Cover-Bild Traumsammler
13,00
inkl. MwSt
  • Verlag: FISCHER Taschenbuch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 448
  • Ersterscheinung: 25.09.2014
  • ISBN: 9783596198207
Khaled Hosseini

Traumsammler

Roman
Henning Ahrens (Übersetzer)

Der Nr.1-Spiegel-Bestseller jetzt im Taschenbuch!

Millionen Leser haben auf seinen neuen Roman gewartet: In ›Traumsammler‹ erzählt Khaled Hosseini die bewegende Geschichte zweier Geschwister aus einem kleinen afghanischen Dorf. Pari ist drei Jahre alt, ihr Bruder Abdullah zehn, als der Vater sie auf einem Fußmarsch quer durch die Wüste nach Kabul bringt. Doch am Ende der Reise wartet nicht das Paradies, sondern die herzzerreißende Trennung der beiden Geschwister, die ihr Leben für immer verändern wird.

Ein großer Roman, der uns einmal um die ganze Welt führt und in seiner emotionalen Intensität und Erzählkunst neue Maßstäbe setzt. Fesselnder, reicher, persönlicher als je zuvor.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.02.2018

Ungeschönt, real und berührend!

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Allgemeines:

Titel: Traumsammler
Autor: Khaled Hosseini
Verlag: FISCHER (25. September 2014)
ISBN-10: 3596198208
ISBN-13: 978-3596198207
ASIN: B00COWO1FW
Seitenzahl: 448 Seiten
Originaltitel: And the ...

Allgemeines:

Titel: Traumsammler
Autor: Khaled Hosseini
Verlag: FISCHER (25. September 2014)
ISBN-10: 3596198208
ISBN-13: 978-3596198207
ASIN: B00COWO1FW
Seitenzahl: 448 Seiten
Originaltitel: And the Mountains Echoed
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
12€ (Gebundene Ausgabe)
10,95€ (Taschenbuch)


Inhalt:

"Ich weiß eine kleine, traurige Fee,
Die wurde vom Wind davongeweht."


In ›Traumsammler‹ erzählt Khaled Hosseini die bewegende Geschichte zweier Geschwister aus einem kleinen afghanischen Dorf. Pari ist drei Jahre alt, ihr Bruder Abdullah zehn, als der Vater sie auf einem Fußmarsch quer durch die Wüste nach Kabul bringt. Doch am Ende der Reise wartet nicht das Paradies, sondern die herzzerreißende Trennung der beiden Geschwister, die ihr Leben für immer verändern wird.
Ein großer Roman, der uns einmal um die ganze Welt führt und in seiner emotionalen Intensität und Erzählkunst neue Maßstäbe setzt. Fesselnder, reicher, persönlicher als je zuvor.


Bewertung:

"Das Seil, das vor dem Ertrinken rettet, kann zu einer Schlinge werden, die einen zu erdrosseln droht."

Das ist mein erstes Buch von Khaled Hosseini und nach diesem werde ich unbedingt alle vorhergegangen und zukünftigen Lesen! Ich habe es noch nie erlebt, wie ein Autor auf so sensible und einfühlsame Art und Weise ein solch komplexes Konstrukt aus Handlungssträngen unter Kontrolle halten kann. Ich bin zutiefst beeindruckt und berührt von der Intensität mit der Lebenssinnsuche, Familiengeschichte und afghanischer Realität hier rübergebracht werden.


