Bei diesem Buch ist der Titel Programm … denn auch wenn es ein Liebesroman ist, so ist er doch erfrischend anders. Und damit hat selten ein Titel so perfekt zum Inhalt des Buches gepasst.
Die meisten Liebesromane verfahren nach dem gleichen Schema F – sie sehen sich, verlieben sich, kommen zusammen, trennen sich wegen einem blöden Missverständnis und versöhnen sich wieder. Das macht sie so vorhersehbar und irgendwann auch eintönig-langweilig.
Nun ist es nicht so, dass dieser Roman nicht auch vorhersehbar ist – klar steht das Happy End quasi schon am Anfang in den Startlöchern. Und doch ist in dem Roman alles anders und die Autorin Kristina Günak hat es geschafft, mich zu begeistern und vor allen Dingen zu überraschen.
Es ist ein typischer Günak-Roman. Hätte ich nur ein paar Seiten aus dem Buch zum Lesen bekommen, hätte ich sofort gewusst, wer ihn geschrieben hat. Die Autorin hat eine ganz eigene Art, Geschehnisse und Charaktere zu beschreiben, die Lesefluss anzuregen und Sätze zu formulieren. Für mich hat ihre Art zu Schreiben einen Wiedererkennungswert, den ich so sehr liebe.
Sie hat mit Bredenhofe und seinen Bewohnern einen Ort geschaffen, wo ich mich als Leser gleich wohl und Geborgen gefühlt habe. Der Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft, die Lebenssituation der Dorfbewohner, die wunderbaren Eigenheiten des Landlebens aber auch deren Tücken wirken authentisch.
Mir hat zum Beispiel auch die Beschreibung des Dorffestes so gefallen. Die Warnung „lass jede zweite Runde Jägermeister aus, sonst überstehst du den Abend nicht“ war wahrscheinlich ganz gut, denn an dem Abend wurden die beiden in die Dorfgemeinschaft integriert. Mich hat das ein bisschen an „Jägermeisterpartys“ zu meiner Zeit erinnert 🙂
Dazu hat sie Charaktere geschaffen, die sich ins Herz schleichen und sich darin einen Platz erobern. Ich denke da auch an die beiden Hauptfiguren Lucy und Ben, aber auch in die zahlreichen Nebencharaktere wie zum Beispiel Fredo und Esat, die eine eigene Geschichte verdient hatten.
Kristina Günak verknüpft in diesem Buch das romantische Landleben, das so romantisch eigentlich gar nicht ist mit ernsthafteren Themen, ohne das ein Drama daraus wird. Der Arzt, der an Panikattacken leidet und vehement die Meinung vertritt, dass ein Krankenhaus nicht Gewinne erwirtschaften sollte sondern eher dafür da ist, den Menschen zu helfen. Der seinen gewählten Arztberuf anders sieht als vielleicht so manch anderer der mit Macht reich werden will. Denn auch solche Ärzte gibt es leider. Und das verknüpft er mit der Tatsache, dass es auf dem Land einfach viel zu wenige Ärzte gibt und da eine Notsituation eben doch ganz schnell einmal zum Drama wird.
Lucy, die Autorin mit Schreibblockade, deren Figuren sich einfach nicht so entwickeln wie sie sollen. Welcher Autor, welche Autorin kennt dieses Problem denn nicht. Die Angst und Ungewissheit bei jedem Buch, der Druck des Abgabetermins – ich fand es toll wie Kristina Günak diese Facetten des Autorendaseins beschrieben hat.
Hellmut, der vegetarische und teilweise ängstliche Hund mit dem großem Herzen … der würde bei mir auch ein Zuhause finden. Er ist so liebenswert mit seinen Eigenheiten beschrieben.
Und all die anderen Figuren … wie der grummelige und doch Herzensgute Fredo; der träumende Esat, die resolute Millie … sie alle mochte ich und habe sie gerne durch den Alltag in Bredenhofe begleitet.
All die Nebenfiguren sorgen dafür, das Lucy und Ben in die Gemeinschaft integriert werden und gar keine Chance haben, sich großartig abzusondern. Sie nehmen die beiden (und deren Leben) in die Hand. Gelacht habe ich, als Lucy zum Kochen lernen verdonnert wurde, da man ja nicht immer nur diese komischen Nudeln essen kann. Ihre Versuche waren zu herrlich beschrieben.
Die Liebesgeschichte von Ben und Lucy entwickelt sich ganz ganz langsam, kommt quasi auf Zehenspitzen zu ihnen und zeigt, dass man manchmal auch Mut braucht. Mut, sich etwas einzugestehen.
Mit diesem Buch hat die Autorin meiner Meinung noch einmal einen großen Sprung gemacht und so das meiner Meinung nach Beste Buch bisher abgeliefert. Wobei auch alle anderen, die ich bisher gelesen habe (und das waren glaube ich fast alle) richtig gut waren. Aber das hier, das ist eben noch ein Tick besser.
So, darauf einen Jägermeister und natürlich meine Wertung: 5 von 5 Sternen bekommt dieses Buch von mir und eine klare Leseempfehlung.