Feminismus in Prosa lesenwert
Britt ist dreiundvierzig, Mutter der achtjährigen Elise und Ehefrau. Ihre eigene Mutter ging, als sie zwölf war, verschwand einfach während sie in der Schule saß und hinterließ in Britt eine große Menge ...
Britt ist dreiundvierzig, Mutter der achtjährigen Elise und Ehefrau. Ihre eigene Mutter ging, als sie zwölf war, verschwand einfach während sie in der Schule saß und hinterließ in Britt eine große Menge Wut. Die Mutter war oft traurig, rauchte dann Kette und sah aus dem Fenster. In den Anfangsjahren ihrer Eltern hörte Britt die beiden noch oft miteinander lachen, doch dann schlich sich Resignation ins Haus.
Britt hielt sich an alle Regeln. Sie war nett, machte ihre Hausaufgaben, fehlte nie in der Schule. Sie orientierte sich an Mitschülern, versuchte sie nachzuahmen. Als Daniel, den ihre Mitschüler cool fanden mit Emilie schlief, nannten alle Emelie Hure, Daniel blieb der coole und Britt war wütend. Die Aussagen „Stell dich nicht so an, reiß dich zusammen“ machten sie wütend, aber dann riss sie sich zusammen und stellte sich nicht so an. Ihr Vater dagegen
Er war nicht besonders wütend. Nachdem Mama weg war, hatte er eigentlich aufgehört irgendetwas zu sein, er war einfach nur da. S. 25
Ihr Mann Espen war humorvoll. Unbeschwert, wenn sie schwer war, sorglos und frei. Sie war mal in ihn verliebt, weiß aber nicht mehr, wie es sich angefühlt hat. Jetzt daddelt er die meiste Zeit auf seinem Handy oder er verbringt Abende mit seinen Freunden und kommt spät nach Hause, schleicht sich ins Bett und riecht nach Alkohol, während Britt vorgibt zu schlafen.
Einer von Espens Freunden ist die selbstbewusste Niko. Wenn sie ihren Bedürfnissen Ausdruck verleiht, bittet sie einfach. Britt hasst sie dafür, gleichzeitig bewundert sie sie still.
Fazit: Linn Strømsborg hat eine Protagonistin geschaffen, die stereotyp als Mädchen erzogen wurde und sich typisch weibliche Eigenschaften angeeignet hat mit dem Ziel, allen zu gefallen und jedem gerecht zu werden. Statt ihre eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, hat sie die anderer befriedigt. Sie lebt in einer Beziehung, in der nichts schön oder leicht ist, weicht Konflikten aus und funktioniert. Wenn sie etwas für sich einfordert, wird sie nicht ernst genommen und übergangen. Sie hat ein großes Kontrollbedürfnis und malt sich schlimmste Szenarien aus, die ihr zusätzlich schlechte Laune bereiten. Wer wäre da nicht stinkwütend? Die Autorin bringt eine Kontrahentin ins Spiel, eine Frau, wie Britt sie zuvor nicht erlebt hat. Mit ihr kommt sie in den Genuss von Integrität und Veränderung. Ich fand die Erzählart einer Icherzählerin, die wie ein allwissender Erzähler in die Köpfe der anderen Darsteller schaut ungewöhnlich und auch ein bisschen verwirrend. Grundsäzlich aber mochte ich die Stimmfarbe der Autorin und mir gefällt das Thema Feminismus in Prosa zu verpacken. Eine gelungene Geschichte, die ich gerne gelesen habe.