"Jenseits unserer Vorstellungen
Von guten und schlechten Taten
Erstreckt sich ein Feld.
Dort werde ich dich treffen."
-Dschalaluddin Rumi, 13. Jahrhundert -


Streng genommen sind das nicht wirklich die ersten Worte dieses Romans sondern nur ein vorangestelltes Zitat eines Gedichts von Rumi, dem wohl bedeutendsten arabischen Dichters, dieses Zitat passt aber so unwahrscheinlich gut auf diese Geschichte, dass ich es unbedingt anführen musste. Die wirklichen ersten Sätze stammen von Vater Saboor, der seinen zwei Kinder Abdullah und Pari in seinem ärmlichen Haus in Shadbagh eine Geschichte erzählt. Dass dieses Märchen, in dem der arme Bauer Baba Ayub, einem Dämonen einen Sohn opfern muss, den Jüngsten, Quais, um seine restliche Familie zu retten und erst Jahre später erfährt, dass er ihm damit ein wohlhabendes und glückliches Leben ermöglicht hat, Fabel für die herzzerreißenden Trennung der beiden Geschwister wird, ist dem aufmerksamen Leser schon bald klar, bei Einschlafen wissen die beiden Geschwister aber noch nicht, auf welch einschneidende Weise diese Gutenachtgeschichte ihr Schicksal spiegelt. Nach dem "Einen Finger abschneiden, um die ganze Hand zu retten"-Motto, welches auch in dem alten Märchen dargestellt wurde, bringt Saboor seine kleine Tochter Pari gleich am nächsten Tag zu reichen Pflegeeltern nach Kabul, wo diese gegen Geld aufwachsen soll. Ob sich die beiden Geschwister jemals wieder sehen werden, bleibt unklar, während sich die Geschichte erstmal einigen Rückblenden und anderen Figuren widmet, bevor sie wieder zu dem getrennten Geschwisterpaar zurückkehrt, welches zwar nicht wie im Klapptext angekündigt Haupthandlungsstrang aber wohl der rote Faden wird.


"Bis wir alt sind.
"Uralt."
"Für immer."
"Ja, für immer."
Sie drehte sich auf dem Karren zu ihm um. "Versprichst du mir das, Abollah?"
"Für immer und ewig."


Die in 1952 beginnende Geschichte über das politisch geschundene, unterdrückte und geknebelte Afghanistan erstreckt sich über 9 Kapitel, nahezu 50 Jahren bis ins moderne 2010 und entführt ungeschönt, real und berührend zu einer Familie voller verlorener Gestalten mit eindringlichen Schicksalen. Das Besondere, Mitreißende und zugleich Komplizierte der Geschichte sind die vielen Handlungsstränge, die kunstvoll über einige Jahrzehnte gespannt und feinfühlig miteinander verknüpft werden. Dabei erzählt das Buch weniger eine zusammenhängende Geschichte sondern präsentiert stattdessen eine Art Kurzgeschichtenreihe mit Protagonisten, deren Lebenswege sich mal mehr, mal weniger mit den Wegen anderer Protagonisten kreuzen.


"Wenn man nicht weiß, wo man als Mensch seinen Anfang genommen hat, kommt einem das Leben unwirklich vor. Wie ein Puzzle, tu comprends? Als würdest du dich mitten in einer Geschichte, deren Anfang du verpasst hast, fragen, wie sie begonnen hat."


Auch wenn es durch die vielen Zeitsprünge, Erzähllücken und Charakterwechsel sehr schwer ist, der Geschichte zu folgen und ich deshalb gerade zu Beginn ein wenig Schwierigkeiten hatte, in den Plot einzusteigen, was Kritiker Hosseini immer wieder vorwerfen, habe ich sehr schnell daran Gefallen gefunden, zeitweiliger Beobachter vieler verschiedenen Schicksale zu sein und die Genialität hinter dieser Puzzle-Methode des literarischen Kennenlernens entdeckt. Durch die vielen Lücken, die man sich als Leser selbst füllen muss oder eher darf, erhält die Geschichte etwas Wahrhaftiges und jedes Mal wenn sich ein gezogener Kreis schließt und der Erzählteppich, den der Autor aus dem roten Faden webt, ein Stücken größer und stabiler wird ging mein Herz ein wenig mehr auf. Genauso sollte eine Geschichte sein!


