Cover-Bild Was uns erinnern lässt
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: HarperCollins
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 416
  • Ersterscheinung: 01.03.2019
  • ISBN: 9783959672474
Kati Naumann

Was uns erinnern lässt

Hunger, Vertreibung, Wiedervereinigung und Versöhnung: In »Was uns erinnern lässt« erzählt Kati Naumann das bewegende Schicksal zweier Frauen vor dem Hintergrund deutsch-deutscher Geschichte und der Kulisse des Rennsteigs im Thüringer Wald. Ein Roman-Highlight für alle Leserinnen von »Altes Land«, »Bühlerhöhe« und Carmen Korns Jahrhundert-Trilogie.

1977 : Das Zuhause der vierzehnjährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten, irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.

2017 : Die junge Milla findet abseits der Wanderwege im Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu erfahren.

Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen.

  • »ein ebenso kenntnisreicher wie berührender Text […] ein Roman, der hervorragend lesbar ist, zu Herzen geht und spannend komponiert wurde« NDR Kultur
  • »Kati Naumann widmet sich ebenso einfühlsam wie eindrücklich einem selten thematisierten Kapitel deutscher Geschichte, aus dem wir noch immer für die Gegenwart lernen können.« BÜCHERmagazin
  • »Dieses starke Stück Geschichte aus der deutsch-deutschen Vergangenheit erzählt von Familie, Heimat, Zwangsenteignung und Schuld.« Neue Presse Hannover
  • »Man blickt dabei in Abgründe staatlicher Gewalt, aber auch in die Abgründe der menschlichen Seele. […] fesselnd erzählt, […] ein ergreifender, aber unsentimentaler Betrag zur Aufarbeitung deutscher Geschichte.« MDR Thüringen
  • »Ein fesselnder Familienroman, der vom Leben in der deutschen Sperrzone im Thüringer Wald erzählt.« Bücher-Magazin
  • »eine warmherzige Geschichte über Freundschaft, sondern auch ein historisches Zeugnis über das Leben der Bürger im ehemaligen DDR-Grenzgebiet mit genauer Recherche und Gesprächen mit Zeitzeugen« Neue Presse Coburg
  • »Kati Naumann beschreibt mit viel Einfühlungsvermögen das Misstrauen der Behörden gegenüber der Familie, die Bespitzlungen, die Schikanen, die brutale Umsiedlung […] Über die gut 400 Seiten baut die Autorin einen Spannungsbogen auf, der auch überraschende Wendungen beinhaltet. […] Ein Buch aus dem Leben, welches noch viel abgeschirmter war, als das der meisten anderen DDR-Bürger.« Sächsische Zeitung
  • »Ein fesselnder Familienroman, der viel Wissenswertes über das Leben in der ehemaligen DDR vermittelt.« News
  • »Der Roman erzählt emotional berührend von einem Familienschicksal, das sich gegen seine Epoche stemmt.« MDR Kultur

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.02.2019

Endstation Hoffnung

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73 Jahre hat Familie Dressel im Hotel Waldeshöh im Dressels Forst gewohnt. Das kleine Hotel mitten im Wald in der Nähe des Rennsteiges beherbergte zuerst gutbetuchte Kurgäste und bot im 2. WK Frankfurter ...

73 Jahre hat Familie Dressel im Hotel Waldeshöh im Dressels Forst gewohnt. Das kleine Hotel mitten im Wald in der Nähe des Rennsteiges beherbergte zuerst gutbetuchte Kurgäste und bot im 2. WK Frankfurter Schülern einen sicheren Unterschlupf. Nach 1945 durften nur noch die Dressels dort wohnen. Das Haus lag jetzt in einer militärischen Sperrzone. Aber jede Woche putzten die Frauen der Familie die Gästezimmer in der Hoffnung, dass bald wieder Wanderer oder FDGB-Urlauber zu ihnen kommen. 32 Jahre lang. Bis 1977.

