Draufgänger trifft auf Chaosqueen
Cover:
Ein wunderschönes Cover, das uns mit hellen Farben entgegen strahlt und die Körperhaltung der Charaktere uns sofort ihre Eigenschaften in Form des ersten Eindrucks symbolisieren. Ben der Draufgänger ...
Cover:
Ein wunderschönes Cover, das uns mit hellen Farben entgegen strahlt und die Körperhaltung der Charaktere uns sofort ihre Eigenschaften in Form des ersten Eindrucks symbolisieren. Ben der Draufgänger und Luca, die engstirnige Chaosqueen.
Meinung:
Seit Luca ihren Freund mit einer anderen erwischt hat, hat sie die Nase von Männern gestrichen voll. Doch dank ihres Namens, der noch nicht einmal ihr echter ist, kommt es zu einer Verwechslung und sie findet sich inmitten von gleich zwei männlichen Mitbewohnern wieder. Zwischen ihr und Tobi bricht das Eis umgehend, mit Ben hingegen sieht das Spiel ganz anders aus. Seine lässig, selbstbewusste Art lässt ihn in Lucas Augen überheblich erschienen, weshalb sie ihn in die gleiche Schublade steckt, wie ihren Exfreund. Zugegeben, Luca ist manchmal ganz schön zickig und biestig, doch betrachtet man die Hintergründe, kann ich es ihr auch nicht wirklich übel nehmen. Auch wenn der erste Eindruck wichtig ist, so ist er nicht entscheidend. Der Blickwinkel der Studentin war aufgrund ihrer schmerzlichen Erfahrungen geblendet und ihre Handlungen – sprich, ihre flapsig distanzierte Art Ben gegenüber – dient reinem Selbstschutz.
>>Was für spezielle Vorlieben?<< >>Na<<, sie fuchtelte in der Luft herum. >>Fesselspiele, SM oder so was. Vielleicht lässt er sich dadrin von einer Nutte die Windeln wechseln.<< >>Die Windeln wechseln?<<, wiederholte ich fassungslos. >>Manche Männer stehen da drauf, die ziehen sich heimlich Windeln an und ...<< >>So ein Quatsch<<, unterbrach ich sie unwirsch. >>Das ist der größte Blödsinn, den ich je gehört habe.<< >>Du hast recht<<, [...] >>Ich trau's ihm auch nicht zu. Eher spielt er ein bisschen Dom und peitscht die Mädels aus.<<
Ben ist ein Draufgänger wie er im Buche steht und offenbart, je weiter wir im Buch voran rücken, eine Seite an sich, die diesem Bild vollkommen wiederspricht. Die beiden liefern sich ein Katz-und-Maus Spiel, bei dem sie einander immer wieder einen Seitenhieb verpassen und sich auch gerade dadurch näher kommen. Ursache und Wirkung, ist ein Prinzip, dass wir auf Luca anwenden können, da uns als Leser ersichtlich ist, woher ihre Handlungen rühren. Bei Ben sieht das ganze allerdings anders aus. Auch sein Verhalten liegt in vergangenen Erfahrungen begründet, die im Laufe der Zeit aufgedeckt werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Gefühle zu kompensieren und diese werden in ihrer Unterschiedlichkeit durch unsere Protagonisten wiedergespiegelt.
>>Die sind alle echt nett.<< >>Die sind alle echt scheiße<<, murrte ich. >>Du gibst ihnen gar keine Chance.<< >>Sie verdienen keine.<< Caro kicherte. >>Du bist echt unmöglich. Auch wenn du manchmal so herzlos erscheinst. Ich kenne dich besser.<<
Draufgänger und Chaosqueen halten ihr wahres Ich verborgen, da sie aufgrund schlechter Erfahrungen eine Maske aufgesetzt haben, die dafür sorgt, dass die Wahrnehmung der anderen auf sie getrübt ist. Auch wenn uns unser Kopf die Dinge noch so sehr vorgibt, so ist es letztendlich das Herz, welches relevante Entscheidungen trifft. Dickköpfig und verbohrt, stehen sich die beiden in nichts nach. So verschieden sie auch wirken, ähneln sie sich dennoch in ein und demselben Punkt. Ob diese Hartnäckigkeit jedoch auch ausreicht, um dem anderen die Augen zu öffnen?