"Gott allein weiß, warum die beiden einander erwählt haben. Es war mir ein Rätsel. Nie habe ich zwischen zwei Geschöpfen eine solche Seelenverwandtschaft gespürt."


Das Setting ist dabei ebenso abwechslungsreich und bunt wie die Charaktere. Khaled Hosseini führt uns aus dem kleinen afghanischen Dorf Shadbagh in die größere Stadt Kabul, nach Paris, auf die kleine griechische Insel Tinos, nach Indien und letztendlich in die USA. Doch auch wenn der Handlungsort auch noch so weit weg von Afghanistan zu sein scheint, eine feste Verbindung zu diesem gebeutelten Land gibt es immer. An jeder Kleinigkeit, Feinheit, scheinbaren Belanglosigkeit und in jedem Nebensatz, den der Autor über dieses Land schreibt, kann man seine Liebe und Faszination für die Kultur und Landschaft und die Menschen dort ablesen. Es werden gleichsam die schönsten und hässlichsten Seiten des Heimatlandes des Autoren präsentiert, die dunkle Zeit der Invasionen der Sowjets, der Amerikaner und der Taliban findet unkommentiert und objektiv einen Platz genau wie starke Frauenfiguren, der Nationalstolz und Traditionen. Doch das Land ist mehr als nur Kulisse, es ist Ursprung und Herzstück dieser Geschichte und das konnte selbst ich spüren, die mit der arabischen Welt keinerlei Verbindung habe.


“Ich habe in Kabul manches gelernt, vor allem jedoch, dass das menschliche Verhalten chaotisch und unvorhersehbar ist und sich in kein festes Raster zwängen lässt. Trotzdem finde ich Trost in der Vorstellung eines roten Fadens oder eines Musters im Leben, das eben so langsam Gestalt annimmt wie ein Foto in der Dunkelkammer oder in der Vorstellung einer langsam sich entfaltenden Geschichte, die das Gute, das ich immer in mir zu sehen geglaubt habe, zu bestätigen scheint. Diese Geschichte hält mich am Leben."


Neben der Erzählform ist vor allem noch die Erzählweise bemerkenswert. Husseini schafft es, gleichzeitig sehr still und eindringlich; distanziert und emotional; dramatisch und ruhig zu sein und sich in jeder erdenklichen Situation an die Protagonisten anzupassen. Dabei zwingt er den Leser niemals in eine bestimmte Richtung oder beantwortet wertende Fragen nach Unterlassung, Schuld, Preis oder Sühne. Stattdessen erlebt er, beobachtet, fühlt, erkennt und beschreibt, überlässt es aber dem Leser, über das Erfahrene nachzudenken und zu urteilen. Immer wieder stößt man auf kluge Dialoge und liest Sätze, die einen noch lange beschäftigen, während man dieser Geschichte folgt, die zeitweise fast ungemütlich und teilweise schwer zu ertragen ist, so viel Schmerz und Wahrheit, wie sie enthält.


"Eine Gestalt. Sowohl weich als auch hart. Eine weiche Hand, die ihre umschließt. Ein hartes Knie, auf das sie ihre Wange bettet. Sie sucht nach einem Gesicht, aber es entgleitet ihr jedes Mal, wenn sie sich danach umdreht. Pari spürt, wie sich ein Loch in ihr auftut. Immer, während ihres ganzen Lebens, hat sie jemanden schrecklich vermisst. Jemanden, den sie von Geburt an kannte. "Bruder", sagte sie, ohne sic dessen bewusst zu sein."


Vor allem jedoch die vielen Charaktere sind das Herzstück des Buches. Grade weil ich nicht genau ausmachen konnte, wer nun Protagonist und wer Nebencharakter ist, muss man jedem genau gleich viel Aufmerksamkeit schenken. Manche Lebensgeschichten werden gänzlich erzählt, andere nur ausschnitthaft, manche werden später noch einmal aufgenommen, andere tauchen auf und verschwinden wieder. Als Leser muss man den ständigen Fluss über sich ergehen lassen, auch wenn es manchmal schwer ist, sich von liebgewonnen Charakteren zu verabschieden.
Dass immer mal wieder jemand anders aus der Ich-Perspektive, als personaler Erzähler, in einem Rückblick oder als Erinnerungs- oder Briefform berichtet, ist natürlich Großteils etwas verwirrend, wenn man aber aufmerksam dabei bleibt, erhascht man immer wieder liebevolle Details und Anspielungen.


