen behaftet
Als Faith und ihr Partner Will, zu einem Mord gerufen werden, hoffen beide zunächst auf willkommene Ablenkung von vorherigen, eher tristen Ermittlungsarbeiten. Doch der Ermordete ist kein Unbekannter. ...
Als Faith und ihr Partner Will, zu einem Mord gerufen werden, hoffen beide zunächst auf willkommene Ablenkung von vorherigen, eher tristen Ermittlungsarbeiten. Doch der Ermordete ist kein Unbekannter. Dale Harding war ein Cop wie sie, allerdings gehörte er eher zur korrupten, schmierigen, drogenabhängigen und spielsüchtigen Sorte, der sich auch mal gerne gegen Bezahlung für Kriminelle die Hände schmutzig machte. Doch der Tatort der Leiche gibt den Ermittlern einige Rätsel auf, so werden regelrechte Blutlachen dort aufgefunden, die allerdings nicht von Harding stammten. Während ihrer Ermittlungen, gerät ausgerechnet Angie, Wills Frau, in den Fokus des Geschehens und es muss vermutet werden, dass sie ermordet wurde.
Will ist außer sich, denn auch wenn Angie und ihn stets eine Hassliebe verband, konnte er sich mental doch noch nicht ganz von ihr lösen, was die eigentlich ansonsten glückliche Beziehung zu Wills Freundin, der Rechtsmedizinerin Sara, natürlich äußerst schwierig macht. Aber der neue Fall führt Faith und Will, der eigentlich vom Fall abgezogen wurde, auch erneut zu einem Mann, der bereits wegen angeblicher Vergewaltigung im Fokus der Polizei stand, die ihm jedoch diese Vergewaltigung nie beweisen konnten. Profi Basketballspieler Marcus Rippy gehört nämlich das Lagerhaus, in dem die Leiche von Dale Harding gefunden wurde, doch seine Anwälte und Handlanger schirmen ihn so gut wie nur möglich ab und so wird es sehr schwierig für die Polizei, überhaupt Licht ins Dunkel zu bringen. Als dann auch noch eine ermordete Frau, schlimm zugerichtet, aufgefunden wird, glaubt die Polizei, Angies Leiche vor sich zu haben. Ist sie es tatsächlich und wenn ja, was hatte sie mit dem Ex-Cop Dale Harding zu schaffen? Und wieso stand sie auf der Gehaltsliste von Rippys Helfershelfern?
Mit „Blutige Fesseln“, hat Karin Slaughter bereits ihren achten Band, nebst Kurzgeschichten, um Will Trent, Faith und allen anderen, bereits durch die Vorgängerbände bekannten Akteure, abgeliefert. Allerdings gehöre ich zu den Lesern, die die Vorgängerbände nicht kennen und bin sozusagen ohne Vorwissen in diesen aktuellen Roman der Autorin eingestiegen. Und auch wenn mir das angesprochene Vorwissen, was das Vorleben der Haupt und Nebenfiguren in dieser Serie angeht, gefehlt hat, kam ich dennoch gut in die Geschichte hinein, da Karin Slaughter auch die unwissenden Leser mit allen nötigen Informationen versorgt, die wichtig sind, um ihre Figuren und deren Handlungsweisen verstehen zu können. Für den Verlauf des Kriminalfalles ist das Vorwissen um die Akteure und ihre Beziehungen untereinander, dagegen fast gar nicht relevant- sieht man einmal von Wills und Angies kranker Beziehung und welche Dinge sie in ihrer Kindheit erdulden mussten, ab.
Die Autorin verwebt dennoch den Kriminalfall geschickt mit dem privaten Leben von Will und Angie und man lernt die Akteure im Laufe der Story sehr gut kennen. Zugegeben, während mir Will recht schnell ans Herz wuchs, hatte ich mit der abgezockten und egoistischen Angie so einige Probleme, sie ist keine einfache Romanfigur, allerdings kann man zumindest im Ansatz verstehen, wieso sie so schwierig gestrickt ist, denn sie trägt so einiges an seelischem Ballast mit sich herum. Und ob man es glaubt oder nicht, man entdeckt plötzlich auch eine weiche Seite an ihr.
Ich mag zudem facettenreiche Figuren sehr, da sie zumeist interessanter wirken, als Akteure, die durchweg gut oder durch und durch böse konzipiert sind und so hat mich die Schilderung des Kriminalfalles aus Angies Sicht, noch ein Tickchen mehr interessiert, als die übliche Ermittlungsarbeit von Faith, Will und allen anderen Beteiligten. Dabei ist auch diese packend geschildert worden, allerdings eher nichts für zarte Gemüter, da die Autorin nicht zimperlich umgeht bei Beschreibungen aus dem Bereich der Forensik. Auch ein paar falsche Fährten legt Karin Slaughter für ihre Leser, so dass man sich erst auf den letzten Seiten zusammenreimen kann, wie alle Handlungsstränge miteinander verknüpft sind. Einzig der Spannungsbogen hätte für meinen Geschmack noch ein wenig höher ausfallen können. Zwischendurch fand ich schon, dass sich die Autorin ein wenig zu lange mit der Ermittlungsarbeit aufhielt, selbst wenn diese dadurch an Authentizität gewann. Dafür habe ich einen halben Punkt abgezogen.
Intensiv und unter die Haut gehend geschrieben, empfand ich dagegen Wills Selbstfindung.
4.5 von 5 Punkten.