Cover-Bild Die Wunder von Little No Horse
(8)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Aufbau
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 509
  • Ersterscheinung: 08.11.2019
  • ISBN: 9783351037864
Louise Erdrich

Die Wunder von Little No Horse

Roman
Gesine Schröder (Übersetzer)

Mehr als ein halbes Jahrhundert hat Vater Damien Modeste sich ganz in den Dienst seines geliebten Stammes der Ojibwe im abgelegenen Reservat Little No Horse gestellt. Nun da sein Leben zu Ende geht, muss er fürchten, dass das große Geheimnis seines Lebens doch noch ans Licht kommen könnte: er ist in Wahrheit eine Frau. In ihrem bislang nichts ins Deutsche übertragenen Meisterwerk erkundet Louise Erdrich das Wesen der Zeit und den Geist einer Frau, die sich gezwungen fühlte, sich selbst zu verleugnen, um ihrem Glauben dienen zu können. Ein Buch mit Herz, großartig erzählt. »Lustig und elegisch, absurd und tragisch.« New York Times

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.02.2020

Von der Nonne zum Priester

0

Das abgelegene Indianerreservat Little No Horse im Norden der USA: Schon mehr als 50 Jahre lebt Father Damien Modeste unter den Angehörigen des Stammes der Ojibwe. Viele, viele Jahre hat er als Priester ...

Das abgelegene Indianerreservat Little No Horse im Norden der USA: Schon mehr als 50 Jahre lebt Father Damien Modeste unter den Angehörigen des Stammes der Ojibwe. Viele, viele Jahre hat er als Priester Gottesdienste gehalten, Beichten abgenommen und seiner Gemeinde auch in anderer Hinsicht gedient. Nun ist er im Ruhestand, sein Leben geht dem Ende entgegen. Und er muss befürchten, dass sein großes Geheimnis ans Licht kommt: In Wahrheit ist der Geistliche eine Frau und heißt eigentlich Agnes DeWitt, die nach einer Zeit im Kloster und einem kurzen weltlichen Zwischenspiel in die Rolle des echten, aber toten Fathers geschlüpft ist…

„Die Wunder von Little No Horse“ ist ein Roman von Louise Erdrich, der im Original vor 19 Jahren bereits in den Vereinigten Staaten erschienen ist.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus vier Teilen, die sich wiederum in 22 Kapitel gliedern. Sie werden eingerahmt von einem Pro- und Epilog. Die Handlung umfasst den Zeitraum von 1910 bis 1996, allerdings liegt der Schwerpunkt auf den ersten und letzten Jahren, denn es wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Die Chronologie wird dabei nicht eingehalten. Kapitel aus der Vergangenheit wechseln sich mit dem gegenwärtigen Geschehen ab.

Der einzigartige Schreibstil ist geprägt von meist langen Sätzen und einer bildhaften Sprache. Immer wieder demonstriert die Autorin, dass sie sich vortrefflich ausdrücken kann. Allerdings ist ihr Stil auch ausschweifend.

Im Mittelpunkt des Romans steht Father Damien alias Agnes DeWitt, die mal als „er“, mal als „sie“ bezeichnet wird. Mit dem/der Protagonist/in erlebt der Leser einen ständigen Perspektivwechsel, da sie teils als Mann, teils als Frau agiert und wahrgenommen wird. Durch die Geschlechterlüge erleidet die Hauptfigur auch eine Art Identitätsverlust. Dieser Aspekt hat mein Interesse an der Lektüre geweckt. Den Charakter dieser Figur habe ich als realitätsnah und sympathisch empfunden.

Die Vielzahl an weiteren Personen im Roman ist allerdings groß. Diverse Mitglieder der Familien Kashpaw, Morrissey und Mauser sowie andere Charaktere tauchen in der Geschichte auf, sodass man immer wieder zum abgebildeten Stammbaum blättern muss. In diesem Punkt wäre weniger vermutlich mehr gewesen, zumal einige der Personen nur episodenhaft auftauchen, was den Lesefluss hemmt und die Handlung oft auf der Stelle treten lässt.