"Jetzt dachte ich plötzlich wieder an sie und an das, was und verbunden hatte. Wenn das, was man ihr angetan hatte, einer Welle glich, die sich weit vom Ufer entfernt gebrochen hatte, dann umspülten die Ausläufer dieser Welle jetzt meine Füße und flossen zurück ins Meer. Baba räusperte sich und betrachtete mit glasigen Augen den dunklen Himmel und den wolkenverhangenen Mond. "Alles wird mich an dich erinnern."


Vor allem der Handlungsstrang des treuen Dieners Nabi, der dem still verliebten, introvertierten Suleiman Wahdati und seiner dramatisch modernen, wunderschönen aber rebellische Frau Nila Wahdati dient, die die sanftmütige Pari adoptiert haben und großziehen, ist mir sehr ans Herz gegangen. Unter dem Dach dieser Familie, der es nur sehr kurz vergönnt ist, in dieser Konstellation zusammen zu leben, sammelt sich im Laufe der Geschichte so viel unerwiderte Liebe, Trauer, Angst und Erinnerung an, dass ich gerne noch viel mehr über diesen Teil der Geschichte gelesen hätte. Aber das wäre natürlich schade gewesen, denn dann hätte ich weder den selbst darstellerischen Timur, den feigen Arzt Idris, die verletzte Roshi, die entstellte Thalia, den aufrechten Markos noch die selbstsüchtige Madaline kennengelernt, welche alle eigentlich viel zu tiefe Charakter sind, als dass ich sie hier mit einem mehr schlecht als recht passenden Adjektiv abfertigen könnte. Es ist ganz wundersam, wie viel Seele Hosseini seinen Figuren zuspricht und auf welche tiefgründige Art er es versteht, uns ihr Innersten darzubringen, ihre Ecken und Kanten, Runzeln und Falten wenn sie menschloch, grausam oder bemitleidenswert handeln und sie zutiefst verstanden darstellt. Leider kamen mir der verlassenen Abdullah, die gepeinigte Parwana und die hübsche aber behinderte Masooma ein wenig zu kurz.


"Ich kann tief in meinem Inneren etwas spüren, das mich zieht und an mir zerrt wie eine Unterströmung. Ich würde ihr gerne nachgeben und mich erfassen lassen. Ich würde mich gern gehen lassen, aus meiner Haut schlüpfen, alles abstreifen, wie eine Schlange ihre Haut abstreift."


Hosseinis Schreibstil ist wie seine Erzählweise einem Chamäleon gleich: er passt sich an. Mal leuchtend poetisch, mal sparsamer und farblich gedeckt, mal ausschweifend, mal aufs Wesentliche reduziert, aber immer sehr inhaltlich direkt und sprachlich dabei wundervoll verschachtelt und durchdacht. Dabei schafft er es die Geschichte auf eine Art und Weise zu erzählen, die klar macht, dass man einem Leben lauscht, welches genauso gelebt werden muss und auch bei schwierigem Inhalt ein gutes Gefühl zu vermitteln. Vor allem das Ende rührte mich zu Tränen, auch wenn uns hier kein typisches Happy End erwartet.


"Sie war in dem Schweigen das zu Hause immer öfter eintrat, ein Schweigen, das zwischen den Wörtern aufquoll, einmal kalt und leer und dann wieder schwer von allem, was nicht ausgesprochen wurde, ein Schweigen wie eine dicke, graue Regenwolke, die sich nie entlud. (...) Er öffnete die Teedose. Da waren sie, Paris Federn, es fehlte keine einzige. federn von Hähnen, Enten, Tauben und auch die des Pfaus. Er legte die gelbe Feder in die Dose. Eines Tages, dachte er.
Hoffte er."



