Der schöne Schein der online Welt
„Doch heute wirkte Instagram zu laut, zu bunt, zu angeberisch. Alles schien ein Jahrmarkt der Eitelkeit zu sein – überall diese Fotos von perfekten Wochenenden auf einer Jacht, einer Malediveninsel oder ...
„Doch heute wirkte Instagram zu laut, zu bunt, zu angeberisch. Alles schien ein Jahrmarkt der Eitelkeit zu sein – überall diese Fotos von perfekten Wochenenden auf einer Jacht, einer Malediveninsel oder dem höchsten Gipfel Diese Flutwelle an Selfies von strahlend hübschen Mädels, von kernigen Typen, alle waren sie selbstbewusst, alle standen sie fest im Leben.“
Jeder der einmal auf Instagram unterwegs ist, wird von einer Vielzahl an gut gestellten und inszenierten Fotos überhäuft. Jeder zeigt sich von der Schokoladenseite. Sehr selten gibt es ein Bild, dass Trübsal ausdrückt und die Ehrlichkeit wird meist auch noch mit wenigen Herzchen oder Kommentaren bestraft. Irgendwo ist dieses Verhalten ja normal, man selber hält ja auch lieber die schönen Momente auf einem Foto fest, als die schlechten. Mich hat das Thema in diesem Roman daher aber direkt angesprochen.
Emma zeigt der Öffentlichkeit auch ihr perfektes, glückliches Leben. Dabei hat sie dieses gar nicht. Sie lebt zurückgezogen, in einem winzigen Apartment in London und geht eigentlich gar nicht mehr vor die Türe. Die Bilder sind alle schon älter und mit Photoshop bearbeitet. Alles ändert sich jedoch, als neben ihr in die Wohnung ein neuer Nachbar, Nathan, einzieht und ihr Leben – online sowie offline – durcheinanderbringt.
Die Hauptperson Emma ist ein schwieriger Charakter. Sie ist nicht direkt leicht zu verstehen mit ihrer Agoraphobie. Langezeit wird nicht erklärt, warum sie das Apartment beinahe nie verlässt und warum sie so zurückgezogen lebt. Das macht es dem Leser nicht leicht Verständnis für die ganzen gefakten Posts und Lügen aufzubringen. Da hätte ich sie häufig gerne geschüttelt und sie angeschrien sich Hilfe zu suchen. Irgendwann ist das Verhalten erklärt worden und es ist für mich damit auch etwas besser geworden. Aber Emma ist nach wie vor kein Charakter, den ich in mein Herz geschlossen habe.
Die Sprache in dem Buch ist eigentlich ganz angenehm. Die Atmosphäre wird schön vermittelt, sodass der Geschichte gut gefolgt werden kann. Es gab sprachlich jedoch auch einen Störfaktor für mich. Ich weiß, dass die Geschichte in London spielt und demnach alle Charaktere englisch sprechen. Dennoch sind in die Handlung immer wieder englische Sätze gestreut. Als Leser habe ich so viel Vorstellung, dass die Personen eine andere Sprache sprechen, als sie geschrieben ist. This is absolutely not necessary.
Mit der Thematik der geschönten Instagram-Welt hatte ich am Ende auf eine kleine moralische Lehre gehofft. Was passiert, wenn man sich im Netz anders darstellt? Ändert sich die Person und wie reagieren die Follower? Das waren alles Fragen, die ich mir zu Beginn gestellt habe. Der Leser bekommt auch Antworten auf seine Fragen, aber die waren mir nicht genug. Ich hätte mir hier insgesamt einfach einen größeren Effekt erhofft. Das hat mir am Ende etwas die Geschichte versauert. Dadurch fehlt mir einfach Tiefgang.
Meine Kritik mag insgesamt klein kariert klingen. Die vielen kleinen Punkte haben aber insgesamt dazu geführt, dass ich immer mehr von dem Buch enttäuscht war. Meine Erwartungen an das Buch waren deutlich höher. Für mich war es nett zu lesen, aber auch leider nicht mehr.