Cover-Bild Und alle so still
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23,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Rowohlt
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 368
  • Ersterscheinung: 16.04.2024
  • ISBN: 9783498002985
Mareike Fallwickl

Und alle so still

Ein großer feministischer Gesellschaftsroman über Widerspruchsgeist und Solidarität 

An einem Sonntag im Juni gerät die Welt aus dem Takt: Frauen liegen auf der Straße. Reglos, in stillem Protest. Hier kreuzen sich die Wege von Elin, Nuri und Ruth. Elin, Anfang zwanzig, eine erfolgreiche Influencerin, der etwas zugestoßen ist, von dem sie nicht weiß, ob es Gewalt war. Nuri, neunzehn Jahre, der die Schule abgebrochen hat und versucht, sich als Fahrradkurier, Bettenschubser und Barkeeper über Wasser zu halten. Ruth, Mitte fünfzig, die als Pflegefachkraft im Krankenhaus arbeitet und deren Pflichtgefühl unerschöpflich scheint.

Es ist der Beginn einer Revolte, bei der Frauen nicht mehr das tun, was sie immer getan haben. Plötzlich steht alles infrage, worauf unser System fußt. Ergreifen Elin, Nuri und Ruth die Chance auf Veränderung?

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.04.2024

Stillstand durch Verweigerung

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Elin ist 21 Jahre alt und lebt mit ihrer Mutter Alma in deren eigenem Wellnesshotel. Für sie bestand ihre Familie immer nur aus ihnen beiden. Doch dann bittet Alma sie, zu ihrer Oma Iris zu fahren, die ...

Elin ist 21 Jahre alt und lebt mit ihrer Mutter Alma in deren eigenem Wellnesshotel. Für sie bestand ihre Familie immer nur aus ihnen beiden. Doch dann bittet Alma sie, zu ihrer Oma Iris zu fahren, die sie nie kennengelernt hat. Diese hat sich mit anderen Frauen vor das Krankenhaus gelegt. Die Aktion sorgt für Irritation - gegen was oder wofür sind die Frauen? Was sind ihre Forderungen? Doch die Beteiligten äußern sich nicht dazu. Nicht nur Elin wird Zeugin der Aktion, sondern auch die Pflegerin Ruth, Elins Tante, und der neunzehnjährige Nuri, der zahlreiche Aushilfsjobs hat, um seine Arztrechnungen bezahlen und eines Tages in eine eigene Wohnung ziehen zu können.

Zu Beginn des Romans lernte ich die drei Protagonist:innen näher kennen. Elin ist eine erfolgreiche Influencerin, doch die zahlreichen Hasskommentare machen ihr zu schaffen. Sie leidet unter Panikattacken und die hohe Zahl ihrer sexuellen Kontakte mit Besuchern des Hotels bereitet ihrer Therapeutin Sorgen. Bei einer dieser Begegnungen passiert etwas, von dem sie nicht sicher ist, ob es Gewalt war. Doch bevor sie weiter darüber nachdenken kann wird sie zu ihrer Oma geschickt, deren Verhalten Fragen aufwirft.

Ruth arbeitet in dem Krankenhaus, vor das ihre Mutter sich mit den anderen Frauen legt. Sie möchte ihre Arbeit gut erledigen, doch es gibt so viel zu tun, dass sie bis zur Erschöpfung und darüber hinaus arbeitet und trotzdem nicht alles schafft, was zu tun wäre. Im Krankenhaus begegnet sie auch Nuri, der keinen Schulabschluss hat und daher diverse Jobs im Niedriglohnsektor hat - Barkeeper, Reinigungskraft, Bettenschubser, Essenslieferant - um sich finanziell über Wasser zu halten.

Schnell war ich mittendrin in der Geschichte und gespannt darauf, welche Reaktion die stille Revolte der Frauen auslöst. Der Geist der Aktion verbreitet sich und plötzlich verweigern überall Frauen die Arbeit. Der Autorin gelingt es damit eindrucksvoll, den Wert von Care Arbeit zu verdeutlichen und was das plötzliche Wegbrechen für Konsequenzen hätte. Auch die katastrophalen Zustände in Pflegeberufen und im Niedriglohnsektor sind Teil des Romans. Der starke Zusammenhalt der Frauen hat mir gut gefallen und mit Nuri hat die Geschichte einen männlichen Charakter, der sich nicht dem männlichen Rollenklischee entsprechend verhalten möchte.

Nicht alles wird auserzählt, die Geschichte setzt auf intensive Szenen und überlässt es den Leser*innen, sich das restliche Geschehen genauer auszumalen. Für mich ist "Und alle so still" ein feministischer Gesellschaftsroman, der gelungen aufzeigt, welche Konsequenzen eine kollektive Verweigerung der Frauen hätte und der zum Nachdenken ebenso wie zur Diskussion einlädt.

Veröffentlicht am 26.04.2024

Ein absolutes Muss!