So, jetzt bin ich endlich alles los, was mir auf dem Herzen lag und kann noch schnell das Cover besprechen Jenes gefällt mir sehr gut, da viel Gefühl darin liegt, es könnte aber meiner Meinung nach als ein wenig kitschig interpretiert werden. Die Silhouetten der beiden Kindern vor einer flachen Graslandschaft im Sonnenuntergang, von dem sich Berge abheben sind aber eigentlich das perfekte Motiv und auch die Farbgebung, die von dunkel nach orange oben in ein warmes blau übergeht, passt super. Was mich an der Gestaltung jedoch wirklich zu 100 Prozent überzeugt hat, ist der Titel "Traumsammler". Auch wenn der amerikanische Originaltitel auch schön klingt finde ich, dass der der deutschen Aufgabe noch einmal ein i-Pünktchen obendrauf setzt! Denn das Buch ist wirklich eine Ansammlung von kurzen Episoden, von Träumen, die Khaled Hosseini wunderbar hier eingesammelt und in Buchform verpackt hat, sowie es im Buch Pari mit den Träume ihres Vaters tut.

Zum Abschluss noch mein Lieblingszitat:

"Pari", sagte sie. "Ja?" Sie legte den Kopf weit in den Nacken, um mich anschauen zu können. Das durch das Laub der Bäume fallende Licht tanzte über ihr Gesicht. "Ist dir bewusst, wie viel Kraft dir Gott geschenkt hat?", fragte sie."


Fazit:

Einfach nur wow! Eine intensive, emotionale, mitreißende Geschichte über Afghanistan und eine Familie voller verlorener Gestalten mit eindringlichen Schicksalen. Ungeschönt, real und berührend!

Veröffentlicht am 16.01.2018

Die unberechenbaren Winkelzüge des Schicksals

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„Man soll einen Sinn im Dasein finden, heißt es, und dann leben, aber manchmal stellt man erst im Alter fest, dass das eigene Leben tatsächlich einen Sinn gehabt hat – wenn auch nicht den, den man sich ...

„Man soll einen Sinn im Dasein finden, heißt es, und dann leben, aber manchmal stellt man erst im Alter fest, dass das eigene Leben tatsächlich einen Sinn gehabt hat – wenn auch nicht den, den man sich vorgestellt hat.


Inhalt


Pari und Abdullah leben mit ihrer Familie in großer Armut in einer bescheidenen Hütte in der Wüste Afghanistans, die Mutter gestorben, der Vater hat sich eine neue Frau genommen und die Geschwister suchen aneinander Halt in ihrer kleinen Welt, die durch Unruhe geprägt ist. Doch Pari weckt das Interesse eines wohlhabenden Ehepaares aus Kabul, die selbst kinderlos sind und sich in das kleine Mädchen verliebt haben. Und so trennen sich die Wege der beiden fast für ein ganzes Menschenleben. Und während Pari in Frankreich ein gut situiertes Leben führt, bleibt Abdullah in der Heimat. Nur ihrer beider Onkel Nabi weiß noch um die genauen Zusammenhänge, weil er es auch war, der den Kontakt zwischen Paris Pflegefamilie und seinem Bruder hergestellt hat. Und erst in seinem Nachlass taucht ein Brief auf, der es den Nachkommen ermöglicht, an einer Familienzusammenführung im Alter mitzuwirken – damit sich findet, was einst zusammen gehörte …


Meinung


Der aus Afghanistan stammende Autor Khaled Hosseini entführt den Leser in seinen Büchern in seine Heimat und schildert das Leben und Leiden der Menschen vor Ort. Seine zahlreichen Romane wurden zu Weltbestsellern und erschienen in 70 Ländern. Für mich war „Traumsammler“ allerdings das erste Buch des Autors, welches ich gelesen habe und obwohl es mich nicht ganz überzeugen konnte, würde ich sehr gern ein weiteres lesen. Denn eines kann man der Erzählsprache nicht abstreiten – sie ist intensiv, empathisch und ergreifend, sie berührt den Leser auf eine sehr leise, Art und Weise und weckt das Interesse an Menschen, Emotionen und Wendungen des Schicksals.


