„Ein kleines Dorf ist wie eine große Familie“
Der Kriminalroman „Adria Mortale – Bittersüßer Tod“ wurde von der Autorin Brigitte Pons unter ihrem Pseudonym Margherita Giovanni verfasst.
Wir begleiten die beiden jungen Frauen Elke und Sonja, die aus ...
Der Kriminalroman „Adria Mortale – Bittersüßer Tod“ wurde von der Autorin Brigitte Pons unter ihrem Pseudonym Margherita Giovanni verfasst.
Wir begleiten die beiden jungen Frauen Elke und Sonja, die aus Deutschland zu ihrem ersten Urlaub alleine nach Italien aufbrechen und im Dorf Pesaro del Monte piccolo Catolica landen. Sie genießen den italienischen Flair des urigen Dorfes in den 50er Jahren und lernen die Bewohner nach und nach kennen. Die Idylle wird dann durch den Tod des Dorflehrers durchbrochen und plötzlich benimmt sich jeder im Dorf irgendwie verdächtig. Als Federica Pellegrini, eine Zugezogene und Besitzerin der Pension, misstrauisch wird und die Polizei einschaltet, beginnen zähe Ermittlungen, die durch persönliche Interessen der Dorfbewohner nicht gerade erleichtert werden.
Der Kriminalroman wird aus den verschiedenen Perspektiven der Dorfbewohner und -besucher erzählt, es gibt keine eindeutigen Protagonisten. Wem das Merken von Namen schwer fällt, dem sei hier empfohlen eine Liste anzulegen, da die Anzahl der handelnden Personen doch recht hoch ist.
Mir hat das aber gut gefallen, denn so erfährt man nach und nach von Geheimnissen, Motiven und möglichen Affären jedes Einzelnen, sodass man oft das Gefühl hat, dass bei der gerade beschriebenen Person etwas nicht stimmt. Dabei bleibt aber zunächst offen, ob das nun wirklich etwas mit dem Fall zu tun hat – so konnte ich die ganze Zeit über wunderbar miträtseln und haufenweise Theorien zur Täterschaft aufstellen!
Die typische Dorfstruktur wurde meiner Meinung nach sehr gut dargestellt – es herrscht ein generelles Misstrauen gegenüber „Fremden“ (so auch gegenüber Federica, obwohl die schon jahrelang dort wohnt), es gibt Klatsch und Tratsch, der sich verselbstständigt und so zu interessantesten Versionen der Wahrheit führt. Dies erleichtert dem Ermittler Lorenzo Garibaldi die Aufklärung der Tatumstände nicht gerade.
Die Charaktere haben mir sehr gut gefallen, sie waren alle auf ihre Art einzigartig, manchmal klischeehaft, aber trotzdem authentisch. Insbesondere auch die Vielzahl der liebevoll ausgestalteten Charaktere hat mir zugesagt, von sympathisch bis unausstehlich ist alles dabei.
Das Erzähltempo ist eher gemächlich und passt zum Fortgang der Ermittlungsarbeiten, die durch die sturen Dorfbewohner erschwert werden. Dabei wird es aber auf keinen Fall langweilig, denn man ist ganz drin in der italienischen Idylle, in diesem Beziehungsgefüge eines Dorfes und dem Rätseln um die Täterschaft.
Das Buch nimmt (vor allem zum Ende hin) an Fahrt auf und führt zu einer überraschenden Auflösung. Das ist meiner Meinung nach gut gelungen, da die Auflösung nachvollziehbar ist, man schon vorher Hinweise in diese Richtung hatte und das Ganze trotzdem unerwartet war. Einige falsche Fährten wurden am Ende nicht aufgeklärt. Da diese aber schlussendlich doch nichts mit dem Fall zu tun haben, fand ich das total in Ordnung.
Giovannis Erzählstil ist sehr bildlich, das zeigt sich u.a. im Prolog aus der Vogelperspektive, der im Epilog dann seine Entsprechung findet. Außerdem gibt es sehr viele Andeutungen des Unglücks, wie z.B. eine Begegnung mit einer schwarzen Katze. Für mich waren diese Andeutungen super eingearbeitet, sodass man es beim unaufmerksameren Lesen wahrscheinlich gar nicht wahrnimmt.
Alles in allem hat mir das Buch sehr viel Spaß gemacht. Mich haben die verschiedenen Perspektiven der Dorfbewohner und -besucher mit in eine typische Dorfstruktur und die italienische Urlaubsatmosphäre von Pesaro del Monte piccolo Catolica genommen – mit all den Vorurteilen und Gerüchten, aber auch dem Lebensgefühl und dem Flair der damaligen Zeit. So machte mir das Erwägen der verschiedensten Theorien hier besonders viel Spaß. Davon hatte ich viele, aber keine davon stellte sich als gänzlich richtig heraus.
Für mich ist „Adria Mortale – Bittersüßer Tod“ ein wunderbar gelungener Cosy Crime mit klarer Empfehlung für Leser*innen, die gerne Miträtseln und ins Italien der 50er Jahre abtauchen wollen.