Als Milla 2017 auf dem Gebiet der ehemaligen innerdeutschen Grenze auf der Suche nach einem Lost Place (verlassenen Ort) eine unter Schutt begrabene Falltür entdeckt, kann sie nicht widerstehen und öffnet diese. Sie ist überrascht, als sie einen komplett eingerichteten Keller entdeckt und den Hinweis, dass er früher zum Hotel Waldeshöh gehörte. Sie findet u.a. Schulhefte von Andreas und Christine Dressel, die letzten sind auf 1977 datiert. Was ist damals passiert? Milla ist von dieser Frage und dem verwunschen wirkenden Ort so fasziniert, dass sie Christine ausfindig macht und von ihrem Fund erzählt. Aber Christine will den Ort nicht sehen: „Ich kann dort nicht mehr hin. Es ist noch in meinem Kopf, so wie es davor war. Und das will ich nicht ändern.“ (S. 85)

Abwechselnd erzählt Kati Naumann die Geschichte der Dressels von 1945 bis 1977 und Millas Bestreben, ihnen nachträglich zu Gerechtigkeit zu verhelfen. Denn diese versuchen seit der Wende erfolglos, Dressels Forst zurückzubekommen. Obwohl Milla und Christine sehr verschieden sind – immerhin trennt sie eine ganze Generation und eine unterschiedliche Vergangenheit – verstehen sie sich gut.
Milla fühlt sich verloren, seit der Vater ihres Sohnes sie verließ. Damals fing sie an, Lost Places zu suchen. An ihnen fühlt sie, dass sie nicht die Einzige ist, die verlassen wurde. Außerdem sie trennt sie sich seither regelmäßig von Dingen, die sie nicht mehr braucht – auch von unliebsamen Erinnerungen.
Christine hingegen hat ein ganzes Zimmer voller Unterlagen der Familie, die bis 1904 zurückreichen. Ein Zimmer voller Andenken. „Ich glaub, ich könnte mit all diesen Erinnerungen nicht leben.“ „Und ich vermutlich nicht ohne sie.“ (S. 227)
Durch das gemeinsame Aufarbeiten der Familiengeschichte ändert sich ihre jeweilige Sicht auf das Leben und bringt ein lang gehütetes Geheimnis ans Licht.

Da ich selber in der DDR aufgewachsen bin, war ich sehr neugierig auf das Buch. Mir war bis jetzt nicht wirklich bewusst, dass die innerdeutsche Grenze am Rennsteig verlief und jahrzehntelang ein recht großer Teil militärisches Sperrgebiet war.

Von Beginn an entwickelt das Buch einen unglaublichen Sog. Kati Naumann schreibt sehr komplex und verwendet eine dichte Erzählsprache.
Ich war fasziniert von der Familiengeschichte, wie die Dressels all die Jahre allein da oben im Wald ausharren und hoffen, obwohl sie immer größeren Repressalien ausgesetzt werden. Am Anfang dürfen sie noch Besuch von Freunden bekommen, bald brauchen sie selbst einen Passierschein, um das Gelände zu betreten oder zu verlassen. Ihnen wird das Telefon abgestellt, der Krankenwagen darf nicht mehr zu ihnen hochfahren, die Post müssen sie sich 8 km entfernt im nächsten Ort abholen. Sie stehen unter der dauernden Beobachtung der Grenzsoldaten. Auf ihren jahrzehntealten Wegen werden Stolperdrähte gespannt, damit sie nur den Hauptweg benutzen. Sie hören nachts immer wieder Schüsse, hochgehende Mienen, Schreie – und wissen nie, ob es ein Reh erwischt hat oder einen Republikflüchtling. „Du kannst Niemanden halten, der nicht bleiben will. Nicht mit Liebe und auch nicht mit Stacheldraht und Tretminen.“ (S. 343)
Ich glaube nicht, dass ich das ausgehalten hätte.
Aber sie lieben ihren Wald. Dressels Forst ist ihre Heimat, ihre Wurzel. Sie leben sehr naturverbunden, halten zusammen und hoffen, dass sie das Waldeshöh wieder als Hotel betreiben können. Um diese Hoffnung und den Zusammenhalt habe ich sie beneidet.