Zugegeben habe ich mir unter der vorliegenden Geschichte zunächst ein Geschwister-Schicksal und die Auswirkungen auf das jeweilige Leben der Beteiligten vorgestellt, doch dieser Aspekt bildet lediglich den Handlungsrahmen des Romans. So war ich während des Lesens immer etwas enttäuscht, das weder Abdullah noch Pari den Stellenwert bekamen, den ich ihnen zugedacht hätte. Der Autor legt nicht unbedingt Wert auf einen Hauptprotagonisten, vielmehr schafft er ein ganzes Heer an Nebencharakteren, die dann jedoch aus ihrer Sicht, Bruchstücke der erlebten Geschichte wiedergeben. Es sind demnach mehr die Schnittstellen einzelner Schicksale und die zufälligen Ereignisse im Leben diverser Menschen, die den eigentlichen Kern der Erzählung vermitteln.


Dadurch entstehen viele kleine Episoden, die fast wie Fragmente das Gerüst der Gesamterzählung ausmachen. Und dieser irgendwie zerfaserte Erzählstil, ist auch mein Hauptkritikpunkt an einer ansonsten tiefgründigen, stillen Erzählung über das Leben der Menschen in der Fremde. Hosseini greift auf sehr elementare Gefühlsregungen zurück, er beschreibt nicht nur Orte, sondern zeigt auch, warum sie wichtig waren. Er bezieht Stellung zu Nächstenliebe, Leben in der Fremde, einem fehlenden Zugehörigkeitsgefühl aber auch zu Wandlungen, zu Verfehlungen seiner Protagonisten, zu Schuld und Reue und damit auch zum Schicksal selbst.


Immer wieder ist es dieser unbenannte Handlungsschwerpunkt, der mich nachhaltig faszinieren konnte. Im inneren der Geschichte liegt für mich der tief verwurzelte Glaube an eine Sinnhaftigkeit des Lebens, an die Gewissheit des Einzelnen, dass sein Dasein, egal wie bitter es auch erscheinen mag, einen ganz bestimmten Zweck erfüllt. Und das die unberechenbaren Winkelzüge des Schicksals eines Tages für die Erfüllung ebenjener Aufgabe stehen, dass nichts umsonst war und das die Hoffnung nicht nur bei einem Menschenleben liegt, sondern auch in der Gesamtheit einer Familie, eines Interessenverbandes oder auch im Herzen der Verstorbenen.


Fazit


Ich vergebe 3,5 Lesesterne (aufgerundet 4) für diesen Roman, der die Thematik Familie, Leben, Schicksal und Bestimmung berührt und eine weitreichende Geschichte über viele Generationen hinweg beschreibt. Wer einen gefühlvollen, sinnreichen Roman über Herkunft, Heimat und Zugehörigkeit sucht wird ihn hier definitiv finden. Allerdings muss man sich auf die Erzählweise einlassen, denn die Menschen hinter der Geschichte bleiben ungewöhnlich blass und austauschbar. Namen, Beweggründe und Handlungen sind so zahlreich und unübersichtlich, dass ich mir schlicht und einfach eine klare Erzählstruktur mit eindeutigen Aussagen gewünscht hätte. Zu vieles bleibt der Sicht des Lesers überlassen, zu vieles bleibt ungesagt und manche Figuren schleichen sich still und heimlich davon, fast wie der Wüstensand, der kilometerweit verweht wird und doch nur ein Körnchen im Getriebe war.