Nach einem kurzweiligen und spannenden Beginn verliert die Geschichte schnell an Fahrt. Immer neue Teilerzählungen tun sich auf, offene Enden entstehen und Fragen ergeben sich. Auf etwas mehr als 500 Seiten gibt es daher die eine und andere Länge. Erst zum Schluss hin wird die Handlung wieder straffer und nimmt Fahrt auf.

Mit ihrem Roman gibt die Autorin Einblicke in einen Stamm und schafft so Bewusstsein für die Lebenswelt und Nöte der amerikanischen Ureinwohner. Alkoholismus, Landverluste, tödlich verlaufende Krankheiten, Armut und andere Probleme werden eindrucksvoll deutlich. Dem Verhalten der übrigen Weißen wird das verständnis- und rücksichtsvolle Auftreten Damiens gegenübergestellt, der auf Zwangsmissionierungen verzichtet und sich auf die Traditionen und Sprache der Ojibwe einlässt. Dass dieses Volk tatsächlich existiert und ihre Lebensweise authentisch dargestellt wird, wohingegen das Reservat an sich rein fiktiv ist, verrät die Autorin im Nachwort, das gerne umfangreicher hätte ausfallen dürfen.

Ein wenig schwer getan habe ich mich mit einigen Dingen, die im Roman auftauchen. Sowohl etliche der Figuren als auch mehrere Begebenheiten wirken durch und durch skurril und abwegig. Auch die Anzahl an phantastischen und mystischen Elementen war mir insgesamt etwas zu viel, obwohl ich dem magischen Realismus durchaus nicht abgeneigt bin.

Das ausdrucksstarke Cover passt sehr gut. Mir gefällt auch, dass der Titel der amerikanischen Ausgabe („The Last Report on the Miracles of Little No Horse“) fast wörtlich übersetzt wurde.

Mein Fazit:
„Die Wunder von Little No Horse“ von Louise Erdrich ist ein Roman, der viele Stärken, aber auch Schwächen hat. Eine interessante Lektüre, die dem Leser jedoch einiges abverlangt.

Veröffentlicht am 21.05.2021

Ein Priester bei den Ojibwe

0

Es gibt Wunder in Little No Horse: unter anderem wird eine Frau zum Priester. Aber Louise Erdrich hat deutlich größere (Wunder)Werke erschaffen als dieses hier, das mich stellenweise sehr irritiert hat. ...

Es gibt Wunder in Little No Horse: unter anderem wird eine Frau zum Priester. Aber Louise Erdrich hat deutlich größere (Wunder)Werke erschaffen als dieses hier, das mich stellenweise sehr irritiert hat. Andererseits: es lohnt sich immer, einen Erdrich zu lesen.

Veröffentlicht am 08.11.2019

Magie und Katholizismus

0

Der dürre Klappentext verrät nichts von der Wucht des Buches. Wenn man die Autorin nicht kennt, ist es wahrlich ein Abenteuer, im Vordergrund steht die Geschichte des Damien Modest der um die 100 Jahre ...

Der dürre Klappentext verrät nichts von der Wucht des Buches. Wenn man die Autorin nicht kennt, ist es wahrlich ein Abenteuer, im Vordergrund steht die Geschichte des Damien Modest der um die 100 Jahre alt seine letzten Tage im Resevat verbringt, sein Leben geht zu Ende und er hat Angst um sein Geheimnis - er ist eine Frau.
Aber dieser Handlungsstrang verliert sich schnell in all den anderen Handlungsstränge. Wer Märchen, Mythen und Fantastik mag ist in diesem Epos richtig. Es gibt viele Geistergeschichten von den vor uns lebenden und mit uns lebenden. Es werden viele Geschichten von Native American Stämme miteinander verwoben. Der Katholizismus als Missionsreligion, der sich anderen Religionen aufzwingt - die Gewissenskonflikte zwischen alten und neuen Bräuche und und ...es ist wirklich ein Epos, der hier geschaffen wurde.
Man wird vom Strudel der Geschichten mitgerissen und muss aufpassen, dass man nicht alles durcheinander bringt, fast jede Person bekommt eine eigene Geschichte verwoben mit den anderen.
Mir war es im Endeffekt zuviel, aber wer sich darauf allein lassen kann. Allende oder Garcia Marquez liebt, sollte sich das Lesevergnügen gönnen.