Märchenhafter Rollentausch
„Mirror – Weiß wie Schnee“ von Lucia Herbst ist eine ungewöhnliche Märchenadaption, in der altbekannte Figuren ganz neue Seiten zeigen.
Lena ist Ärztin in München und eine gutherzige Idealistin. Ihre langjährige ...
„Mirror – Weiß wie Schnee“ von Lucia Herbst ist eine ungewöhnliche Märchenadaption, in der altbekannte Figuren ganz neue Seiten zeigen.
Lena ist Ärztin in München und eine gutherzige Idealistin. Ihre langjährige Beziehung plätschert so dahin und ihre jüngere Stiefschwester, für die Lena seit dem Tod ihrer Eltern das Sorgerecht hat, macht ihr ziemliche Sorgen. In einer märchenhaften Parallelwelt kämpft Lenas Ebenbild Luna als böse Königin am Hof von Schneewittchens Vater gegen fiese Intrigen und um ihr Überleben. Als letzte Rettung sieht sie in ihrem Zauberspiegel die verblüffende Ähnlichkeit zu Lena und tauscht kurzerhand ihre Rollen. Plötzlich steckt also Lena in der Rolle der verhassten Königin, die sich mit den anderen Märchenfiguren auseinandersetzen muss. Kann sie den vorbestimmten Pfad ändern oder ist ihr Schicksal nun besiegelt?
Lucia Herbst wirft in ihrer ungewöhnlichen Märchenadaption ein paar spannende und interessante Fragen auf, die sich kritisch mit den alten Geschichten auseinandersetzen. Der Schreibstil liest sich leicht und flüssig und die Handlung wird bis auf den Prolog ausschließlich aus der Perspektive von Lena erzählt.
Kann man die Figuren aus den Märchen einfach in vorgegebene Schubladen stecken oder ist ihr Charakter vielleicht auch viel facettenreicher oder nur missverstanden? Lenas Entdeckungstour im Märchenreich räumt mit alten Klischees auf und wirft ein völlig neues Bild auf die vermeintlichen Bösewichte. Ich finde diese Grundidee gut und durchaus gelungen umgesetzt, auch wenn Lena manchmal ein wenig aufgesetzt in ihrer Rolle als Therapeutin wirkt.
Der neue Blickwinkel macht wirklich Spaß und es ist spannend, wie Lena versucht, das ursprünglich geplante Ende abzuwenden. Auf der Gegenseite wirbelt Luna Lenas Leben in München ziemlich durcheinander, aber vielleicht ist hier dieser neue Blickwinkel auf eingefahrene Situationen mal dringend notwendig.
Ich hätte wahrscheinlich gern noch ein paar mehr Kapitel aus Lunas Sichtweise gelesen, denn trotz ihrer Ecken und Kanten mochte ich sie wirklich gern. Das Ende lässt Spielraum für mehr, was ich mir auf jeden Fall gut vorstellen könnte.
Mein Fazit:
Von mir gibt es gern eine Leseempfehlung!