Erst Top, dann Flop
Der Roman „Weil da war etwas im Wasser“ gliedert sich in zwei Teile und als ich die ersten Seiten gelesen haben, war ich zunächst noch begeistert von dem außergewöhnlichen Debüt des Autors Luca Kieser. ...
Der Roman „Weil da war etwas im Wasser“ gliedert sich in zwei Teile und als ich die ersten Seiten gelesen haben, war ich zunächst noch begeistert von dem außergewöhnlichen Debüt des Autors Luca Kieser. Er erzählt für einige Passagen aus der Perspektive der Arme eines Riesenkalmars, die miteinander, aber auch mit den LeserInnen, kommunizieren und ihre Sicht der Welt kundtun. Das ist vor allem interessant, wenn es um den Umgang der Menschen mit der Natur und besonders den im Wasser lebenden Geschöpfen geht und regt zu naturphilosophischen Überlegungen an. Auch die anderen Passagen aus dem ersten Teil des Romans, in denen es um Sanja, die ein Praktikum auf einem Frosttrawler absolviert, Dagmar, die als Geheimagentin in der Antarktis stationiert ist, und deren gemeinsame Rettung eines zufällig gefangenen Riesenkalmars geht, fand ich lesenswert und spannend.
Ich hätte mir gewünscht, dass es im zweiten Teil so weitergegangen wäre, doch die Erzählungen der Arme werden immer verwirrender, wirken teilweise zusammenhang- oder belanglos und schweifen oft komplett von der interessanten Betrachtung des Tintenfisches ab. Es wird der komplizierte Stammbaum der Familie Macke-Meyer rekonstruiert, der zwar das Rätsel löst, warum Sanja und Dagmar solch eine geheimnisvolle, tiefe Verbindung zu dem gefangenen Riesenkalmar verspüren, doch die vielen verschiedene Erzählstränge und Familienkonstellationen haben mich häufig verwirrt und ich konnte wenig Zusammenhang zum Thema des Romans herstellen. Durch intertextuelle und historische Bezüge z.B. zu Jules Verne oder der Entstehung des Films „Der weiße Hai“ wurde das Thema „Meer“ in gewissem Maße aufgegriffen, doch alles wirkte sehr beliebig. Der Autor versucht immer wieder herauszustellen, wie das Schicksal verschiedener Personen miteinander verknüpft ist, verliert sich aber in irrelevanten Details und lässt naturphilosophische Fragen im zweiten Teil gänzlich zurück. Das hat mich sehr enttäuscht und besonders die letzten Kapitel, in denen Luca Kieser scheinbar autofiktional sein Werk zu erklären versucht, haben mich irritiert und verärgert, dass ich mir die Bedeutung eines Romans lieber selber erschließe anstatt vom Autor selbst in so aufdringlicher Weise erklärt zu bekommen. Negativer Höhepunkt war für mich, als der Riesenkalmar, den ich in der ersten Hälfte des Buches eigentlich liebgewonnen hatte, zum Phallussymbol gemacht wird und der Autor seitenlang über sein Geschlechtsteil schreibt. Auch wenn ich nicht zart besaitet bin, hat mich das doch endgültig von „Weil da war etwas im Wasser“ entfremdet, auch wenn der Roman so viel versprechend und kreativ begonnen hat.