Erfrischend anders
Kriminalromane, in denen Serienmörder am Werk sind, meide ich üblicherweise. Meist sind sie nach dem gleichen, lieblosen Schema aufgebaut, das in erster Linie darauf ausgerichtet ist, mit einer möglichst ...
Kriminalromane, in denen Serienmörder am Werk sind, meide ich üblicherweise. Meist sind sie nach dem gleichen, lieblosen Schema aufgebaut, das in erster Linie darauf ausgerichtet ist, mit einer möglichst detaillierten Beschreibung der Gräuel anderweitige Schwächen wie dünne Handlung, offensichtliche Logiklöcher und 08/15-Gesetzeshüter zu übertünchen.
Aber ich liebe englische Krimis, insbesondere solche, die in Gegenden verortet sind, die ich kenne. M.W. Craven, Autor der Poe/Bradshaw-Krimis nimmt uns in den englischen Nordwesten mit. In „Der Zögling“, dem ersten Band seiner Poe/Bradshaw-Reihe werden in einem historischen Steinkreis im Lake District in Cumbria nacheinander drei Leichen gefunden. Alle zuerst gefoltert, dann bei lebendigem Leib verbrannt. Auf den ersten Blick gibt es keine Gemeinsamkeiten, aber dann entdeckt die Analystin Tilly Bradshaw auf der Brust des dritten Opfers scheinbar willkürliche Schnitte in der Haut, die sich bei genauerem Hinsehen aber als Name des vom Dienst suspendierten und degradieren ehemaligen DI der Spezialeinheit für schwere Verbrechen, Washington Poe, entpuppen. Es scheint, dass die Lösung des kniffligen Falls in der Vergangenheit zu finden ist. Hat der Killer etwa noch eine Rechnung mit Poe offen? Um diese Frage zu beantworten und den Täter dingfest zu machen, gilt es, keine Zeit zu verlieren und Poe zurück in den aktiven Dienst zu holen.
Alljährlich gibt es unzählige Neuerscheinungen auf dem Krimi/Thriller-Markt, die jegliche Vorlieben abdecken, ganz gleich, ob harte Kost oder cosy, unblutig und sehr oft albern. Aber diese Reihe ist anders, und deshalb für mich DIE Entdeckung der letzten Monate. Dass es auch anders geht, beweist M. W. Craven, denn ihm gelingt der perfekte Spagat zwischen einer spannenden Story samt düsterem Setting und den unfreiwillig humorvollen Dialogen, die in erster Linie Tilly Bradshaw geschuldet sind. Sie ist für mich die eigentliche Hauptfigur, sorgt mit ihrer unbeholfenen Naivität immer wieder für unfreiwillig peinlich-komische Situationen, liefert aber gleichzeitig mit ihren außergewöhnlichen analytischen Fähigkeiten Ergebnisse, die die Aufklärung des Falls voranbringen.
Soweit Band 1, die Besprechung von Band 2 „Der Gourmet“ folgt demnächst. Bleibt zu hoffen, dass wir nicht zu lange auf die Übersetzungen der noch fehlenden drei Bände (The Curator, Dead Ground, The Mercy Chair) warten müssen. Lest die Reihe, ihr werdet nicht enttäuscht sein!