Zu wenig Handlung für zu viele Seiten
Ich sage es gleich mal vorneweg: „Die fernen Stunden“ konnten mich leider nicht in gleichem Maß begeistern wie Kate Mortons erste beiden Romane „Das geheime Spiel“ und „Der verborgene Garten“. Dabei ist ...
Ich sage es gleich mal vorneweg: „Die fernen Stunden“ konnten mich leider nicht in gleichem Maß begeistern wie Kate Mortons erste beiden Romane „Das geheime Spiel“ und „Der verborgene Garten“. Dabei ist der Roman nach gewohntem Morton-Rezept gestrickt. Wir haben zwei Handlungsstränge – einen in der Gegenwart und einen in der Vergangenheit – und es gilt wieder ein dunkles Familiengeheimnis aufzudecken. Diesmal handelt die Geschichte von Edith Burchill, die als Lektorin in einem kleinen Londoner Buchverlag arbeitet. Zu ihrer Mutter hat sie zwar Kontakt, das Verhältnis ist aber eher frostig. Da erhält ihre Mutter eines Tages einen Brief, der längst als verschollen galt. Der Inhalt dieses Briefes bringt die sonst so kühle und beherrschte Frau zum weinen. Da beschließt Edith, sich auf die Suche nach dem Absender zu machen und kommt nach Milderhurst Castle, wo sie auf drei exzentrische Schwestern trifft, die seit Jahrzehnten in dem Schloss leben und die ein dunkles Geheimnis verbindet. Mortons Schreibstil ist gewohnt angenehm, sie schreibt sehr szenisch, mit viel Liebe zum Detail. So kann man als Leser wirklich gut in die Szenerie eintauchen und erforscht mit Edith das etwas düstere, verfallene Schloss. Auch die Charaktere und deren Gefühle und Entwicklungen hat Morton eigentlich ganz gut beschrieben. Was den Roman aber wirklich nur mittelmäßig macht ist die Geschichte an sich. Dafür, dass der Roman über 700 Seiten dick ist, war kaum Handlung vorhanden. Gerade die erste Hälfte des Romans ist sehr langatmig und fast schon zäh, nach 200 Seiten hat man immer noch das Gefühl, dass die Geschichte noch gar nicht richtig begonnen hat. Erst zum Schluss wird die Geschichte ein wenig interessant und hat sogar spannende Momente. Zu kurz kommt mir auch die historische Komponente. Zwar spielt der Handlungsstrang, der in der Vergangenheit angelegt ist, während des zweiten Weltkriegs, doch obwohl Morton durchaus historische Fakten einbindet, bleibt die Thematik irgendwie auf der Strecke und trägt eigentlich auch nicht wirklich etwas zur Geschichte bei. Auch mit den Charakteren bin ich überhaupt nicht warm geworden und ihre Schicksale haben mich nicht berührt. Die Idee hinter der Geschichte war nett, aber nichts Besonderes und im Ganzen gesehen fast ein wenig banal. Schade, weil Morton ja schon bewiesen hat, das sie gute Geschichten schreiben kann.