Ein ganz besonderes Leseerlebnis
Kurzmeinung:
Ein großartiges Buch. Einmal begonnen, entwickelt die Geschichte einen so starken Sog, dass ich es kaum noch aus der Hand legen konnte. Die Charaktere und die Handlung sind irgendwie erfrischend ...
Kurzmeinung:
Ein großartiges Buch. Einmal begonnen, entwickelt die Geschichte einen so starken Sog, dass ich es kaum noch aus der Hand legen konnte. Die Charaktere und die Handlung sind irgendwie erfrischend anders und das Buch hat mich an ganz unerwarteten Stellen gepackt und berührt. Die Sprache ist poetisch, aber auch klar und authentisch. Die Charaktere haben Tiefe, Ecken und Kanten und sind echt. Die Sätze sind voll Weisheit. Ich kann nur sagen: lest dieses Buch!
Meine Meinung:
Wow, was für ein Buch. Die Geschichte hat mich echt von der ersten Seite an gefesselt und mich nicht wieder losgelassen, bis ich das Buch zu Ende gelesen hatte. Eigentlich nicht mal dann.
Die einzelnen Charaktere sind wahnsinnig gut beschrieben. Sie sind speziell, haben Ecken und Kanten und wirken dadurch sehr echt und authentisch.
Da gibt es die zunächst die Mutter, Marie. Sie war der Charakter, der mir beim Lesen am nächsten war, was wahrscheinlich auch daran lag, dass nur ihre Abschnitte in der Ich-Perspektive geschrieben waren.
Dann gibt es noch den Sohn, den lieben, treuen Moritz. Manchmal wollte ich ihn aber auch einfach nur schütteln und seine Passivität hat mich öfters die Haare raufen lassen. Seine Entwicklung hat mir aber gut gefallen. Eine Besonderheit bei ihm ist außerdem, dass er Auren sehen kann. Das hat ihm und dem ganzen Buch eine ganz besondere, etwas mystische Note gegeben.
Und dann haben wir natürlich noch den charmanten, geheimnisvollen Raffael. Ein wirklich einzigartiger Charakter, der sehr viel in mir ausgelöst hat. Er ist nicht nur Draufgänger und Weiberheld, sondern auch ein natürlicher Anführertyp, der seine Macht genießt und sie gern dafür ausnutzt, andere Menschen zu manipulieren, sie bloßzustellen oder gegeneinander auszuspielen.
Und schließlich gibt es noch Johanna. Mit ihr hatte ich die größten Schwierigkeiten, weil sie große psychische Probleme hat und ihre Verletzungen und Verwundbarkeit sehr offen dargestellt werden. Das war teilweise schwer zu ertragen, wirkte aber im Gesamtbild des Romans stimmig.
Die Geschichte wird in mehreren Zeitebenen erzählt.
Der eine Teil der Handlung spielt im Jahr 2017. Moritz, Raffael und Johanna sind Erwachsen. Moritz wird bald Vater werden und ist mit sich und seinem Leben ganz glücklich. Bis plötzlich Raffael, den Moritz seit 16 Jahren nicht gesehen hat, an seine Tür klopft und sein Leben durcheinanderbringt und Erinnerungen ans Tageslicht bringt, die Moritz eigentlich gut vergraben hatte.
Der andere Handlungsstrang führt uns zurück in die Vergangenheit, in die Kindheit von Motz, Raf und Jo. Motz und Raf sind beste Freunde. Unzertrennlich. Allerdings sind sie ein sehr ungleiches Paar. Raf ist der unangefochtene Anführer, der Motz herausfordert, ihn dazu bringt Sachen zu tun, die er eigentlich nicht tun möchte. Und Motz gehorcht. Diese asymmetrische Freundschaft zu verfolgen ist sehr spannend. Beim Lesen hatte ich aber auch die ganze Zeit ein ungutes Gefühl, weil man ahnt, dass diese toxischen Beziehungen irgendwann zu einer Katastrophe führen wird.
Die Geschichte entwickelt eine ungeheure Sogkraft, die aber nicht künstlich durch Cliffhanger erzeugt wird, sondern die der Handlung selbst innewohnt. Ich wollte das Buch am liebsten nicht mehr aus der Hand legen und war völlig in den Bann gezogen von Marie, Motz, Raf und Jo.
Was mich neben den tollen und besonderen Charakteren und den unguten Gefühlen, die das Buch beim Lesen bei mir ausgelöst hat, noch sehr begeistern konnte, was die schöne Sprache. Manchmal war sie sehr poetisch, wunderschön und mit Sätzen, die man sich als Zitat an die Wand hängen wollte. Andererseits war sie aber auch sehr präzise und echt und klar.
Außerdem hat das Buch mich auch zur Selbstreflexion angeregt. Wie hätte ich wohl reagiert, wenn ich jemanden wie Raffael getroffen hätte?
Oder mit Moritz zusammen habe ich überlegt, ob ich eigentlich wirklich das Leben lebe, das ich will, oder ob ich nicht einfach oft die bequemste Option wähle.
"Was hat er alles nicht getan in den letzten Jahren? Wann hat er aufgehört, einen eigenen Weg zu gehen, und angefangen, durch vorgefertigte Bahnen zu schlurfen, sich auszuruhen in seiner Bequemlichkeit?"
Aus Dunkelgrün fast schwarz von Mareike Fallwickl, S. 130
Fazit:
Ich möchte "Dunkelgrün fast schwarz" von Mareike Fallwickl am liebsten allen empfehlen. Denn mich hat es absolut begeistert. Allerdings muss man wissen, dass es ein unbequemes Buch ist. Eins, das mich beim Lesen erschauern ließ mich mitgenommen hat und eine ganze Bandbreite an Gefühlen ausgelöst hat. Es ist wirklich eine besondere Geschichte, besondere Charaktere und eine besondere Sprache. Es ist kein Buch zum nebenher Lesen und rundum wohlfühlen. Aber wenn man sich auf die Geschichte einlässt, wird man mit einem außergewöhnlichen Leseerlebnis belohnt, dass einen so schnell nicht wieder loslässt