Das Buch ist sehr emotional und aufwühlend. Ich hatte beim Lesen immer wieder Beklemmungsgefühle und musste es kurz aus der Hand legen, über das Gelesene nachdenken. Ich weiß nicht, ob ich so hätte leben können oder wollen. Allein im Wald, und doch gefangen, nur an einer Stelle ein Schlagbaum als Tor zum Rest der Republik.
Ihre Devise hieß: Nur nicht auffallen. Und trotzdem kam immer wieder die Angst hoch, dass man ihnen diese Heimat doch noch wegnimmt.
Ich habe mich beim Lesen an vieles erinnert, was ich zum Teil ganz hinten im Gedächtnis vergraben hatte – wie man sich verhalten musste, was man wem sagen durfte und was nicht, welche Kleidung in der Schule verboten war und welche ausdrücklich erwünscht. Nur die Westpäckchen kenne ich leider nicht aus eigener Erfahrung.

Sehr gefallen hat mir Kati Naumanns poetische Sprache. Einer meiner Lieblingssätze ist: „Sie schob ihre Füße unter das Laub, als wären es Wurzeln, und blieb für einige Zeit unbeweglich, wie einer der Bäume.“ (S. 13)

„Was uns erinnern lässt“ ist eines der Bücher, das noch lange in mir nachhallen wird. Eine sehr emotionale und poetische Geschichte über ein wichtiges Stück verdrängte DDR-Geschichte. #gegendasvergessen

Veröffentlicht am 23.02.2019

Anspruchsvoller Roman über die Bedeutung von Heimat und Vergangenheitsbewältigung

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Kati Naumann hat ein wichtiges Kapitel deutsch-deutscher Geschichte aufgegriffen, indem sie mit dem Schicksal der (fiktiven) Familie Dressel nicht nur das alltägliche Leben im Grenzgebiet des geteilten ...

Kati Naumann hat ein wichtiges Kapitel deutsch-deutscher Geschichte aufgegriffen, indem sie mit dem Schicksal der (fiktiven) Familie Dressel nicht nur das alltägliche Leben im Grenzgebiet des geteilten Deutschland, sondern auch das Thema Zwangsumsiedlung zu elementaren Komponenten ihres Werkes gemacht hat. Behutsam und mit sehr persönlichem Bezug bringt die Autorin den Lesern Hintergrundinformationen näher, die auch Jahre nach der Wiedervereinigung einem Großteil der Bevölkerung sicherlich nicht bekannt sind oder deren Ausmaß vielen Menschen nicht bewusst ist. Dieses bewegende Werk zeichnet sich nicht nur durch ein unglaubliches Maß an Authentizität (– sowohl in Ausarbeitung der Figuren, Glaubwürdigkeit der Dialoge als auch des Lokalkolorits –) aus, sondern besticht zudem durch die unheimlich intensive Recherche, die der Story zugrunde liegt. Private Erinnerungen der Autorin sind ebenso in die fiktive Handlung eingewoben worden wie die Erlebnisse von Zeitzeugen. Bereits im vorangestellten Autoreninterview wird deutlich, wieviel Herzblut in die Aufarbeitung dieses Themas, das lange Zeit als Tabu galt, geflossen ist. – Die im Sperrgebiet lebenden Menschen wurden besonders stark von der DDR-Regierung überwacht: viele von ihnen haben nicht nur jahrelang unter Schikanen gelitten, sie haben auch unverschuldet ihr Zuhause verloren, wurden zwangsumgesiedelt.

