Resozialisierung in eisiger Kälte
Die 6 Jugendlichen Benny, Dattel, Seven, Kaya, Fee und Crash werden die nächsten 3 Monate auf der ausgemusterten Forschungsstation Neumeyer III in der Antarktis verbringen. Sie machen jedoch keineswegs ...
Die 6 Jugendlichen Benny, Dattel, Seven, Kaya, Fee und Crash werden die nächsten 3 Monate auf der ausgemusterten Forschungsstation Neumeyer III in der Antarktis verbringen. Sie machen jedoch keineswegs Urlaub dort, sondern sie sind mit 2 Betreuern der Agentur „Social Adventures Network“ an den Südpol geflogen worden, um dort die letzte Chance auf Resozialisierung zu erhalten, denn sie alle haben eine mehr oder weniger dicke Strafakte.
Die Kids und ihre Betreuer scheinen auf der riesigen Forschungsstation jedoch nicht alleine zu sein, denn es passieren merkwürdige Dinge und es scheint als ob jemand ganz und gar nicht einverstanden damit ist, sein „Zuhause“ teilen zu müssen. Nicht zu wissen ob es diesen „Einsiedler“ tatsächlich gibt, oder ob sich vielleicht jemand aus der Gruppe üble Scherze mit den Anderen erlaubt, zerrt an den Nerven aller.
Bei einem ihrer Ausflüge in die unwirtliche Umgebung der Forschungsstation, die sie über das Schelfeis führt, werden die Jugendlichen Zeuge einer Walfang-Aktion und sie alle sind schockiert über das Gesehene, so dass sie gemeinsam ein Zeichen gegen den Walfang setzen wollen.
Erreichen sie mit dieser Aktion ihre endgültige Resozialisierung oder sind sie weiter davon entfernt als jemals zuvor?
Katja Brandis führt den Leser in ihrem Buch „White Zone – letzte Chance“ ins Jahr 2030. Die Menschen sind durch Datenbrillen, Communicatoren und Hirnschnittstellen (BrainConnect) mehr denn je mit dem Internet verbunden, sie leben quasi online. So wundert es nicht, dass Betreuer Martin die Kids in der Antarktis in erster Linie mit Internet-Abstinenz straft - jeder hat am Tag nur eine Stunde freien Internetzugang. So wirklich unvorstellbar finde ich diesen Gedanken gar nicht, wenn man sieht, wie viel Zeit wir heute schon online verbringen und wie wichtig Soziale Netzwerke geworden sind. Nur die Hirn-Schnittstelle mag ich mir noch nicht so recht vorstellen ….
Die Geschichte wird überwiegend aus der Sicht von Crash erzählt, die mir von Anfang an sehr sympathisch ist. Der Leser lernt die Jugendlichen erst nach und nach kennen und manche Dinge bleiben bis kurz vor Schluss verborgen. Eines haben sie jedoch alle gemeinsam – sie haben (meist mehrfach) richtig großen Mist gebaut und man gibt ihnen nur noch eine einzige Chance um sich anzupassen und ins richtige Leben zurück zu finden. Kinder, die wahrscheinlich zu Hause keinerlei Nestwärme erfahren haben und die mit ihren haarsträubenden und gefährlichen Aktionen nichts anderes tun als einen Hilfeschrei abzusetzen, der von den Eltern mit Kinderheim und Pflegefamilien beantwortet wird.
Diese straffällig gewordenen Jugendlichen sind mit 2 Betreuern in die Antarktis verfrachtet worden, wobei man Sara nicht wirklich als Betreuerin bezeichnen kann. Sie ist für die Verpflegung der Kids zuständig und ansonsten hält sie sich eher von der Gruppe fern. Die ganze Last liegt auf Martin, der jedoch durch einen Unfall außer Gefecht gesetzt wird und so müssen sich die 6 mehr oder weniger zusammenraufen, um in der unwirtlichen Umgebung zu überleben. Es macht Spaß zu sehen, wie sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt, wo anfangs nur ein Gegeneinander zu finden war.
Auch auf Neumeyer III sind die Kids nicht die Vorzeige-Jugendlichen und die eine oder andere durchgeführte Aktion ließ mich heftig mit dem Kopf schütteln. Was mir aber total imponiert hat ist die Vehemenz, mit der sie ihr gestecktes Ziel verfolgen und nicht mehr aus den Augen lassen – egal, welche Konsequenzen das für sie selbst letztendlich haben wird.
„Die Tragödie des Lebens liegt nicht im Nichterreichen seines Ziels...
Die Tragödie des Lebens liegt darin, keine Ziele zu haben, die man erreichen kann“
(Benjamin Mays)
An den Büchern von Katja Brandis gefällt mir jedes Mal aufs Neue:
ihre hervorragende Recherchearbeit, denn alles, was über über die Forschung und die Zustände in der Antarktis von ihr in diesem Buch beschrieben wird, basiert auf Tatsachen
die Verknüpfung einer fiktiven Geschichte mit aktuellen Aspekten unserer Umwelt, wie hier die Walfang-Aktion, die die Kids zum Handeln verleitet.
Wieder einmal konnte ich feststellen, dass es Jugendbücher gibt, die mich fesseln und begeistern können. „White Zone“ ist nunmehr das 4. Buch von Katja Brandis und ich hoffe, dass es zukünftig noch mehr jugendlichen Lesestoff von ihr geben wird.