„Sieh mich an“ von Mareike Krügel ist ein seltsames Buch. Es geht um den Krebs, den Protagonistin Katharina hat oder auch nicht, es geht um Familie, Nachbarschaft, Freundschaft und Wertvorstellungen. Zu Beginn des Buches tauchen wir ein in den Alltag von Katharina, die neben ihren zwei Kindern, die eigentlich drei hätten sein sollen, nebenher noch versucht, ihr Leben, ihren Job und ihre Ehe zu handeln – bis sie eines Tages in der Dusche ein Etwas in ihrer Brust ertastet. Montag wird sie zum Arzt gehen, es werden Chemotherapien und Bestrahlungen folgen, sie wird nicht mehr lange zu leben haben – so zumindest ihre Theorie, denn Mutter und Großmutter sind schließlich auch an Krebs gestorben. Dasselbe Los hat sie wohl nun auch gezogen. Und so ist ihrem Gedankengang zufolge Montag, der Tag der Diagnose, auch der Tag ihres Todesurteils. Deshalb möchte sie sich dieses letzte Wochenende komplett von dem Gedanken distanzieren und es mit Ehemann Costas und ihren Kindern genießen. Dumm nur, dass Costas das erste Mal auch übers Wochenende in Berlin bei seinem Job bleiben muss, ihr Sohn mit seiner neuen Freundin die Biege macht und ihre Tochter zusätzlich ihrer ersten Periode auch noch diverse andere Unglücke erlebt. An diesem Wochenende geht so einiges schief, und als alles nicht mehr schlechter laufen kann, entschließt sich Katharina, etwas zu unternehmen, sich der Krankheit, die in ihr steckt, zu stellen.
Ich werde nach und nach weniger werden, mich immer weiter von der Person entfernen, die ich jetzt bin. Und irgendwann werden auch die anderen einsehen und begreifen, was mir jetzt schon klar ist, weil es verborgen in meinem Inneren längst begonnen hat: dass es ans Sterben geht.
So weit, so gut! „Sieh mich an“ ist in erster Linie kein „Krebsbuch“, wie ich zuerst angenommen hatte, sondern eine Familiengeschichte voller Chaos und Nostalgie. Durch die Augen der Protagonistin wird man Zeuge eines wahrlich verrückten Wochenendes, und ein abgetrennter und verloren gegangener Daumen ist dabei nicht einmal das Schlimmste, was passiert. Da hilft kein Listenschreiben der Welt (Katharina liebt es, Listen von allem Möglichen zu schreiben), um das Chaos im Kopf zu bändigen. Sie entdeckt, dass ihre elfjährige Tochter ganz ohne ihr Zutun langsam erwachsen wird und dass ihr viele Jahre nicht mehr gesehener Studienfreund schon immer auf sie stand. Doch inmitten von all diesem Chaos sucht sie die Nähe zu ihrem Mann, der seit einem Jahr in Berlin arbeitet und nur noch am Wochenende zuhause ist. In vielen Rückblenden erfährt der Leser, wie Katharina zu dem Menschen geworden ist, der sie nun ist, und erhält Einblicke in ihr Leben, das nicht immer rosig war: ob nun der Neid zu ihrer Schwester der Mittelpunkt ihres Seins war oder aber die Liebe zu Costas, dem Mann, der sie und die Kinder nun wegen einer Betriebsfeier am Wochenende sitzen lässt. Und ganz nebenbei wächst in ihr die Angst vor dem Etwas, vor dem Geschwür, der ihr das Leben zu rauben scheint.
Die vollständige Rezension findet ihr auf meinem Blog: http://killmonotony.wordpress.com