Hinsichtlich der Handlung spricht die Inhaltsangabe des Verlags für sich. Ich möchte nur so viel ergänzen: In diesem Roman, der zeitweise an Spannung jedem Krimi Konkurrenz machen könnte, steckt weitaus mehr als die Begegnung zweier Frauen (Milla und Christine), die sich gemeinsam daran machen, ein altes Familienrätsel aufzuklären, langersehnte Antworten zu finden, ein Unrecht anzuprangern und Frieden zu schließen – sei es mit der Vergangenheit oder ihren aktuellen Lebensumständen. Wir lesen von starken Frauen, Selbstfindung, der Sehnsucht nach Heimat, dem Wunsch nach Verbundenheit, der Wichtigkeit von Familie…zu einem Großteil vor dem Setting des Rennsteigs im Thüringer Wald, wo einst das mondäne Hotel Waldeshöh der ganze Stolz der Familie Dressel war. Auch die Frage nach dem Einfluss von Social Media auf unsere Selbstwahrnehmung wird angerissen. Erleben wir nur noch, um online darüber zu berichten? Definieren wir uns darüber, wie andere Menschen (– Fremde? –) uns wahrnehmen?

Erzählt wird aus mehreren Perspektiven und in verschiedenen Zeitebenen, die vom Jahr 1945 bis zur Gegenwart reichen. Ein großes Lob möchte ich der Autorin dafür aussprechen, wie es ihr gelungen ist, derlei unterschiedliche Handlungsstränge gekonnt abwechselnd aneinanderzureihen, dass sie nicht nur ein stimmiges Gesamtbild ergeben und einen tiefen Einblick in den Charakter der Figuren ermöglichen, sondern auch die Spannung konstant aufrechterhalten. Alle Kapitel bauen logisch aufeinander auf und die Handlung ist zu jeder Zeit verständlich; saubere Cuts zwischen den Handlungssträngen &/oder Erzählperspektiven verhindern jegliche Gefahr, den Überblick zu verlieren. Ich habe besonders die optimistische, durch und durch sympathische Figur Johanna als Inspiration empfunden und bewundere die Intensität, mit der die Autorin auch die Nebenfiguren so lebensnah beschrieben hat, dass man als Leser/in meint, Teil der betreffenden Familie zu sein. Der flüssige, mitreißende Schreibstil tut sein Übriges dazu, dass man das Buch am liebsten in einem Rutsch durchlesen möchte.

Das in kühlen Grautönen gehaltene Cover wirkt sehr nostalgisch und erinnert durch die geringe Farbintensität an eine ausgeblichene Fotografie, an eine Erinnerung (was gestalterisch sehr treffend in Bezug auf den Buchtitel ist). Die junge Frau in der Abbildung sieht nachdenklich aus; sie ist umgeben von Natur, scheint jedoch trotz der sie umgebenden Schönheit des Waldes bedrückt. Woran mag sie wohl denken?

Fazit: Dieser anspruchsvolle, emotionale Roman wirkt lange nach und sollte Pflichtlektüre für jeden Geschichtsunterricht mit DDR-Thematik werden. Ich habe mich nicht nur sehr gut unterhalten gefühlt, sondern auch etwas dazugelernt. Verdiente 5 Sterne, Bravo!

Veröffentlicht am 17.02.2019

Ein wundervolles Werk!

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»Was uns erinnern lässt« war mein erster Roman der Autorin Kati Nauman und hat mir sehr gut gefallen. Er greift ein ernstes Thema auf, das sehr ehrlich und greifbar bearbeitet wurde.

Zum Inhalt:
1977: ...

»Was uns erinnern lässt« war mein erster Roman der Autorin Kati Nauman und hat mir sehr gut gefallen. Er greift ein ernstes Thema auf, das sehr ehrlich und greifbar bearbeitet wurde.

Zum Inhalt:
1977: Das Zuhause der vierzehnjährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten, irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.

2017: Die junge Milla findet abseits der Wanderwege im Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu erfahren. Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen.