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Die Frauen legen sich hin, auf die Straße, vor Krankenhäuser, Kindergärten, und stehen nicht mehr auf. Sie hören auf mit der Carearbeit, mit den selbstverständlich von Frauen ausgeführten Tätigkeiten, ...

Die Frauen legen sich hin, auf die Straße, vor Krankenhäuser, Kindergärten, und stehen nicht mehr auf. Sie hören auf mit der Carearbeit, mit den selbstverständlich von Frauen ausgeführten Tätigkeiten, ohne laut zu werden oder Forderungen zu stellen - einfach, weil sie nicht mehr können.
So lernt Elin ihre Großmutter kennen und erfährt zum ersten Mal Solidarität unter Frauen. Ihre Tante Ruth wäre gern dabei, würde sich am liebsten dazulegen, aber als Pflegefachkraft im Krankenhaus wird sie nun noch mehr gebraucht als vorher, um das kollabierende System irgendwie aufrecht zu erhalten, und ohne Rücksicht auf sich selbst. Und da ist Nuri, gefangen am Existenzminimum und unter der toxischen Männlichkeit leidend, stellt er sich als Mann hinter die Frauen.
Mareike Fallwickl hat mit „Und alle so still“ den Roman unserer Zeit geschrieben. Sie drückt auf die blauen Flecken, die den Frauen immer wieder zugefügt werden, durch Druck, durch Erwartung, durch Gewalt. Sie schreibt über die Themen, die wenig Öffentlichkeit bekommen oder einfach nicht berücksichtigt werden; die abgewunken und mundtot gemacht werden, weil es doch läuft.
Mit „Die Wut, die bleibt“ hat sie 2022 einen famosen Auftakt geliefert, „Und alle so still“ ist die Ergänzung. Die beiden Romane greifen ineinander, bestehen aber auch eigenständig. Und es ist bemerkenswert, wie sehr sich Mareike Fallwickl von Roman zu Roman steigert. Etwas, was unmöglich scheint, denn ihr Niveau und ihr Handwerk sind bereits on top, wie kann sie da immer noch besser werden? Mit Elin, Ruth und Nuri erzählt sie eine Geschichte, die so tief berührt, dass unweigerlich Tränen fließen, und ist nicht so weit entfernt von unserer Lebensrealität, wie manche glauben mögen.
Mareike Fallwickl ist eine Meisterin der zeitgenössischen Literatur und nicht nur schriftstellerisch ein absolutes Vorbild. Ich hoffe, sie selbst, ihre Worte und ihre Werke, bekommen die Aufmerksamkeit, die sie verdienen.

Veröffentlicht am 25.04.2024

Macht wütend, aber auf gute Art

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Mareike Fallwickl schreibt in ihrem Roman "Und alle so still" von Frauen, die von einen Tag auf den anderen entscheiden, dass sie ihre Arbeit, die Hausarbeit und die Carearbeit nicht mehr machen. Aus Protest ...

Mareike Fallwickl schreibt in ihrem Roman "Und alle so still" von Frauen, die von einen Tag auf den anderen entscheiden, dass sie ihre Arbeit, die Hausarbeit und die Carearbeit nicht mehr machen. Aus Protest legen sie sich auf die Straße.
Fallwickl erzählt ihren Roman aus verschiedenen Perspektiven, darunter sind auch etwas ungewöhnlichere wie eine Pistole, die Gebärmutter und die Berichterstattung. Das ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, man kommt jedoch schnell rein und am Ende ist klar, dass es ein genialer Kunstgriff war, der den Mehrwert des Buches nur steigert. Aufrüttelnd erzählt die Autorin von den Orten in unserer Gesellschafft, wo Frauen unverzichtbar sind, teilweise weil Männer diese Arbeit einfach nicht machen wollen, da das doch "Frauensache" ist. Die Männer merken jedoch schnell, dass diese Aufgaben gar nicht so einfach wie gedacht sind und dass es eben nicht ohne die Frauen geht.
Als Frau hat man beim Lesen dieses Buches eigentlich keine andere Möglichkeit, als wütend zu werden. Wütend darauf, dass unsere Gesellschaft genau so funktioniert und dass es sich vermutlich nicht ändern wird. Am liebsten möchte man sich mit den Frauen im Roman auf die Straße legen, möchte aufzeigen, was eigentlich allen klar sein sollte - denn wenn der Roman eines nicht unbedingt gebracht hat, dann sind es bahnbrechende neue Erkenntnisse. Nein, er spricht nur das an, woran niemand denken möchte, was jeder ignoriert und irgendwo in eine dunkle Ecke des Gehirns sperrt. Fallwickl gräbt genau das hervor, spricht es an und zeigt: So sollte es nicht weitergehen, aber haben wir tatsächlich eine Alternative?

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Veröffentlicht am 25.04.2024

Großartig

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"Wenn Frauen sich nicht länger unterdrücken lassen, daß wirklich nicht mehr zulassen, wenn sie einander bestärken und unterstützen, kann womöglich endlich Gleichberechtigung entstehen. Das Grundgefühl ...