>>Weißt du was Phylis?<< Ich zog mein Handy aus der Tasche. Ich mache ein Bild von Ben und er kann es dann ausdrucken.<< >>Au ja<<, jauchzt die Kleine, während Ben mich mit seinen Augen erdolchte. Ungerührt hielt ich mein Handy in die Höhe. >>Bitte lächeln. Sag "Ouistiti"!<< Ben lachte "Oui... was?<< Da knipste ich. >>Ouistiti", französisch für "kleines Äffchen", zaubert das schönste Fotolächeln aufs Gesicht<<[...]
Das WG-Leben, eigentlich eine schöne Erfahrung, aber hier treffen mit zwei Männern und einer Frau Welten aufeinander. Sauberkeit lässt sich nicht so einfach definieren, vor den Kühlschrank gehört am besten eine Eisenkette mit riesigem Vorhängeschloss und bezüglich Bens Anhängsel, bestehend aus ständig wechselnden Frauen, sollte eine Regel aufgestellt werden. Allein das sind Punkte, die Luca immer wieder auf die Palme bringen und Ben bewusst provoziert, bei diesen Arten von Auseinandersetzungen soll es jedoch nicht bleiben. Tobi ist einerseits das schlichtende Bindeglied und andererseits, ein Freund, der zwischen den Fronten von Luca und Ben steht. Er ist ein geselliger und offenherziger Mann, den Frau einfach sofort ins Herz schließen muss, während Luca und Ben ihre Kanten haben, die sie besonders machen.
Zwei Protagonisten, deren Vergangenheit sie geformt haben. Werden die beiden die Zweifel der Vergangenheit abschütteln und gemeinsam nach vorne schauen können?
Charaktere:
Luca ist mit ihrer widerspenstigen, genervten, kratzbürstigen und besonderen Art von Humor, jemand, den man entweder sofort mag, oder mit dem man erst im Laufe der Zeit warm wird. Mit Ben wird ihr ganz eigenes Männer-Klischee bedient, denn er ist nicht nur oberflächlich und arrogant, sondern dabei auch noch höllisch attraktiv. Mit der Zeit muss sie allerdings erkennen, dass sie ihre Vorsätze nochmals überdenken sollte, denn nicht alles ist so, wie es auf den ersten Blick scheint.
Ben scheint ein offenes Buch zu sein, versteckt sich jedoch hinter einer trügerischen Fassade. Sein Frauenverschleiß ist enorm, doch offenbart er Seiten an sich, die seinen Ruf als Aufreißer in ein ganz neues Licht rücken. Schafft er es Lucas Zweifel gegen die Männerwelt zu zerstreuen und seine eigenen Lasten zu bewältigen?
Schreibstil:
Lena Marten hat mich bereits mit ihren Büchern unter dem Pseudonym Ute Jäckle gefesselt und in beeindruckende Welten entführt. Mit "Nicht auch noch der" hat sie sich in ein neues Gebiet gewagt und mich aufs Neue begeistert.
Wir erleben hier eine Vielzahl authentischer Charaktere, denen Leben eingehaucht wurde. Nicht selten, werden Nebencharaktere eher flach gehalten, nicht so hier. Die Mischung verschiedenster Persönlichkeiten verleiht der ganzen Geschichte ein besonderes Flair. Hinzukommend mit Ironie, Sarkasmus und verschiedenster emotionaler Stufen, die wir hier durchlaufen, haben wir ein eindrucksvolles Gesamtpaket, das zu Tränen rührt, die Lachmuskeln trainiert und ernsthafte Ereignisse thematisiert.
Ben, Tobi und Luca in einer WG war ein Schauspiel für sich. Wie Hund und Katz reden und leben sie aneinander vorbei, getreu dem Motto, Regeln sind da um gebrochen zu werden. Aber so schön es auch ist von zwei so ansehnlichen Männern umgeben zu sein, ist es doch auch zum Haare raufen.
Die Eigenarten von Luca und Ben sind speziell, dennoch habe ich sie gleich ins Herz geschlossen. Beide verstecken sich hinter ihren Gefühlen, doch Luca hat mich besonders beeindruckt. Es ist leicht, ein Lächeln aufzusetzen und anderen zu symbolisieren, dass alles okay sei. Aber dem Unmut Ausdruck zu verleihen, ist nochmal etwas ganz anderes. Es zeigt, dass man verletzt wurde, gibt Menschen um einen herum die Möglichkeit, Rücksicht zu nehmen oder ein offenes Ohr anzubieten, während ein Mensch der seine wahren Emotionen vollkommen verbirgt, sich selbst immer weiter verliert und das unbeachtet von der Außenwelt.
Ein wundervoller Roman, der mich gespannt auf den Folgeband warten lässt <3