Die Autorin hat eine sehr flüssige und packende Schreibweise, wodurch sich das Buch trotz des gehaltvollen Themas leicht lesen lässt. Dazu kommt die Aufteilung in einzelne Kapitel, die teilweise mit Jahreszahlen überschrieben sind, wodurch man stets den Überblick der Verläufe behält.
Die Charaktere sind wunderbar bunt und lebendig beschrieben und unterscheiden sich sehr in ihrer Persönlichkeit und Lebensweise. Dieses Aufeinanderprallen macht die Geschichte so richtig spannend.
Dazu der politische Hintergrund und die traurige Vergangenheit der Familie.......ich konnte das Buch nur sehr schwer aus der Hand legen.

Bei dieser Stelle hätte ich beispielsweise sofort entsprechende Bilder im Kopf:
" Elvira suchte die Farben für die Gästezimmer aus" Nicht weiß", sagte sie "Wir sind doch kein Krankenhaus. Orange ist jetzt modern, und braun."

Eine klare Leseempfehlung von meiner Seite!

Veröffentlicht am 14.02.2019

Geschichtsträchtiger Kellerfund

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Die 33-jährige Milla arbeitet in einer Anwaltskanzlei und ist alleinerziehende Mutter. In ihrer knappen Freizeit liebt sie es, sogenannte „Lost Places“ zu entdecken und zu erkunden, worüber sie auch einen ...

Die 33-jährige Milla arbeitet in einer Anwaltskanzlei und ist alleinerziehende Mutter. In ihrer knappen Freizeit liebt sie es, sogenannte „Lost Places“ zu entdecken und zu erkunden, worüber sie auch einen Blog führt. Bei einer ihrer Wanderungen entdeckt sie einen alten verschütteten Keller mitten im Thüringer Wald, wo sich vor vielen Jahren der Grenzzaun der damaligen DDR entlang zog. Bei genauerer Inspektion des Kellers findet Milla einige Gegenstände, die noch gut erhalten sind, aber wie aus der Zeit gefallen wirken. Milla ist fasziniert von ihrem Fund, zu dem auch ein Tagebuch gehört und möchte unbedingt mehr über die ehemaligen Besitzer erfahren, deshalb begibt sie sich auf Spurensuche, die sie auf Christine Dressel treffen lässt, die Verfasserin des Tagebuchs, deren Familie damals das Hotel Waldeshöh betrieb, zu dem der von Milla gefundene Keller gehörte. Bei ihren Gesprächen freunden sich Milla und Christine an und tauchen ab in die ganz persönliche Vergangenheit der Familie Dressel und das alte Hotel…
Kati Naumann hat mit ihrem Buch „Was uns erinnern lässt“ einen sehr berührenden und fesselnden Roman vorgelegt, der mitten ins Herz des Lesers trifft und auch nach der Lektüre nicht loslässt. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll und packend, der Leser verschwindet zwischen den Seiten und kann das Buch kaum aus der Hand legen aufgrund der Fähigkeit der Autorin, die Geschichte spannend und gleichzeitig mit dem nötigen Fingerspitzengefühl zu erzählen, wobei auch ihre akribische Recherche zum Tragen kommt. Die Handlung bewegt sich auf zwei Zeitebenen, von denen die eine die Gegenwart um Milla, ihren Kellerfund und die Begegnung mit Christine darstellt, die andere lässt die Zeit im Jahr 1977 und früher wieder aufleben, die das Leben von Christines Familie in dem damaligen Sperrgebiet der DDR wiederspiegelt. Wie sehr die Familie unter Repressalien leiden musste und durch Schikanen der DDR-Führung drangsaliert wurde, macht sprachlos und lässt erahnen, dass dieses Schicksal auch viele andere Menschen getroffen haben muss. Von der Allgemeinheit völlig abgeschnitten und von der Außenwelt abgeschirmt stellt sich ein recht einsames und auch verzweifeltes Leben dar, wobei gerade die Frauen die starken Persönlichkeiten innerhalb dieser Zeit sind, denn sie finden Mittel und Wege, das ihnen zugewiesene Leben zu ertragen und im alles nur Erdenkliche abzugewinnen.
Die Charaktere wurden von der Autorin sehr lebendig gestaltet, sie wirken hautnah, stark und vor allem sehr menschlich und authentisch. Gerade die Frauen aus dem Vergangenheitspart wirken kraftvoll und unerschütterlich, wobei ihr Leben kein Zuckerschlecken war und sie in ihrer Handlungsfähigkeit doch sehr eingeschränkt, da sie sich den Gegebenheiten gezwungenermaßen anpassen mussten. Auf der Gefühlsebene zieht die Autorin mit viel Fingerspitzengefühl sämtliche Register, so dass der Leser eine emotionale Achterbahn durchmacht, denn von Trauer, Wut, Resignation sowie Hoffnung und schöne Momente ist alles vertreten. So wachsen die Protagonisten dem Leser sehr ans Herz und man teilt sowohl Freud als auch Leid mit ihnen sehr intensiv.
„Was uns erinnern lässt“ isst ein sehr atmosphärischer Roman über eine Zeit in Deutschland, die man so offen noch nie gelesen hat. Sehr anrührend und fesselnd erzählt, dass man darüber die Zeit vergisst. Absolute und sehr verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 13.02.2019

