"Wer?" Um des Effekts willen beugte ich mich vor und raunte genauso geheimnisvoll wie sie. "Wer ist gnadenlos?" [...] Anabel schwieg ein paar Sekunden, dann flüsterte sie: "Er hat viele Namen. Er ist der Windmann. Hüter der Schatten. Dämon der Nacht." Der Korridor verdunkelte sich merklich. Ein kalter Lufthauch streifte meine Arme, und ich spürte, wie sich die Härchen in meinem Nacken aufstellten.
[S. 174 f.]
Erster Satz:
Der Hund schnüffelte an meinem Koffer.
Inhalt:
Als Liv Silber mit ihrer kleinen, feinen Familie in London anreist, ahnt sie noch nicht welches Abenteuer sie hier erwartet. Denn der einzige Wunsch des jungen Mädchens ist es, dass ihre Mutter nun endlich in dieser Stadt bleibt. Sechsmal hieß es schon: Taschen packen, Alltag verlassen, in eine neue Stadt reisen und wieder von vorne beginnen. Doch man sollte vorsichtig mit seinen Träumen sein, denn manchmal könnten sie wahr werden – im wahrsten Sinne des Wortes. Kaum in London zu Bett gelegt, träumt Liv komische und ganz schön abgedrehte Sachen: Von dem süßen Typ am Flughafen, ihrem neuen „Bruder in Spee" und einigen anderen, sehr fragwürdigen Ereignissen. Doch warum Panik schieben? Schließlich kann man im Traum machen was man will. Die Szenerie ist schließlich nicht real. Oder doch?
Idee/ Umsetzung:
Rosa Zuckerwatte, Regenbögen aus Schokolade und eine kunterbunte Welt aus Wunsch und Sehnsucht – So sehen meist unsere Tagträume aus... In der Realität träumen wir jedoch immer die verrücktesten und manchmal auch gruseligsten Sachen. Schon immer hat mich das Träumen fasziniert und deshalb fand ich es mehr als schade, wenn sich der sanfte Kuss eines schönen Traumes zu schnell in Schall und Rauch verwandelte. „Silber – Das erste Buch der Träume“, passte nicht nur deshalb perfekt in meine Leserhände, weil mich das wunderschöne Cover verzauberte, sondern zuletzt auch, weil die Thematik einfach spannend, neu und faszinierend ist. Kerstin Gier hat hier ein sehr süßes und zuckriges Ideennetz gesponnen, welches die Buchwelt lebendig macht. Zudem zeigt die Autorin, wie auch schon bei der Rubinrot-Trilogie, dass sie es vermag ihre Ideen gekonnt umzusetzen. So überzeugt das erste Buch der Träume durch Witz und ganz viel Herz.
Schreibstil:
Die Wörter aus der leichten, süßen und herzlichen Schreibfeder von Frau Gier mögen, wie von ihr gewohnt, durch viel Charme, Witz und Leichtigkeit, ihre Leser, ob jung oder alt, zu bannen. Ich finde, ihr neustes Werk ist wie eine Mousse au chocolat: Auch wenn der Bauch voll ist, für einen nachträglichen, schmackhaften Leckerbissen ist immer noch Platz. Man kann sich dem Wortgeflüster der Autorin einfach nicht entziehen und so löffelt man sich durch das Buch, bis man die letzte Seite, traurig und seufzend, zwischen seinen Fingern hält.
Charaktere:
Auch die Figuren in der Geschichte sind an ein lockeres und leichtes Grundprinzip angelehnt und bieten mir so eine einzige, kleine Fläche der Kritik. Auf der einen Seite mochte ich die Charaktere alle sehr gerne, besonders Liv, mit ihrer rationalen und taffen Art, hat mir unglaublich zugesagt und so habe ich sie sehr gerne durch dieses Abenteuer begleitet. Jedoch hat mir rückblickend eine gewisse Spannung zwischen den Buchfiguren gefehlt. Irgendwie plätschern die Beziehungen so daher, aber es gibt keine Verbindung, die mich auf emotionaler Ebene, ganz überzeugen konnte. Die Bösewichte, die Liebespaare, alle vermochten mich nicht zu 100% zum Kochen zu bringen. Ein größerer Knister- oder Gruselfaktor, hätten mir wahrscheinlich besser gefallen. Aber am Ende bin ich doch ganz zufrieden und halte ausschließlich Ausschau nach dem letzten, feinen i-Tüpfelchen des Werkes, der sich dann (hoffentlich) in der Fortsetzung finden lässt...
Cover/ Innengestaltung:
Das Cover spricht wohl für sich und passt auch perfekt zu dem Charme der Autorin und ihrer Art die Leser zu fesseln. Es wirkt magisch, niedlich und abenteuerlich und macht augenblicklich Appetit auf den Inhalt. Aber auch die Innengestaltung kann ganz gut für sich sprechen und setzt die süßen Elemete des äußeren Buchkleides fort. Deshalb kurz und knapp: Leckere Verpackung, die nicht zu viel verspricht, sondern Hand in Hand mit den Erwartungen geht.
Fazit:
Geheimnisvoll und magisch lacht einen die schwarze, verschnörkelte Buchdeckel-Türe von „Silber – Das erste Buch der Träume“ an und lockt jede interessierte, verträumte Nase, mit gespielter Leichtigkeit hinter seine Seiten. Mit viel Witz und Fantasie nimmt Kerstin Gier ihre Leser direkt nach dem Betreten an die Hand und erzählt von verzauberten, traumhaften Türen, bösen Dämonen und Schweizer Käse. Es entsteht ein spannendes und mitreißendes Abenteuer, welches locker und flockig, wie Mouse au chocolat auf der Zunge zergeht und am Ende in eine Schokoladen-Depression führt, die sich nur mit einem weiteren Abenteuer um Liv, Henry und den Rest der Bande, besiegen lässt. Also, liebe Frau Gier, nehmen sie den Löffel.. äh ich meine die Feder in die Hand und schreiben Sie! Bitte, schreiben Sie und geben Sie mir einen erneuten Leckerbissen zu löffeln. Und an alle Schokonasen da Draußen: Löffelt dieses Werk! Löffelt! So löffelt doch!