"Wenn Frauen sich nicht länger unterdrücken lassen, daß wirklich nicht mehr zulassen, wenn sie einander bestärken und unterstützen, kann womöglich endlich Gleichberechtigung entstehen. Das Grundgefühl zwischen Frauen ist Liebe, hat Sunny gesagt." Aus "Die Wut die bleibt." Von Mareike Fallwickl s.372

Dieses Zitat aus Marieke Fallwickls Roman aus dem Jahr 2022 beschreibt für mich sehr gut worum es im aktuellen Roman "und alles so still" geht.
Was geschieht wenn Frauen sich verweigern, sich wehren, sich widersetzen. Diese Fragen versucht Mareike Fallwickl in ihrem neuen Buch zu beantworten und das meiner meinung nach Grandios. Was als stiller protest beginnt wird immer stärker und mächtiger.

Auf eine meisterhaft schonungslose Art legt sie nicht nur einen Finger sondern gleich beide Hände in die Wunden, spricht über sexualisierung, carearbeit und Emanzipation.
"Die Erzieherinnen im Kindergarten: Frauen. Die Lehrerinnen in der Grundschule: Frauen. In sämtlichen Filmen und Serien und Büchern sind die Mütter für alles zuständig. So wird uns die Welt erzählt, es ist unmöglich, davon nicht geprägt zu werden." S.292

Dieses Buch ist wie schon "die Wut die bleibt" ein Aufruf hinzusehen auch oder gerade weil es wehtut und wirkt hierbei wie eine Fortführung der im vorgängerroman von Mareike Fallwickl aufgegriffenen Gedanken. Allerdings wird hier nicht mit Gewalt auf Gewalt reagiert sondern durch Verweigerung seitens der Frauen versucht eine Art stillstand zu erzwingen was ich sehr spannend finde.

Immer wieder lässt die Autorin ihre ProtagonistInnen aus deren Lebenssituation heraus erzählen. Ihr Schmerz, ihre Wut und auch ihre Solidarität, ihre Würde, auch der Kampf nach eben jener und ihr Zusammenhalt werden total authentisch wiedergegeben.
Was ich auch sehr spannend fand ist die Figur von Nuri einem jungen Mann, der versucht sich selbst zu finden und dabei daran zu kauen hat das die Welt ihm sein Recht auf Sanftheit abspricht wodurch der Roman nochmal eine weitere Ebene bekommt.

Das Buch hat durchaus einige triggerwarnungen verdient ist jedoch ungemein wichtig, lesenswert, interessant und auf gute weise aufwühlend. Ein grandioses Anschreiben gegen Ungleichheit und für mehr Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und selbstermächtigung.



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Veröffentlicht am 17.04.2024

Liegen

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"Und alle so still" ist ein Roman der Autorin Mareike Fallwickl, welcher als großer feministischer Gesellschaftsroman beworben wird. Das erhöht die Ansprüche an das Buch deutlich. Die Autorin hat bereits ...

"Und alle so still" ist ein Roman der Autorin Mareike Fallwickl, welcher als großer feministischer Gesellschaftsroman beworben wird. Das erhöht die Ansprüche an das Buch deutlich. Die Autorin hat bereits mehrere Bücher, darunter auch Bestseller geschrieben, dieses Buch ist jedoch das erste, das ich von ihr lese.

Die Thematik dieses Buches ist scheinbar leicht zu beschreiben, dann jedoch so weitschweifig, ausladend und vieles umgreifend, dass eine kurze Zusammenfassung nicht adäquat scheint. Fallwickl schreibt in einer unbestreitbar feministischen Perspektive, teils utopisch anmutend bezüglich der Solidarität unter weiblich gelesenen Personen. Es werden viele verschiedene Themen aufgegriffen, Feminismus wird systemisch betrachtet und macht somit sehr viele einzelne Themen auf - darunter leidet die Tiefe in den einzelnen Bereichen, wie z.B. sexualisierte Gewalt, Ausbeutung marginalisierter Gruppen, geschlechtergebundene Care-Arbeit, und so vieles mehr.

Der Schreibstil der Autorin war mich mich zu Beginn etwas holprig, innerhalb der ersten Kapitel bin ich jedoch gut in die Story hineingekommen. Die Handlung wird aus den Perspektiven drei verschiedener Personen erzählt: Elin, Nuri und Ruth. Dazu kommen personifizierte Einschübe einer Pistole, einer Gebärmutter und der medialen Berichterstattung. Dieses Stilmittel hat mich positiv überrascht und konnte interessante Perspektiven zum Gesamteindruck ergänzen.

Auch wenn dieses Buch keine formvollendete Abhandlung über Missstände und Ungerechtigkeiten ist, mitunter den roten Faden aus den Augen verliert und nicht immer klar ist, welche Message im Endeffekt neben // so wie es ist kann es nicht bleiben // übrig bleiben soll - ich habe dieses Buch sehr gern gelesen und konnte es nicht aus den Händen legen! Daher gebe ich trotz kleiner Mängel volle Punktzahl für ein mitreißendes und bewegendes Buch!

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