Ein sehr bewegener Roman

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Die alleinerziehende Mutter Milla, arbeitet in einer Anwaltskanzlei und ist zum Ausgleich immer wieder auf der Jagd nach verlorenen Orten, so genannter Lost Places. Auf den Rennsteig-Höhenkamm des Thüringer ...

Die alleinerziehende Mutter Milla, arbeitet in einer Anwaltskanzlei und ist zum Ausgleich immer wieder auf der Jagd nach verlorenen Orten, so genannter Lost Places. Auf den Rennsteig-Höhenkamm des Thüringer Waldes stößt sie auf überwucherte Gebäudereste. Sie entdeckt eine Falltür, darunter führt eine Steintreppe in den Keller. Es ist ein gut sortierter Wirtschaftsraum mit beschrifteten Marmeladengläsern sowie alten Zeitungen aus dem Jahre 1977 und Geschirr mit dem Brandstempel Hotel Waldeshöh. Daneben stapelten sich alte Schulhefte von Christine und Andreas Dressel, die den toten Ort mit Leben in Verbindung bringen. Milla versucht, die ehemaligen Bewohner des Hauses zu finden und entdeckt dabei auch ihre eigene Identität.

Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen. Der Vergangenheitsstrang erzählt die Geschichte des Hotels Waldeshöh und seiner Bewohner, der Familie Dressel, die in der Sperrzone am Rennsteig gelebt haben. In der Gegenwart begleitet der Leser Milla bei der Kontaktaufnahme mit der Familie Dressel und sieht wie die Begegnung zwischen Milla und Christine Dressel beide Frauen verändert.

Die beiden Erzählstränge wechseln sich ab. Nach und nach wird dabei aufgeklärt, was am 2. Juli 1977 geschah. Die Atmosphäre hat die Autorin großartig eingefangen. In diesem Roman von Kati Naumann konnte ich hinter die Fassade der ehemaligen DDR blicken und habe einiges mehr erfahren. Das Leben in den Sperrzonen und die Repressalien, die mit der Zeit immer schlimmer wurden, so dass den Menschen dort kaum mehr ein normales Leben möglich war. Jemand, der so etwas nicht selbst erlebt hat, kann nur ungläubig den Kopf schütteln.

Kati Naumann erzählt in einem berührenden und flüssigen Schreibstil. Ich konnte mich schwer ihrer Erzählweise entziehen. Der Roman hat mich sehr bewegt, es war eine spannende Zeitreise, toll recherchiert und absolut lesenswert. Für mich schon jetzt ein Jahreshighlight!